Immer mehr Gewalt und Cybermobbing an Bayerns Schulen

31.8.2018, 17:20 Uhr
Immer mehr Gewalt und Cybermobbing an Bayerns Schulen

© Oliver Berg/dpa

Die Zahl der Gewaltdelikte an Bayerns Schulen steigt seit 2015 wieder an. Wenn auch auf einem niedrigen Niveau, wie Justizminister Winfried Bausback und Kultusminister Bernd Sibler (beide CSU) am Freitag in Regensburg sagten. Der Blick in die Polizeistatistik zeigt für 2017 gut 8300 Straftaten, 2015 waren es 7200 Delikte. Besonders die psychische Gewalt durch Mobbing bereitet Politikern und Vertretern von Behörden und Schulen Sorgen. Am Freitag trafen sie sich am Landgericht Regensburg, um über Straf- und Präventionsmaßnahmen zu diskutieren. 

Nachdem die Zahlen seit 2008 stetig zurückgegangen seien, gebe es seit 2015 wieder einen Anstieg, bilanzierte der Oberpfälzer Polizeivizepräsident Thomas Schöniger. Jedoch, sagte Sibler, niemand müsse nächste Woche Angst haben, wieder in die Schule zu gehen. Auffällig ist die Zunahme bei den Körperverletzungen von 1400 im Jahr 2015 auf 2000 im Jahr 2017. Einen Zusammenhang mit der Migration leiteten die Podiumsteilnehmer aus den Zahlen nicht ab. Von den etwa 5100 Tatverdächtigen bei Körperverletzungen an Schulen im Jahr 2017 seien etwa 25 Prozent Nicht-Deutsche gewesen, sagte Schöniger. 

Härtere Strafen für Cybermobbing gefordert

Für Cybermobbing forderte Bausback härtere Strafen – und zwar bis zu zwei Jahre Haft. Bislang werde Cybermobbing als Beleidigung mit einer Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Haft bestraft. Die Auswirkungen auf ein Opfer seien bei Mobbing im Internet wesentlich größer als bei Beleidigungen im analogen Leben, begründete Bausback diese Forderung. Sanktionen müssten die Auswirkungen auf ein Opfer abbilden. Das sei bislang bei Cybermobbing nicht der Fall. 

Das Thema lag der Bezirksschülersprecherin der Oberpfalz, Konstanze Frauendorfer, besonders am Herzen, die aus Sicht der Schüler berichten konnte. Wichtig sei, dass Schüler neutrale Ansprechpartner hätten. Ihnen trauten sie sich eher anzuvertrauen als etwa Lehrern, die die Schüler auch benoten müssten. Hier sagte Minister Sibler Hilfe zu. Im neuen Schuljahr sollen 40 weitere Schulpsychologen sowie 60 Schulsozialpädagogen eingestellt werden. 

 

Für die Landtags-Grünen erklärte deren bildungspolitischer Sprecher Thomas Gehring: "Die CSU-Staatsregierung nimmt das Thema Gewalt an Schulen nach wie vor nicht ernst genug. Nicht anders lässt es sich erklären, dass die Anträge unserer Fraktion, die Fälle von Gewalt gegen Lehrerinnen und Lehrer in Bayern systematisch zu erfassen, immer wieder abgelehnt werden." In anderen Bundesländern sei dies längst Standard. "Wer gegen eine systematische Erfassung ist, tabuisiert das Thema und lässt diejenigen, die an Bayerns Schulen Opfer physischer, und psychischer Gewalt oder Opfer von Cyber-Mobbing werden, im Stich." 

Beachtung von Gewalt gegen Lehrer 

Als "schleichendes Gift" bezeichnete FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen laut Mitteilung Gewalt und Mobbing an Bayerns Schulen. Er sieht dadurch die Entwicklung der Kinder gefährdet. Zudem fordert er eine Enttabuisierung des Themas Gewalt gegen Lehrer. Der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbandes, Michael Schwägerl, forderte mehr zeitliche Ressourcen für unterstützende Maßnahmen an Schulen und in Schulberatungsstellen. Zudem sollte das Thema Gewalt an Schulen bei Fortbildungen stärker berücksichtigt werden. 

Als ein zwar altmodisches, aber bewährtes Mittel gegen Gewalt nannte Sibler Werte wie Respekt und Empathie. Das sei die Grundwährung im Verhältnis zwischen Lehrern, Schülern und Eltern. Das sieht auch Jürgen Böhm, Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands (brlv), so und verwies laut Mitteilung auf Demokratiebildung und Werteerziehung an den Schulen. Toleranz, Verständnis, Empathie und Fairness müssten jungen Menschen gerade in der heutigen Zeit und dringend vermittelt werden. Sibler nahm hier die Eltern in die Pflicht. Lehrer könnten nur auf der Basis weiterarbeiten, die zu Hause gelegt worden sei. 

Als Erfolgsmodell stellte Bausback das Projekt Teen-Court vor und kündigte an, dass noch in diesem Jahr auch in Regensburg solch ein Schülergericht eingerichtet werden soll. Dabei legen Schüler Strafen für Gleichaltrige fest. Wenn sich die "verurteilten" Straftäter an die Sanktionen wie vorübergehende Abgabe des Handys halten, sieht die Staatsanwaltschaft von einer weiteren Verfolgung ab. Gerade bei kleineren Straftaten seien Teen-Courts ein wertvolles Instrument, sagte Bausback. Oft sei es effektiver, wenn Gleichaltrige sagen, "so geht es nicht", als wenn Erwachsene dies tun. 


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