Unter Polizeischutz im DFB-Hotel

20.11.2015, 11:46 Uhr
Unter Polizeischutz im DFB-Hotel

© Foto: Ingrid Jungfer

Bereits bei der Zugfahrt nach Hannover, auf der ihn seine Frau Christa begleitete – die Ehefrauen des „Club 100“ waren auch eingeladen - war Manfred Schmidt „nicht ganz wohl“. Seine Frau beschwichtigte. Schließlich hatte er sich noch vor zwei Wochen so sehr auf das Länderspiel gefreut. Man hätte im Stadion genau gegenüber der Kanzlerin und ihrem Kabinett gesessen. Aber dann, als Paris von Terroranschlägen heimgesucht wurde, war die Stimmung im Fußball plötzlich anders, auch die seine.

Neben gedämpfter Freude war bei ihm eher eine „innere Verbundenheit zu den Geschehnissen in Paris entstanden“. Ob Deutschland gewinnt - egal. Die bisherige Rivalität mit Holland war in den Hintergrund getreten. „Wir waren da, um Zusammenhalt zu demonstrieren“.

Die DFB-Veranstaltung, bei der auch eine Fair Play-Medaille an Profi- und Amateurfußballer verliehen wurde, war perfekt und minutiös organisiert und versprach einen erlebnisreichen Tag und Abend. Gastgeber Reinhard Koch, Vize des DFB und Präsident des Bayerischen Fußballverbands, konnte neben vielen Funktionären auch Bibiana Steinhaus, die einzige Schiedsrichterin, die auch die Bundesliga der Herren pfeifen darf, und den bekannten Schiedsrichter Knut Kircher begrüßen.

Nach dem Willkommen und Imbiss im Hotel ging es dann für die etwa 250 Ehrengäste in Schwarz/Weiß in sieben Bussen zur festlichen Ehrungsveranstaltung mit Reden, Essen und Varieté-Show ins GOP Varieté Theater. Selbst das spätere Umziehen in stadiongemäße Kleidung hatte der DFB generalstabsmäßig vorbereitet und dafür 15 Minuten geplant. Auch wer in welchem Bus sitzen sollte.

Als dann die Busse bereits unterwegs waren, kamen erste Meldungen über Handy, das Spiel sei abgesagt. Kurz danach bestätigte Dieter Habermann, für Bayern und Deutschland Ehrenamtsbeauftragter, die Meldung. Unruhe entstand. Der Konvoi drehte. Es ging zurück zum Messegelände ins Hotel.

„Was ist los? Kann uns auch hier was passieren?“ Dies waren die ersten Gedanken von Manfred Schmidt, während seine Frau es nicht recht glauben wollte. Hatten sie doch eben erst speziell auf das Länderspiel abgestimmte Schals bekommen. Angst hatte sie keine, erzählt sie. Empfand die Situation eher als „unwirklich“. Vor allem als später acht Polizeibusse mit Sirene und Blaulicht vorfuhren und sich die schwarz gekleideten Bewaffneten eines Sondereinsatzkommandos vor dem Eingang und um das Hotel verteilten. Noch in der Empfangshalle kam von Dieter Habermann die Order, in den ersten Stock zu gehen und dort zu bleiben. „Warum sperren die uns da ein“, schoss es Manfred Schmidt durch den Kopf. „Warum eine solche Maßnahme in einem Hotel so weit draußen? Gibt es konkrete Hinweise, uns so abzuschotten? Vielleicht einen Anschlag auf den DFB?“ Genaueres erfuhr er nicht. Nur, dass der DFB sich für die Gäste verantwortlich fühle und „sie gesichert wissen“ wolle.

Schmidt verspürte ein „ungutes Gefühl“. Und dennoch, so stellt er im Pressegespräch fest, gab ihm die Präsenz der Polizei eine gewisse Sicherheit. Das mag für viele Gäste gegolten haben, die lebhaft diskutierten, ob es richtig oder falsch war, das Spiel abzusagen. Schmidt empfand dies als richtig. Wenn tatsächlich Gefahr im Verzug war, dann habe man handeln müssen. Endlos auch die Diskussion, ob die Deutschen angesichts der Bedrohung überhaupt Großveranstaltungen absagen oder weiter aktiv und mutig teilnehmen sollten. Die meisten, auch Schmidt sind fürs Weitermachen.

Die Stimmung im ersten Stock des Hotels blieb gedrückt. Auch wenn der DFB alles getan habe, lobte der Eingeladene, um mit einem Zauberer, Schattenspieler und dem vorgezogenen Mitternachtssnack abzulenken und tatsächliche Sicherheit zu geben.

Nach einer dennoch unruhigen Nacht machte sich das Ehepaar dann am Vormittag allein auf zum Bahnhof. Das Kommando war abgezogen, auf den Straßen war dagegen noch überall Polizei präsent. In Hannover galt der Alarmzustand weiterhin.

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