Wenn die Miete rapide steigt . . .

21.5.2016, 14:00 Uhr
Wenn die Miete rapide steigt . . .

© Edgar Pfrogner

Es liest sich ein wenig wie déjà vu. Im Mai 2013 berichteten die NN über Mietpreiserhöhungen für 132 Wohnungen in der Fichte- und in der Wielandstraße durch die GBW. Auf dem teuren Herzogenauracher Mietmarkt mit chronischem Wohnungsmangel vor allem im Niedrigpreissektor sind in diesem Gebiet noch erschwingliche Wohnungen zu haben. In manchen Adressen wohnen Mieter seit Jahrzehnten.

Dass die „Nettogrundmiete nicht mehr den üblichen Entgelten . . . entspricht, die in Herzogenaurach für vergleichbaren, nicht preisgebundenen Wohnraum vereinbart werden“ wurde von der Wohnungsgesellschaft GBW in dem maschinellen Schreiben ohne eigenhändige Unterschrift dargelegt.

Ferner ausgeführt wird, „gemäß Paragraf 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches können wir die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettogrundmiete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die aktuelle Nettogrundmiete nicht mehr der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht.“

Wenn die Miete rapide steigt . . .

© Athina Tsimplostefanaki

Erhöhungen der Nettogrundmiete sind innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren auf 20 Prozent begrenzt (Kappungsgrenze). „Diese Kappungsgrenze wird durch die vorliegend gemachte Mieterhöhung nicht überschritten“, wird im GBW-Schreiben dargelegt.

Als Nachweis für die „üblichen Entgelte in ihrer Stadt“ werden die Vergleichswohnungen dreier Hausnummern in der Fichtestraße angeführt. In einer der Hausnummern mit Baujahr 1959, ebenso wie die beiden weiteren Vergleichshäuser, beträgt die Nettogrundmiete 8,52 Euro pro Quadratmeter, in einem anderen 8,51 Euro und in einem dritten bei 8,24 Euro.

Die Pressestelle des Landratsamtes Erlangen-Höchstadt informiert hinsichtlich der Frage, ob das Job-Center, Ansprechpartner bei Arbeitslosigkeit, bei entsprechender bedürftiger finanzieller Situation die Mieterhöhungen zahlen würde, in diesem Sinn:

Wenn die Mietobergrenzen eingehalten würden, so würde das Job-Center die Mieterhöhung bezahlen. Als Beispiel: Die Gesamtmiete von 400 Euro für 50 Quadratmeter zahlt das Job-Center. Würde mit einer Warmmiete von 450 Euro die Mietobergrenze überschritten, so würde das Job-Center sechs Monate zahlen. Dann jedoch nur noch die bisherigen 400 Euro. Der zahlungsunfähige Wohnungsmieter würde zum Umzug aufgefordert.

Beim Erlanger Mieterverein mit Vorstand Rechtsanwalt Wolfgang Winkler sind unter dem Stichwort „Mieterhöhungen der GBW“ Daten und Gerichtsverfahren hinterlegt. Neuerdings aktuell in Erlanger GBW-Wohnblocks sei die Ausgliederung nicht kostendeckender Hausmeistertätigkeiten. „Die GBW schöpft grundsätzlich bis zum Maximalen aus“, bilanziert Winkler. Er hält es auch für ein Problem, dass es nur noch in München Ansprechpartner der GBW Franken GmbH gibt. Auch die Nürnberger Zweigniederlassung wurde nach München verlagert.

Erinnert wird beim Mieterverein an die jüngere GBW-Historie: Die Wohnungs-Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank, die GBW mit 30 000 Wohnungen in Bayern, musste wegen der Finanzschwierigkeiten nach Hypo Alpe Adria verkauft werden. Den Zuschlag erhielt das Patrizia Immobilien Konsortium in Augsburg. Um Befürchtungen der Mieter zu beruhigen, wurde eine „Sozialcharta XXL“ zugesichert.

Mietervereine in Bayern notierten allerdings Beschwerden über Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, Weiterverkauf von Wohnungen an andere Eigentümer oder erhebliche Mieterhöhungen. Die Sozialcharta bewertet Jurist Winkler als „schwammig. Die bringt nicht viel“.

Horst Naser gibt die Beobachtungen von Mietern in der Fichtestraße in Herzogenaurach weiter: In manchen Wohnungen sei im Inneren „nichts gemacht worden, nur äußerlich“.

Bei den Mieterhöhungen vor drei Jahren hätten einige Mieter gezahlt, andere Anwälte befragt, manche auch die alte, niedrigere Miete beibehalten. Dies sei wohl „stillschweigend geduldet worden“, vermutet Naser.

„Nur schriftlich über die Presseabteilung“ will die GBW in München nach einem Telefonat antworten.

Hier die GBW-Stellungnahme: „Die GBW Gruppe sieht sich als Vermieter von rund 30 000 Wohnungen immer in der Verantwortung, den Mietern gegenüber fair und partnerschaftlich zu handeln. Wir sorgen deshalb dafür, ein marktgerechtes Mietpreisangebot zu schaffen und nehmen auf Einzelschicksale große Rücksicht, auch wenn dazu nicht immer eine rein rechtliche Verpflichtung besteht.

Gleichzeitig sind wir natürlich auch dazu verpflichtet, uns als Unternehmen marktwirtschaftlich zu verhalten und suchen immer nach Möglichkeiten, einen für alle Beteiligten akzeptablen, richtigen Mittelweg zu finden. Wir legen großen Wert darauf, für unsere Mieter transparente Verhältnisse zu schaffen.“

Die Nordbayerischen Nachrichten fragten: Die Mieterhöhung von 20 Prozent wird von den oftmals weniger finanzstarken Mietern (Alleinerziehende, ALG II-Empfänger) als hart empfunden. Was ist Ihre Begründung? Sehen Sie die Möglichkeit, von der Erhöhung Abstand zu nehmen?

Die Antwort der GBW: „Das wirtschaftliche Umfeld und allgemeine Preissteigerungen sind auch für uns als Wohnungsunternehmen spürbar. Deshalb sind Mietsteigerungen möglich und grundsätzlich auch notwendig. Der Gesetzgeber gibt dazu strenge Richtlinien vor, an die wir uns selbstverständlich halten, auch in den angesprochenen Wohnanlagen. Wir prüfen dabei sorgfältig die Umstände und Rahmenbedingungen. Im Einzelfall nutzen wir die Möglichkeit individueller Lösungswege. Deshalb bieten wir unseren Mietern immer an, bei sozialen und wirtschaftlichen Härtefällen direkt auf uns zuzukommen. Im individuellen Gespräch finden wir so Lösungen. Betroffene Mieter können sich dazu direkt an uns wenden.

Wir möchten nicht, dass jemand aufgrund von Mieterhöhungen in Probleme gerät. Auch das gehört für uns zu einem partnerschaftlichen Miteinander dazu.“

Ferner führt die GBW aus: „Grundsätzlich beziehen sich Mietanpassungen immer auf einzelne Wohnungen, nicht auf ganze Häuser. Bei freifinanzierten Wohnungen prüfen wir regelmäßig, ob Mietanpassungen notwendig sind. 2013 wurden in diesem Zuge auch bei einzelnen Wohnungen in der Fichtestraße Mieten erhöht. Anders in der Theodor-Heuss-Straße: Die GBW-Wohnungen dort sind preisgebunden. Daher werden dort ausschließlich Veränderungen in der Kostenmiete umgelegt, die die laufenden Aufwendungen decken. Andere Mietanpassungen können dort rein rechtlich gar nicht durchgeführt werden.“

NN: Was ist Ihre Antwort auf den Vorhalt: „In den Häusern selbst wurde nichts gemacht, nur äußerlich?"

GBW: „Wir sind der Meinung, dass ein gerechtes Preis-Leistungs-Verhältnis auch für Mietwohnungen selbstverständlich sein soll. Deshalb führen wir für unsere Mieter sukzessive Modernisierungsmaßnahmen durch, die auch aus praktischen Gründen vor allem bei Mieterwechseln umgesetzt werden. An den Häusern wurden zudem umfangreiche Modernisierungen an den Fassaden, Balkonen und Dächern durchgeführt. Eine vollumfängliche gleichzeitige Innenmodernisierung aller Wohnungen hat nicht stattgefunden.

NN: Herzogenaurach ist ein teures Wohn-Pflaster. Können Sie die Mieterhöhung für einen Teil der sozial schwachen Bevölkerung mit ihrer „Sozialcharta XXL“ vereinbaren?“

GBW: Wir nehmen unsere Sozialcharta sehr ernst. Sie stellt kein bloßes Versprechen dar, sondern wird fortlaufend geprüft und selbstverständlich auch eingehalten. Sozial und wirtschaftlich schwächere Mieter können und sollen deshalb mit uns das Gespräch suchen. Wir prüfen gerne jeden Fall individuell und suchen gemeinsam nach einem Lösungsweg.“

Paul Wewetzer von der Baugenossenschaft Eintracht eG in Herzogenaurach, die an der Einmündung der Keller- in die Eichelmühlgasse die drei kleinen Reihenhäuser mit insgesamt sechs Wohneinheiten durch ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt neun Wohneinheiten ersetzt, informiert, diese Wohnungen seien sehr schnell vergeben gewesen. „Wir Genossenschaften haben einen anderen Auftrag. Die Leute sehen unsere Preise und rennen.“

In Herzogenaurach existiere indes der Trend, die Mieten nach oben zu treiben. Zahlungskräftige Nachfrage, so die von vielen geteilte Beobachtung, ergebe sich durch internationale Mitarbeiter der großen Firmen.

Die angeschriebenen GBW-Mieter, so ließ Horst Naser dieser Tage wissen, erklärten schlussendlich ihr Einverständnis mit den Mieterhöhungen.

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