Jungen missbraucht? Augsburger Kinderarzt verhaftet

16.10.2014, 19:59 Uhr

In Augsburg ist ein Kinderarzt wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern verhaftet worden. Der 39 Jahre alte Krankenhausarzt soll sich zwischen Juni 2012 und August 2014 mindestens vier Mal in München, Augsburg und im Raum Hannover an Jungen vergangen haben. Insbesondere das Verbrechen an einem Fünfjährigen im niedersächsischen Garbsen sorgte im Sommer für Schlagzeilen. Der Bub war in ein Auto gelockt, missbraucht und nach zwei Stunden wieder freigelassen worden. Die Bevölkerung reagierte schockiert, die Polizei suchte mit Flugblättern nach dem Täter.

Polizei und Staatsanwaltschaft berichteten am Donnerstag in Augsburg über das Vorgehen des Täters: "In allen Fällen näherte sich der mutmaßliche Täter Buben im Alter von vier bis sieben Jahren und überredete diese, sich zu entkleiden. Anschließend nahm er sexuelle Handlungen sowohl an den Kindern als auch an sich selbst vor." Nun werde geprüft, ob der Arzt für weitere Übergriffe auf Kinder infrage komme. Hinweise, dass der Mann sich auch in den Krankenhäusern, in denen er arbeitete, an Kindern vergangen hat, gibt es bisher nicht. "Die bekannten Fälle haben sich nicht in Kliniken zugetragen", sagte Christian Engelsberger, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg.

Gegen den 39-Jährigen lag zum Wochenbeginn ein Haftbefehl vor, nun sitzt er in Untersuchungshaft. Bei einer Razzia wurden "die von ihm genutzten Räumlichkeiten" durchsucht und Beweismittel sichergestellt, berichteten die Ermittler. Durchsuchungen gab es nicht nur in den beiden Wohnungen des Mannes, sondern auch in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und im Augsburger Klinikum. Der Verdächtige wurde dann am Dienstagabend in seiner Wohnung in Augsburg festgenommen. Er mache zu den Vorwürfen keine Angaben, hieß es. Der Mann hatte sowohl in Augsburg wie auch in Hannover Wohnungen.

Die MHH berichtete, dass der Mann zuletzt als Assistenzarzt in dem Universitätskrankenhaus gearbeitet habe. "Wir sind betroffen und fassungslos", sagt MHH-Vizepräsident Andreas Tecklenburg. Der 39-Jährige sei seit dem 1. September 2013 als Assistenzarzt auf der Intensivstation der Kinderklinik beschäftigt gewesen. Es gebe keinerlei Hinweise oder Beschwerden, dass es dort zu Auffälligkeiten gekommen sei, heißt es in einer Mitteilung.

Das Augsburger Klinikum erklärte, dass der Verdächtige vor seiner Tätigkeit in Hannover dort auf der Intensivstation beschäftigt war. Er habe damals aber keine Möglichkeit gehabt, über einen längeren Zeitraum mit Patienten allein zu sein. "Dies lässt der Charakter einer Intensivstation (...) gar nicht zu", betonte das schwäbische Klinikum in einer Stellungnahme.

Wie die Polizei in Hannover berichtete, soll der Mann am 18. August einen Fünfjährigen überfallen haben, der allein mit seinem Kinderfahrrad in Garbsen unterwegs war und mittags plötzlich verschwand. Der Bub wurde in eine Wohnung verschleppt, missbraucht und später wieder freigelassen. Die Kripo in der niedersächsischen Hauptstadt bildete nach dem Verbrechen eine rund 20 Beamte starke Ermittlungsgruppe, um den Fall aufzuklären. Dabei ergaben sich die Verbindungen nach Bayern. Der Fall in Garbsen sei "der dramatischste" gewesen, die anderen hätten sich aber ähnlich zugetragen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, Christian Engelsberger.

An dem Fall arbeiten Ermittler aus Augsburg, Hannover und München gemeinsam. Auch sogenannte Profiler waren beteiligt. Diese Kripo-Spezialisten erstellen Persönlichkeitsprofile von unbekannten Straftätern. Der Verdacht gegen den Mann ergab sich insbesondere durch die aufgezeichneten Handydaten des 39-Jährigen. Sie zeigten, dass der Mann wohl in Garbsen in Tatortnähe war und ebenso bei zwei weiteren Fällen vom vergangenen Sommer in Augsburg. Eine nach der Festnahme durchgeführte DNA-Analyse belaste den Mann ebenfalls, erklärte Engelsberger.

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