Immer mehr Kinder in Bayern müssen hungrig zur Schule

13.10.2018, 05:39 Uhr
Immer mehr Kinder in Bayern müssen hungrig zur Schule

© Foto: Daniel Karmann/dpa

Wer nichts im Magen hat, kann sich schlecht konzentrieren. Da geht es Kindern nicht anders als Erwachsenen. Doch Kinder fühlen den Hunger oft nicht, weil sie morgens nie ein Frühstück haben, erklärt Lehrerin Sieglinde Stanzl. "Sie werden dafür extrem zappelig und manchmal auch aggressiv." Der angespannte Zustand der Kinder wirke sich auf das gesamte Klima in der Klasse aus, erzählt die Pädagogin. Stanzl unterrichtet an einer Münchner Grundschule mit einem Migrantenanteil von 85 Prozent.

Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin ist Stanzl auch Projektleiterin der BLLV-Initiative "denkbar" sowie des fast gleichlautenden Projekts "denkbaR", das vom bayerischen Sozialministerium betreut wird. Dort hat man allerdings andere Kriterien für die Förderung. Hier kommen nicht alle bedürftigen Schulen, die sich bewerben, zum Zuge, sondern nur diejenigen in bestimmten, von der Staatsregierung ausgewiesenen Regionen.

Auch Kinder aus wohlhabenden Familien betroffen 

Es handelt sich dabei um Städte und Landstriche, die einen besonders hohen Anteil von Hartz-IV-Beziehern aufweisen. Bamberg, Bayreuth, Coburg, Aschaffenburg, Hof, die Landkreise Kronach, Kulmbach, Lichtenfels und Wunsiedel gehören dazu.

Stanzl kann einige der Fördermaßstäbe nicht ganz nachvollziehen. Jedes Ballungszentrum verfüge über als prekär geltende Viertel. Außerdem sei Armut kein Indikator dafür, die eigenen Kinder nicht gut zu versorgen. Es gebe mittlerweile immer mehr Kinder aus wohlhabenden Familien, die massiv vernachlässigt würden.

Während der Freistaat mit seinem Frühstücksprojekt nur Grundschulen und förderbedürftige Kinder im Grundschulalter unterstützt und voraussetzt, dass das Frühstück vor dem Schulbeginn stattfindet, versucht der BLLV die übrigen Schulen und Schularten, die aus diesen Rastern fallen, aufzufangen. "Wir unterstützen jede Schule, die ihren Bedarf anmeldet und prüfen den Einzelfall", erläutert die Projektleiterin das Prozedere.

Ernährungslotsen im Einsatz

Die betroffenen Schulen bekommen nicht nur Spenden zum regelmäßigen Einkauf gesunder Lebensmittel, sondern auch sogenannte ehrenamtliche Ernährungslotsen finanziert, die das Frühstück organisieren und die Kinder über gesunde Ernährung aufklären. "Viele Kinder kennen es nicht, dass man gemeinsam am Tisch sitzt und eine Mahlzeit einnimmt", erzählt Stanzl. Doch gerade der soziale Aspekt dieser Schulfrühstücke sei sehr wichtig. Man komme dabei auch mit schwierigen Schülern ins Gespräch und die Lernatmosphäre sei wesentlich entspannter, wenn die Kinder nicht mit knurrenden Mägen auf ihren Stühlen säßen.

Stangl führt den steigenden Bedarf der Schulen an einem Schulfrühstück auf die zunehmende Armut in Bayern und das Auseinanderdriften der Gesellschaft zurück. "An den Schulen werden neue Entwicklungen immer zuerst und wie durch ein Brennglas sichtbar," erzählt sie. Dort kämen eben alle sozialen Schichten zusammen.

Auch in der Region profitieren gut 35 Schulen von der Frühstücksinitiative des BLLV, die vor sechs Jahren ins Leben gerufen wurde. Darunter Schulen in Fürth und Nürnberg, aber auch in Amberg, Neumarkt, in den Landkreisen Tirschenreuth, aber auch im weiter entfernten Weiden und in der Stadt Regensburg.

Jahrelang hatten die Sternstunden des BR das Projekt mit hohen Summen unterstützt. Mittlerweile wurden neue Unterstützer gefunden, darunter etliche namhafte Medienhäuser, die auf der Homepage des Projekts eingesehen werden können. Doch natürlich ist der BLLV froh, über jede weitere Spende, um das Projekt im Freistaat in die Breite zu bringen. Auf der Homepage befindet sich ein Bewerbungsformular zum Herunterladen für Schulen, die mitmachen möchten unter www.bllv.de/projekte/soziales-engagement/schulfruehstueck

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