Wahlkampf-Finale vor Herzogenauracher Publikum

8.10.2018, 07:56 Uhr
Wahlkampf-Finale vor Herzogenauracher Publikum

© Hans von Draminski

Die Umfragen sprechen derzeit gegen die CSU, der Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern am kommenden Wahlsonntag scheint schon beinahe entschieden zu sein. Das weiß Söder, auch wenn er es vor dem überwiegend heimischen fränkischen Publikum im gut gefüllten Puma-Saal nicht explizit anspricht. Statt dessen warnt er vor dem herauf dämmernden Sieben-Parteien-Landtag in München und davor, dass das "Erfolgsmodell Bayern" einen argen Knacks bekommen könnte, wenn die CSU sich die Regierungsverantwortung mit einem Koalitionspartner teilen oder sie gar abgeben müsste.

Der ehemalige Journalist Markus Söder weiß ganz genau, wie man Reizworte streut, ein "Wir gegen die"-Gefühl herstellt – und es sich mit der Opposition nicht vollends verscherzt, die man vielleicht noch für ein Bündnis braucht. So meint er etwa, dass die CSU im Gegensatz zu den Grünen "keine Verbotspartei" sein wolle und statt dessen "Angebote macht", um den schwierigen Spagat zwischen Ordnungsstaat und Bürgerfreiheit zu schaffen. Er artikuliert zugleich die Hoffnung, dass die Grünen, die am 14. Oktober zweitstärkste Kraft im Landtag werden könnten, ihr Programm noch ändern.

Deutliche Worte findet Markus Söder für das Verhältnis zur rechtspopulistischen AfD, der er rundheraus die demokratische Legitimierung abspricht: Wer Schulter an Schulter mit NPD, Neonazi-Schlägern und Pegida marschiere, dürfe keinesfalls in Regierungsverantwortung kommen. Die AfD gehöre auch in Bayern zu den "radikalsten Gruppierungen". Eine politische Wahl sei für den Bürger "eine kurze, schnelle Entscheidung – mit weit reichenden Folgen",warnt der Ministerpräsident.

Natürlich ist die Rede in Herzogenaurach im Kern ein Hohelied auf die CSU, der Bayern den erfolgreichen Übergang vom Agrarstaat zum Hightech-Standort verdanke. Söder propagiert unermüdlich die Digitalisierung – und betont im selben Atemzug, dass auch ein technologisch hochgerüsteter Staat ein menschliches Antlitz zeigen könne und müsse.

In diesem Zusammenhang schlägt Markus Söder den Bogen zur Bayerischen Verfassung, die als Grundlage ein klares Bekenntnis zum christlichen Glauben beinhaltet, was Söder in ein Gebot zur Mitmenschlichkeit übersetzt und seinen "Kreuzerlass" verteidigt. Natürlich sei das Kreuz in erster Linie ein religiöses Symbol. Aber es sei auch ein Halt in einer sich rasch ändernden Welt, in der es zunehmend weniger Konstanten gebe. Von der wachsenden Verunsicherung würden Populisten und Ideologen profitieren, der gesellschaftliche Rechtsruck sei nicht verwunderlich, es gelte ihm aber entgegen zu steuern.

Neujustierung der Parteilinie

Eingedenk dessen, dass der erst seit sechs Monaten amtierende Ministerpräsident Söder noch vor gar nicht langer Zeit selbst nicht frei vom Gebrauch populistischer Parolen war, eine wohl unter dem Eindruck der Umfragewerte erfolgte Neujustierung der Parteilinie. Dazu passt, dass Söder dem Bleiberecht "anerkannter, gut integrierter" Flüchtlinge das Wort redet, die helfen können, den Fachkräftemangel zu lindern.

Spürbarer Pragmatismus angesichts von Plänen der CSU, in Bayern künftig auch verstärkt Raumfahrttechnologie zu entwickeln, um nach Söders Worten "unabhängig von den USA und anderen Ländern zu werden", die den Weltmarkt derzeit noch dominieren.

Ob in nicht all zu ferner Zukunft tatsächlich Roboter dabei helfen, pflegebedürftigen Menschen ein würdigeres Leben und Sterben zu ermöglichen, ist zwar nicht sicher, klingt aber nach tröstlicher Vision. Immerhin.

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