Kardinal Marx zur Missbrauchsstudie: "Ich schäme mich"

25.9.2018, 19:25 Uhr
Kardinal Reinhard Marx zeigt sich angesichts der Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche zutiefst beschämt.

© Arne Dedert/dpa Kardinal Reinhard Marx zeigt sich angesichts der Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche zutiefst beschämt.

"Ich schäme mich", sagte der Erzbischof von München und Freising am Dienstag bei der Vorstellung der von der DBK beauftragten Studie in Fulda. Alleine in Bayern sind laut Mitteilungen der sieben Erzbistümer und Bistümer Hunderte beschuldigte Kleriker und eine noch einmal deutlich größere Zahl an Betroffenen ermittelt worden.

Marx sagte, den Opfern sei zu wenig zugehört worden. Zudem sei "vertuscht, weggeschaut und geleugnet" worden. Das Thema sei noch nicht überwunden. Marx bezeichnete die Veröffentlichung der Untersuchung als "wichtigen Tag für die Geschichte der Kirche in Deutschland". Sie sei vielleicht ein Wendepunkt für alles, was in der Zukunft beachtet und getan werden müsse. Es gehe um eine "Schuldgeschichte, die man nicht verdrängen kann", sagte der Kardinal.

3.677 Opfer

Die Studie "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" soll Aufschluss über das Ausmaß sexuellen Kindesmissbrauchs in der katholischen Kirche geben und aufzeigen, welche strukturellen Mängel zu massenhaftem Missbrauch führen konnten, wie er seit 2010 aufgedeckt wurde. Die Forscher fanden bei der Durchsicht von Akten der Jahre 1946 bis 2014 Hinweise auf Beschuldigungen von 1.670 Klerikern und machten 3.677 Opfer aus.

Im Erzbistum Bamberg ergab die Durchsicht der 1.711 Personalakten in 41 Fällen einen Hinweis auf Missbrauch und Grenzverletzungen. Dabei seien 88 Opfer zwischen vier und 20 Jahren ermittelt worden. In sieben Fällen sollen die Übergriffe über Jahre hinweg geschehen sein. In Marx' Erzbistum München und Freising wurde bereits im Jahr 2010 ein eigenes Gutachten erstellt. Damals wurde herausgefunden, dass 159 Priester, 15 Diakone, 96 Religionslehrer und sechs weitere Mitarbeiter Kinder sexuell missbraucht oder anders körperlich misshandelt haben.

Im Bistum Würzburg wurden laut einer Mitteilung insgesamt 1.131 Personalakten ausgewertet. Dies habe ergeben, dass 62 Kleriker des Missbrauchs beschuldigt wurden und 157 Personen betroffen sind. Bei den Beschuldigten handelt es sich um 48 Priester des Bistums, um elf Ordenspriester und zwei Diakone. In Eichstätt wurden nach Durchsicht der Akten zehn Priester als Täter ermittelt. Sechs der aufgelisteten Vorfälle seien zwischen 1957 und 1978 erfasst, zwei in den 1980er und 90er Jahren sowie zwei nach dem Jahr 2000. Die Zahl der bekannt gewordenen Betroffenen dieser Täter betrage 29, teilte das Bistum mit.

Im Bistum Regensburg wurden den Angaben zufolge 1.681 Akten gesichtet. Insgesamt 65 Kleriker - darunter Weltpriester, Ordensleute und Diakone - gelten als Beschuldigte, die Zahl der Opfer liegt bei 159. Mehr als die Hälfte der Opfer war zwischen sieben und 13 Jahren alt, in vielen Fällen fanden die Übergriffe in den Wohnungen der Kleriker statt. Im Bistum Passau wurden 608 Personalaktengesichert - daraus und aus weiteren Hinweisen ergaben sich insgesamt 28 Beschuldigungen. Wie viele Betroffene es durch die Kleriker gab, dazu nannte das Bistum keine konkreten Zahlen.

Im Bistum Augsburg wurden 1.483 Personalakten gesichtet. Daraus hätten sich 164 Opfer und 85 Beschuldigte ergeben, teilte die Diözese mit. Zwei Drittel der Opfer waren Jungen, ein Drittel Mädchen. Die Hälfte der Betroffenen sei beim ersten Missbrauch unter 13 Jahren alt gewesen. 65 Betroffene hätten bis Ende 2017 Anträge auf Entschädigungsleistungen gestellt.

Marx sagte, zur Aufarbeitung müsse noch mehr getan werden. "Sexueller Missbrauch ist ein Verbrechen. Wer schuldig ist, muss bestraft werden", betonte er. Der Münchener Erzbischof beklagte, dass zu lange zugunsten des Schutzes der Institution und von Bischöfen und Priestern weggeschaut worden sei. Zudem kritisierte er Machtstrukturen innerhalb der Kirche und einen Klerikalismus, "der Gewalt und Missbrauch begünstigt hat".

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