Zeitgemäßes Höchstadter Spiel zur Fastenzeit

19.3.2018, 09:00 Uhr
Zeitgemäßes Höchstadter Spiel zur Fastenzeit

Die biblische Passionsgeschichte ist eine der ältesten Erzählungen der Welt. Über 2000 Jahre hat es beim Heimatverein zum Glück nicht gedauert. Dennoch hätte das Höchstadter Passionsspiel bereits 2016 zur Aufführung kommen sollen. Gesundheitliche Probleme des Regisseurs hatten diese Pläne dann allerdings durchkreuzt. Umso schöner sei es, so Kilian Kemmer, dass es nun mit der Premiere geklappt habe.

"Ich wäre im Traum nicht auf die Idee gekommen, jemanden zu bitten, ein Passionsspiel zu machen", erklärt der Höchstadter Dekan. Die Initiative zum Passionsspiel ging von Reinhard Grasse und der Theatergruppe aus.

"Doch es ist überwältigend zu sehen, wie sehr sich die Schauspieler in den letzten Wochen mit ihren Rollen identifiziert haben". Dies, so Kemmer, trage mehr zur Verbreitung der christlichen Botschaft bei als mancher Predigttext.

Zeitgemäßes Höchstadter Spiel zur Fastenzeit

© Fotos: Christian Enz

Dies, so betont Reinhard Grasse, war auch die Intention des Passionsspiels. "Wir wollen zum Ausdruck bringen, dass Menschen in Frieden zusammenleben können und müssen. Dazu gehört es, Regeln zu akzeptieren – auch Regeln anderer".

Gemeinsam mit Peter Ott bereitete Grasse dann eine zeitgenössische Inszenierung vor. "Ein spannendes Konzept, das zeigt, die Botschaft Jesu Christi hat nicht an Aktualität verloren", lobte Kemmer.

Für den Zuschauer war es zunächst jedoch gewöhnungsbedürftig, Jesus Christus im Dialog mit Managern und Schickeria-Damen zu sehen. Auch wirkten die theologischen Ratschläge des von Lukas Schmid würdevoll dargestellten Heilandes zunächst etwas seicht. Denn der riet den zeitgenössischen Zweiflern zunächst: "Gebt freiwillig, sonst werden Flüchtlinge kommen und sich nehmen. Und achtet die Welt, die Euch anvertraut ist – geht sorgsam mit ihren Schätzen um".

Dann zog die Hauptperson aus der Kirche aus. Umringt von den Tänzerinnen Henrike Fröhlich, Laura Christel, Vivien Ranger und Jola Wagener.

In einer von Tanzlehrerin Nina Reuter eigens erstellten Choreografie pflasterten sie den Weg mit Palmwedeln. Die musikalische Umrahmung gestalteten Georg Römer, Tanja und Johannes Schwägerl von der Höchstadter Stadtkapelle sowie Stefan Grasse, Wulli Wullschläger, Sonja Tonn und Corinna Schreiter.

Im Fortgang beließen es die Protagonisten vor dem, im Werkunterricht der Ritter-von-Spix-Schule mit Liebe zum Details ausgestalteten Bühnenbild allerdings nicht bei dem oft strapazierten, erhobenen Zeigefinger.

Sie wurden auf wohltuende Weise eins mit ihren Rollen. So konnte man die Sorge um den drohenden Machtverlust regelrecht spüren, den die Pharisäer Kai Wormser, Sabine Grasse und Günter Schulz diskutierten.

Ebenso die Angst von Pontius Pilatus – der von Peter Lorz als gutmütiger, ruhebedürftiger Statthalter interpretiert wurde – vor dem Kaiser als Schwächling dazustehen.

Dieser zweifelt zwar an den Forderungen der Pharisäer. "Wer hat das Gesetz gemacht, weshalb ich Jesus zum Tod verurteilen soll?" Gibt ihnen dann aber nach. Er lässt Jesus das Kreuz tragen. In der Höchstadter Inszenierung ist dieses christliche Symbol jedoch als Metapher zu verstehen – für Flucht vor Krieg und Armut ebenso wie für Arbeitslosigkeit.

Ohne Kreuzigung

Eine Kreuzigung zeigt das Höchstadter Passionsspiel ebenfalls nicht. "Wir bringen kein Blut in die Kirche", sagt Grasse. Wohl aber die Erkenntnis, dass in jedem Menschen ein Stück Sünder lebt. Dies verdeutlichen zum Ende nachdenkliche Monologe.

Da fragen Pharisäer, ob die Reichen und Mächtigen nicht auch heute noch die Gesetze zu ihren Gunsten auslegen. Pilatus bemerkt, dass es immer noch üblich ist, faule Kompromisse zu schließen und dann seine Hände in Unschuld zu waschen.

Tina Meier, die feinfühlig gemimte Maria Magdalena, bringt es schließlich auf den Punkt. "Ja, ich bin eine Sünderin. Doch ich weiß, Jesus liebt auch mich".

Eine Erkenntnis, die allen Protagonisten wie Zuschauern die eigentliche Botschaft des Passionsspiels klarmacht: Wer seine eigene Unvollkommenheit erkennt, kann anderen gegenüber ebenfalls großzügig werden.

Eine Botschaft, die bei allen Besuchern unter die Haut ging – dank einer würdevollen Inszenierung, die es Wert wäre, auch in Zukunft aufgeführt zu werden.

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