Wirt aus Höchstadt schäumt: EU warnt vor Bier aus Steinkrügen

25.3.2017, 14:56 Uhr
Wirt aus Höchstadt schäumt: EU warnt vor Bier aus Steinkrügen

Wenn ein Brauer schäumt, dann geht es in der Regel um Bier. So ist es auch bei Benno Wirth aus Neuhaus. Als die neuen Muster-Steinkrüge eintreffen, die er bestellt hat, muss er zunächst laut lachen. Dann ist er fassungslos, inzwischen sauer. Grund ist ein gedruckter "Warnhinweis" auf dem Boden der traditionellen Bierkrüge: "Nicht für schäumende Getränke verwenden" steht dort. Ein Scherz?

"Das ist wirklich ein neues Meisterstück unserer feinen, hochbegabten EU-Politiker", schimpft Benno Wirth ironisch. "Denen ist jegliche Realität abhanden gekommen." Und tatsächlich hat der Aufdruck seine Ursache in einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2004. Für die Regelung zu deren Umsetzung galt bis zum 30. Oktober 2016 eine Übergangsfrist. Alle Krüge, die danach hergestellt werden, brauchen den Aufdruck und dürfen nur noch mit Hilfe kleiner Tricks überhaupt weiterverwendet werden.

Die Richtlinie aus Brüssel regelt den Umgang mit "Messgeräten". Darunter fallen nicht nur Geodreiecke oder Uhren, sondern eben auch Bierkrüge — und zwar dann, wenn sie einen "Messgerätecharakter" haben.

Weiße Krone als Problem

Und jetzt kommt der Schaum ins Spiel. An einem geeichten Bierglas ist der Messstreich nämlich außen gut sichtbar und der Kneipenbesucher kann locker erkennen, ob sein Gefäß halb leer oder halb voll ist — auch unter einer weißen Krone. Beim Steinkrug ist da Hopfen und Malz verloren, denn der Eichstrich, der innen steht, ertrinkt im Schaum. Der Biertrinker hat also keine genaue Kontrolle mehr, wie viel er bechert. Und der Wirt hat in Richtlinien-Deutsch "ein Messgerät, dass eine Benutzung in betrügerischer Absicht erleichtert."

Das geht natürlich nicht, dachte sich auch der deutsche Gesetzgeber. Seit. 1. Januar 2015 gilt das neue Mess- und Eichgesetz, das — neben vielen anderen Dingen — sicherstellen soll, dass kein Biertrinker über den Tisch gezogen wird. Damit er dabei weiterhin aus dem Steinkrug bechern kann, hat sich der Bayerische Brauerbund in die Bresche geworfen. Die Regelung ist "eine Lachnummer", sagt Hauptgeschäftsführer Lothar Ebbertz. "Sie liegt etwa auf dem Niveau vom Krümmungsgrad einer Salatgurke."

Bei der EU habe einfach niemand an den bayerischen "Keferloher" gedacht, wie das Trinkgefäß traditionell heißt. Aber natürlich hat der Brauerbund den Steinkrug erhoben und mit den Ministerien eine Regelung gefunden, damit er legal bleibt. "Dass es den Keferlohr noch gibt, verdanken sie uns", sagt Ebbertz. "Dafür haben wir einige Klimmzüge gemacht."

Wirte müssen ein paar kleine Kniffe anwenden — dann können sie weiterhin furchtlos schäumendes Bier in Krüge zapfen. Zum einen muss der Warnhinweis auf den Boden gedruckt sein — auch wenn ihn wohl eher der Sitznachbar gegenüber sieht, als der Trinker selbst. Benno Wirth bezahlt dafür jetzt 0,03 Euro mehr pro Krug. Bei seiner aktuellen Bestellung von 1000 Stück schlägt das mit 30 Euro zu Buche. Der Lieferant betont, das sei keine Preiserhöhung, sondern nur eine Weitergabe der Kosten, die die EU ihm mit den neuen Vorschriften aufbürde.

Ein Warnhinweis reicht allerdings nicht aus. Schließlich muss der Biertrinker ja von seinen Rechten überhaupt erst erfahren. Deswegen rät der Brauerbund zu einem Aushang an der Theke, im Biergarten oder im Festzelt, auf dem steht: "Lassen Sie bei Zweifeln an der korrekten Befüllung von Steinkrügen die Füllmenge verzüglich überprüfen."

Und wie soll das gehen? "Wir empfehlen sicher nicht, zu warten, bis der Schaum zusammengefallen ist", scherzt Lothar Ebbertz. Vielmehr muss der Wirt ein anderes Messgerät zu Verfügung stellen — zum Beispiel ein geeichtes Glas. Wer umschütten möchte, kann das dann tun. Prost.

 

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