Kinderarzt missbraucht 21 Jungen - auch in Nürnberg

23.11.2015, 16:45 Uhr
Kinderarzt missbraucht 21 Jungen - auch in Nürnberg

© dpa

Ein Kinderarzt hat vor dem Augsburger Landgericht den sexuellen Missbrauch von 21 Jungen zugegeben. Am ersten Prozesstag sagte der 40-Jährige am Montag, in der Untersuchungshaft und durch Gespräche mit einem Gutachter sei er zu der Überzeugung gekommen, dass es nur den Weg gebe, die ihm vorgeworfenen Taten „vollständig einzuräumen“.

Die Staatsanwältin hatte zuvor rund zwei Stunden lang die Vorwürfe gegen den Mann aufgelistet. Demnach hatte der Mediziner die unter 14 Jahre alten Buben oftmals in Augsburg und München in Tiefgaragen oder Keller gelockt, um sich an ihnen zu vergehen.

Der Augsburger wurde gefasst, nachdem er im August 2014 im niedersächsischen Garbsen einen Fünfjährigen entführt und missbraucht hat. Laut Anklage hatte der Kinderarzt damals einen Fünfjährigen in sein Auto gelockt, in seiner Zweitwohnung in Hannover betäubt, brutal missbraucht und nach zwei Stunden wieder freigelassen. Der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.

In weiteren Fällen soll sich der Mann an den Söhnen von zwei Freundinnen vergangen haben. Dabei soll er auch im Urlaub die Kinder missbraucht haben, Tatorte waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hotels in Nürnberg und im US-amerikanischen Orlando in Florida sowie ein Freizeitpark im rheinischen Brühl. Zudem soll der Mann seine Tätigkeit als Chefarzt des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) ausgenutzt haben, um unter Vorwand Ausflüge für Grundschüler anzubieten. Obwohl das BRK von den Ausflügen nichts wusste, soll der Mann dreimal mit Kindern in den Raum München gefahren sein und dabei sich auch an den Schülern vergangen zu haben.

Dem Mann drohen bis zu 15 Jahre Haft, nach Ansicht der Staatsanwältin kommt auch die Sicherungsverwahrung in Betracht. Der 40-Jährige hatte in der Vergangenheit als Kinderarzt im Klinikum Augsburg und zuletzt an der Medizinischen Hochschule Hannover gearbeitet, zwischenzeitlich war er auch am Deutschen Herzzentrum in München tätig. Wenige Wochen nach der Entführung in Garbsen wurde der Mann festgenommen. In der Folge stießen die Ermittler auf immer neue Verdachtsfälle, die bis ins Jahr 1998 zurückreichen.

Die Staatsanwaltschaft hat die Fälle in zwei Anklagen aufgelistet. Nachdem die Hauptanklage mit 20 Opfern fertiggestellt war, reichten die Ermittler noch eine weitere Anklage nach, in der es um den Sohn einer früheren Kollegin des Mannes ging. In vielen Fällen soll der Mann die Opfer auch fotografiert und die Bilder gespeichert haben. Das Gericht hatte für den Prozess bis kommenden März ursprünglich 30 Verhandlungstage eingeplant.