Zeit der „Schrumpfgermanen“ ist vorbei

24.9.2015, 20:00 Uhr
Zeit der „Schrumpfgermanen“ ist vorbei

© Edgar Pfrogner

Denn gleich fünf Akteure des Nachwuchs-Bundesligisten (die Liga heißt NBBL) messen über zwei Meter, mit Tim Handt ist der Längste sogar 2,07 Meter groß. Der ist eher ein „Spargeltarzan“, aber seine Kameraden machen das wett. Trainer Mario Dugandzic: „Wir haben durchaus einige physisch interessante Leute dabei. Die sind sehr jung, aber körperlich absolut präsent.“

Das „sehr jung“ trifft den Kern — und ist die größte Umwälzung, die es in der Geschichte des Herzogenauracher Basketballs je gegeben hat. In der vergangenen Saison stellten die TSH-Korbjäger neben den Ansbach Piranhas das mit Abstand älteste Team der Regionalliga Südost; nun schickt man mit wenigen Ausnahmen eine Teenager-Truppe ins Rennen.

Die neun Burschen aus dem Nürnberger NBBL-Team sind maximal 18 Jahre alt, der Jüngste (Matthew Meredith), sogar erst 15, dazu kommt der 21-jährige Kroate Braslav Turic, der neu zum Verein stieß.

Von den bisherigen Longhorns ist nicht mehr viel übrig geblieben. Nach der letztjährigen Verletzungsmisere der „alten Männer“ vertritt ein Quintett die Herzogenauracher Farben, von dem Moritz Hüttel und Karen Buniatian selbst angesichts der Personalmisere in der abgelaufenen Runde nur wenige Spielanteile bekamen.

Als absolute Leistungsträger hingegen werden von Dugandzic drei Routiniers betrachtet: Mike Kaiser, seit Jahren derjenige, um den sich die Offensive der Longhorns dreht; Markus Person, einer der besten Verteidiger der Liga und das Herz der Mannschaft; Monty Rogers, der sprunggewaltige Center und Publikumsliebling.

Ein Achillessehnenriss hat Letzteren die komplette vergangene Saison außer Gefecht gesetzt. Nun steht er seit geraumer Zeit im Training und laut Dugandzic ist er „fast schon wieder da, wo er hin sollte“. Person hingegen ist wieder einmal der Pechvogel: Zum wiederholten Mal ereilte ihn ein Muskelfaserriss im Oberschenkel, wodurch er den Saisonstart verpasst, zu dem Kaiser fast direkt aus dem Urlaub anreist.

Der neue Headcoach Dugandzic (gleichzeitig Jugendkoordinator beim NBC) weiß um die Schwierigkeit der Aufgabe, zwei solch unterschiedliche „Lager“ zusammen zu führen. „Wir müssen Schritt für Schritt gehen, aber ich sehe schon, dass es langsam voran geht.“ In den Vorbereitungspartien sei es von Spiel zu Spiel besser geworden, obwohl nicht immer alle Akteure zur Verfügung gestanden hätten.

So gab es zu Beginn eine Klatsche gegen den Pro A-Verein Baunach („wobei wir eine Halbzeit lang gut mitgehalten haben“), es folgte ein klarer Erfolg gegen den 2. Regionalligisten Post SV Nürnberg, eine knappe Niederlage gegen den Südwest-Regionalligisten Crailsheim, der 16 Dreier verwandelte, und die bisher beste Leistung beim Pro B-Klub TG Würzburg, als erst kurz vor Schluss die Niederlage besiegelt wurde. Dugandzic: „Das war schon ganz ordentlich.“

Das Ziel der beiden Kooperationspartner ist eindeutig: Man will die Klasse halten. „Wir wollen nicht nur sehen, wie sich unsere jungen Spieler gegen gestandene Männer schlagen, sondern die Jungs sollen auch lernen, wie sie Spiele auf diesem Niveau gewinnen.“

Tempo soll ein Geheimrezept der neuen Longhorns werden – und Frechheit. Mit Patrick Teka (17) und Nelson Weidemann (16) dürfte man das jüngste Spielmacher-Duo weit und breit haben. Weidemann ist laut Dugandzic das größte deutsche Talent in dieser Altersklasse – und der beste Beweis dafür, welche Magnetkraft das neue Jugendkonzept des Nürnberger Pro A-Teams rent4office unter Cheftrainer Ralph Junge besitzt. Denn der Nachwuchsnationalspieler wechselt vom Spitzenklub Alba Berlin quasi in die „Provinz“, um sich dort zu einem Spitzenspieler zu entwickeln.

Solche jungen Ausnahmespieler sind definitiv Hingucker. Dugandzic: „Das Niveau ist da, aber man muss uns auch Zeit lassen.“ Ihm ist klar: Letztlich ist es ein Experiment. Ob es funktioniert, wird man nach einigen Spieltagen sehen.

Der Coach setzt auf seinen mit 15 Mann breiten Kader und hat noch einige Joker in der Hinterhand: Denn fünf junge Spieler von rent4office Nürnberg dürfen dank einer Doppellizenz auch für die Longhorns spielen, vier davon sind Nationalspieler in den diversen Nachwuchsauswahlen und wären in der Regionalliga echte Kracher. Ob und wie oft sie zum Einsatz kommen, hängt allerdings von der Personalsituation in der Pro A ab. Daher setzt Dugandzic sicherheitshalber auf seinen Stammkader – und freut sich, wenn ab und zu einer der Jungprofis bei der TSH aushelfen darf.

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