Walter Nussel ist jetzt bayerischer Entbürokratisierer

11.4.2017, 08:47 Uhr
Walter Nussel ist jetzt bayerischer Entbürokratisierer

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Ausgestattet mit einem eigenen Team aus vier Mitarbeitern und auf Sichtweite zum Ministerpräsidenten Horst Seehofer übt er diesen aus. Am Valentinstag, 14. Februar, sei er berufen worden. Aufgabe: bestimmte Regelungen von Auswüchsen zu befreien, die sie insbesondere für Kommunen schwer oder gar nicht "handlebar" machen.

Nussel nennt als Beispiel das Bodenschutzprogramm. An sich verspricht es unter anderem zu verhindern, dass kontaminiertes Erdreich falsch gelagert oder gar gefährdend "entsorgt" wird. Die Regularien bewirken aber auch, so Nussel, dass selbst bei einem Wasserrohrbruch unter einer Straße "die zwei Kubikmeter" Erde, die zur Reparatur ausgehoben werden, begutachtet werden müssen, ob es sich nicht um Sondermüll handele.

Unter anderem hier gelte es, weniger bürokratische Lösungen zu finden. Er plane dazu eine Gesprächsrunde mit Regierung, Verbänden und dem Baugewerbe.

Auch mit der Steinkrug-Frage beschäftigt sich sein Büro, ließ Nussel die Bürgermeister wissen. Seine Maxime: Irgendwie das Leben noch lebenswert halten.

Nussel plädiert für mehr gesunden Menschenverstand bei Projekten. So habe seine Stelle schon bereinigt, dass bei Erstaufforstungen im Bayerischen Wald bei der Wahl der richtigen Baumarten nicht nur die forstwirtschaftlich und auch naturschützerisch gut ausgebildeten Förster entscheiden, sondern auch noch die Untere Naturschutzbehörde zustimmen musste.

Nussel plant, wie er sagte, auch ein "Bürokratie-Navi" nach dem Vorbild des Förder-Navis, das jeden Planer schnell über die Zuschuss-Möglichkeiten für sein Projekt informiert.

Mit dem Bürokratie-Navi sollen — zum Beispiel bei der Organisation von Vereinsveranstaltungen — auch Ehrenamtliche auf einen Blick sehen, was sie alles dafür brauchen — vom Mietvertrag bis zur Schankerlaubnis. Das soll, so Nussel, ihnen Zeit sparen, die sie ja sowieso dem Vorhaben schenken.

Nussel plant in allen Bezirken Regionalkonferenzen seiner Stabsstelle für Bürokratie-Abbau abzuhalten, um das neue Konstrukt den Politikern und Verwaltern näher zu bringen und auch Anregungen "von unten" zu bekommen.

Seine Stelle ist in der Staatskanzlei angesiedelt, hat deshalb, wie Nussel sagt, direkten Zugriff auf die Ministerien. Dies sei von Vorteil für übergreifenden Regelungen. Bevorzugte Aufgabengebiete laut Nussel: Baurecht, Brandschutz und Gastronomie.

Als Gastgeber der Burgstaller Kerwa, Vorarbeiter beim Baumaufstellen und Feuerwehrkommandant hat der Abgeordnete hier ja viel einschlägige Praxiserfahrung. Den Draht ins Dorf und zu Mitbürgerinnen und Mitbürgern will er auch nicht abreißen lassen. Für viele Einheimische ist er der Walter geblieben, wie sie ihn von Kindesbeinen auf kennen. Der gelernte Land- und Forstwirt, der außerdem noch für zwei technische Berufe die Ausbildung bei Schaeffler absolvierte, begreift sich auch so, auch wenn er jetzt im Dienstwagen mit Fahrer in den Landkreis kommt.

Als jüngst im Landkreis der Sturmwind wehte, rückte er in aller Herrgottsfrüh als Burgstaller Feuerwehrkommandant mit seinen Mannen aus und räumte umgestürzte Bäume von den Straßen. Danach war er wieder Politiker und Unternehmer. Denn Nussel leitet außer seiner Tätigkeit in Landtag und Staatskanzlei gleichzeitig eine Firma, die mit der Vermittlung und dem Verkauf von ökologischen Ausgleichsflächen in ganz Bayern Geld verdient. Als Vorsitzender des FC Herzogenaurach fungiert Nussel ebenfalls. Der Verein hat unter seinem Vorsitz Schulden massiv abgebaut.

Und obwohl die Herzogenauracher den langjährigen zweiten Mann im Rathaus nicht zum Nachfolger von Hans Lang auf den Bürgermeistersessel wählten, will Nussel nicht aufhören, sich politisch für seine Heimatstadt zu engagieren.

Im Landtag hat er nach eigenen Worten seine Bestimmung gefunden. Schon von der Statur her gesehen kommt niemand so leicht an ihm vorbei. Im Landesparlament ist Walter Nussel Mitglied im mächtigen Wirtschaftsausschuss, wo er seine Erfahrungen einbringt. Außerdem ist er noch Mitglied im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden.

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