Wettstreit mit Worten in Höchstadt

23.4.2018, 05:57 Uhr
Wettstreit mit Worten in Höchstadt

© Foto: Christian Enz

Schon seit sechs Jahren ist Höchstadt Heimat eines "Poetry-Slams". Ausgerichtet wird dieser von Julia Gally – gemeinsam mit Teenagern aus dem Jugendzentrum Chill out. Professionell beraten wird die Leiterin des Jugendzentrums dabei von Michael Jakob. Der Ansbacher gründete 2005 die Bewegung "Franken-Slam" und begleitet mittlerweile Dichtertreffen in 20 Städten.

Längst haben sich die zeitgenössischen Dichter ein Publikum erarbeitet – so große Aufmerksamkeit wie in Höchstadt ist dennoch selten. "Wir haben damit auch gar nicht gerechnet. Eigentlich war dies als Angebot für die Jugendlichen im Chill out gedacht", erinnert sich Julia Gally. "Aber das Publikum ist von Mal zu Mal gewachsen. Deshalb sind wir bereits mit dem zehnten ,Poetry-Slam’ vom Jugendzentrum in den großen Schaeffler-Saal umgezogen." Dieser war auch am Freitag trotz des tollen Wetters wieder gut gefüllt.

Ungewohnte Atmosphäre

In gemütlicher Atmosphäre, an kleinen Tischchen mit Knabbereien und gekühlten Getränken, saßen die Zuschauer und verfolgten das breitgefächerte poetische Treiben. Eine ungewohnte Atmosphäre – auch für erfahrene "Poetry-Slammer" wie Skog Ogvann. Zirka 70 Mal im Jahr steht der Leipziger Wortakrobat auf der Bühne. Am liebsten in kleinen Räumen, wie er sagt. "Wenn die Menschen dicht gedrängt in einer Studenten-Kneipe stehen, springt der Funke schneller über." Deshalb präsentierte Ogvann bei seinem ersten Auftritt in Höchstadt auch ein anderes Programm als zunächst geplant.

"Für einen Auftritt im Jugendzentrum hatte ich eigentlich flotte Titel ausgewählt." Beeindruckt vom stilvollen Ambiente in der Fortuna wählte er dann jedoch anspruchsvolle Texte für ein älteres Publikum. Zunächst präsentierte er "Veronika beschließt zu erben". In sauberem Versmaß zeichnete er dabei die Geschichte einer frustrierten Frau in den besten Jahren nach, die sich von ihrem Mann trennen will. Um nicht auf seine finanziellen Ressourcen verzichten zu müssen, entscheidet sie sich für Mord statt Scheidung. Der Polizei erklärt sie das Ableben ihres Ehemannes als Folge eines Sturzes. So notieren die Beamten: "Ob seiner schlechten Beinarbeit ist er nun ein Beispiel der Vergänglichkeit". Mit diesem Beitrag schaffte Ogvann den Sprung ins Finale.

Genau wie Lenny Felling und Antanasia Argentum. Hinter letzterem Pseudonym verbirgt sich die 14-jährige Höchstadterin Sonja Maja Heubeck, die am Freitag ihr "Poetry-Slam"-Debüt feierte. Als Autorin aktiv ist sie bereits seit zwei Jahren. "Im Deutschunterricht am Höchstadter Gymnasium hat uns Marina Holler Mini-Gedichte schreiben lassen. Das hat mir großen Spaß gemacht", erzählte Heubeck. "Als wir dann noch ein You-Tube-Video von Slammerin Julia Engelmann besprochen haben, da wollte ich das auch ausprobieren". Dass sie nicht nur möchte, sondern auch kann, stellte Heubeck alias Antanasia Argentum unter Beweis.

In ihrem ersten Aufsatz skizzierte sie – beeindruckend erwachsen – die Gefühlswelt einer in ihre beste Freundin verliebten Heranwachsenden. Dies trug sie so souverän vor, dass sie bereits bei ihrem ersten Slam-Auftritt von der Jury ins Finale geschickt wurde.

Bemerkenswert, setzte sie sich damit doch gegen erfahrene Dichter wie die beiden Regensburger Teresa Reichl und Pascal Simon oder Erhard Kleinschmidt aus Braunschweig durch. Die, wie Slam-Experte Michael Jakob betonte, ebenfalls mit starken Beiträgen am Start waren. "Da gab es eine super Mischung aus Lyrik und Prosa. Die gelingt nicht immer so perfekt".

Dies war auch in der Finalrunde zu beobachten. Da warb der junge Mainzer Lenny Felling mit einer Persiflage auf "Kunst und Krempel" ebenso um die Gunst der Zuhörer wie Antanasia Argentum, die einen Brief an ihre ehemalige beste Freundin verlas. Darin beklagte sie, dass ihre Freundin auf Grund des ersten festen Freundes alle Unarten angenommen habe, die beide Mädchen vorher stets verachteten.

Tosender Applaus

Für beide gab es tosenden Applaus. Ein Quäntchen mehr geklatscht wurde allerdings für Skog Ogvann. Der erzählte die sauber gereimte Geschichte vom Kuckuck Captain Muck. Aus Übermut war er vom Wald in die Stadt gezogen – und dort erschossen, ausgestopft und zu einer Kuckucksuhr verarbeitet worden. Für diese Leistung erntete Ogvann den ersten Preis und einen fränkischen Bocksbeutel. "Damit habe ich im Vorfeld wirklich nicht gerechnet", resümierte der Sieger. "Denn ich bin hier auf starke Kollegen getroffen". Aber eigentlich, so betonte der Leipziger Poet, komme es ohnehin nicht auf den Sieg an. "Wichtig ist, dass man positive Rückmeldungen bekommt".

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