Zweieinhalb Stunden Handarbeit für ein Paar Schuhe

21.4.2017, 11:53 Uhr
Zweieinhalb Stunden Handarbeit für ein Paar Schuhe

© Roland Huber

Zum ersten Mal steht der Workshop, den das Stadtmuseum in Kooperation mit dem Generationen.Zentrum durchführt, auf dem Programm. Und gleich sieben Mädchen haben sich dafür angemeldet. Die Aussicht, selbst Schuhe herstellen zu dürfen, scheint sie gelockt zu haben. Aber auch drei Jungs sind vertreten. Immerhin ist das Thema "Schlappenschuster" für alle interessant, geht es doch vor allem um die großen Sportschuhfirmen adidas und Puma.

Nach einem kurzen Rundgang durch das Museum versammeln sich die Teilnehmer im Alter von sieben bis zwölf Jahren um einen Tisch, auf dem allerlei Werkzeug und Materialien liegen, die man früher für die Schuhproduktion gebraucht hat. Und natürlich sind auch zwei "echte Schlappenschuster" gekommen, um den Kindern aus erster Hand zu erzählen, wie es damals gewesen ist.

Holzleisten und Schablonen

Georg Seeberger (77) und Robert Keller (82) waren beide als Schuhfabrikarbeiter tätig, bei Ort und Kaltenhäuser bzw. in der Oberfränkischen Schuhfabrik, später dann bei Puma. Sie zeigen den Kindern alte Holzleisten, die Schablonen für die Zuschneidung des Leders und die Sohlen. Sie demonstrieren, wie die Einzelteile zusammengesetzt wurden und führen vor, welche Werkzeuge auf welche Art und Weise zum Einsatz kamen.

Zweieinhalb Stunden Handarbeit für ein Paar Schuhe seien damals keine Seltenheit gewesen, erklärt Seeberger. "Entscheidend war, wie aufwändig die Schuhe waren, also aus wie vielen Einzelteilen sie zusammengestellt waren." Fußballschuhe und Wanderschuhe zum Beispiel seien ziemlich arbeitsintensiv gewesen.

Mehrere Arbeitsgänge

Seeberger erklärt aber auch, dass nicht eine Person einen ganzen Schuh gefertigt hat. "Da waren mehrere Arbeitsgänge vonnöten, und eine Person hat immer nur einen Arbeitsgang gemacht und den Schuh dann weitergereicht."

Das ist bei den Kindern nicht drin. Sie "müssen" nach einer Pause ein komplettes Paar Schuhe selbst anfertigen, unter Anleitung von Bea Wirth vom Generationen.Zentrum. Freilich nur Sommerschlappen mit einer Sohle aus Flachs und einem Schaft aus Stoff; Espadrilles also. Genäht wird jedoch — wie früher — von Hand, und am Ende hält jeder Workshopteilnehmer stolz sein eigenes Paar Schuhe in Händen.

"Authentisch und lebensecht"

Dass der Workshop auf Zuspruch stößt, freut Christian Hoyer vom Stadtmuseum. Nach den Tuchmacher-Workshops habe man schon länger mit dem Gedanken gespielt, auch etwas mit Schuhen anzubieten — schließlich gehöre die Schuhmacherei ebenfalls zur Stadtgeschichte, sei sogar ein Alleinstellungsmerkmal. "Und wir haben noch Menschen hier, die das Handwerk wirklich ausgeübt haben." Seeberger und Keller seien authentisch und lebensecht, "sie verkörpern die Schlappenschuster". Das Pilotprojekt ist auf jeden Fall gelungen.

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