Volksfest-Schlägerei: Keine Strafe für Höchstadter

19.9.2017, 19:55 Uhr

Die Vorsitzende Richterin Karin Frank-Dauphin hat ihre liebe Mühe: Zuerst stellt sich heraus, dass der bestellte Dolmetscher mit einem der beiden Angeklagten nicht ausreichend kommunizieren kann – ein neuer Dolmetscher muss her. Dann kann ein wichtiger Zeuge nicht artikulieren, was genau vorgefallen ist – immer wieder hakt die Richterin nach, formuliert ihre Fragen um. Was letztlich wirklich passiert ist, bleibt im Ungewissen. Dennoch kristallisiert sich ein ungefährer Hergang des Geschehens heraus.

Laut Anklageschrift sollen sich die Angeklagten sowie drei weitere, unbekannte Personen am 22. April dieses Jahres auf dem Nürnberger Volksfest mit einer anderen Gruppe eine Rangelei geliefert haben. Der 19-jährige Angeklagte, der sich derzeit bereits in Haft befindet, soll dabei versucht haben, einen 21-jährigen Straßenbauer zu schlagen. Auch der zweite Angeklagte, ein 19-jähriger Höchstadter, soll geschlagen und dem 21-Jährigen außerdem einen Tritt gegen den Oberschenkel verpasst haben.

Dass der bereits inhaftierte Angeklagte nur habe schlichten wollen, wie er selbst behauptet, entkräften die Zeugen ziemlich schnell. Vielmehr scheint der 19-Jährige zuerst auf den Geschädigten losgegangen zu sein. "Erst kam er nur her, hat rumgestänkert und mich angespotzt", berichtet der Straßenbauer. Dann sei er zunächst wieder gegangen, jedoch mit ein paar Kumpels wiedergekommen. Die Gruppe hätte ihn bedrängt und versucht, ihn zu schlagen, er habe aber immer ausweichen können. Einen Schlag auf die Backe habe er zwar abbekommen, konnte dann jedoch einen Schlag mit der flachen Hand gegen den ursprünglichen Angreifer, den "Spotzer", landen. "Der ging dann zu Boden." Wer ihn allerdings geschlagen hat, konnte der 21-Jährige nicht mehr sagen. An einen Tritt gegen den Oberschenkel kann er sich überhaupt nicht erinnern. Ohnehin haben etliche Zeugen Erinnerungslücken. "Ich weiß es nicht mehr, es ist schon so lange her", bekommen die Richterin und die beiden Schöffen sehr oft zu hören. Und: Fast alle Beteiligten waren alkoholisiert — der "Spotzer" hatte über zwei Promille im Blut.

Einige Zeugen sagen auch aus, dass seine Freunde den "Spotzer" zurückhalten wollten. Als er sich jedoch losriss und den Geschädigten angriff, eskalierte die Situation offensichtlich, und es entwickelte sich eine Rangelei zwischen den beiden Gruppen. "Da haben sich bestimmt 15 Personen geprügelt, das hat sich ganz schnell entwickelt und war chaotisch", erläutert ein 17-Jähriger, der das Ganze vom Kassenhäuschen eines Fahrgeschäfts aus beobachtet hat. Er rief dann auch Polizei und Krankenwagen. Denn der zu Boden gestreckte Angreifer blutete aus der Nase und war sogar kurzzeitig bewusstlos.

Das brachte die rivalisierenden Gruppen offensichtlich halbwegs zur Besinnung. Bei Eintreffen der Polizei hatte sich die Situation beruhigt. Lediglich der Höchstadter soll noch einmal versucht haben, auf den Straßenbauer loszugehen, wurde aber zunächst von dessen Freunden, dann auch von den Polizeibeamten daran gehindert. Er selbst bestreitet sowohl den Schlag als auch den Tritt, den die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft.

Warum es überhaupt zu der Auseinandersetzung gekommen ist, bleibt im Dunkeln. Möglicherweise war ein Streit am Schießstand der Auslöser. Das ist für das Gericht aber letztlich auch nicht relevant. Das Verfahren gegen den "Spotzer" wird im Hinblick auf ein rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Forchheim eingestellt. Wegen eines anderen Vergehens sitzt der 19-Jährige nämlich bereits eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten ab. "Der jetzige Vorfall ist nicht so gravierend, dass eine nennenswerte Aufstockung der Strafe zu erwarten gewesen wäre", erklärt die Richterin. Dem Höchstadter kann man keine Körperverletzung nachweisen, auch sein Verfahren wird wegen Geringfügigkeit eingestellt.

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