Kletterhallen-Ärger: Alpenverein kämpft um Status

21.12.2017, 10:24 Uhr
Kletterhallen-Ärger: Alpenverein kämpft um Status

© Foto: Klaus-Dieter Schreiter

Neu ist der Streit um diese rechtliche Grauzone nicht – und bei Weitem nicht auf das deutschlandweite Netz der rund 200 DAV-Kletterhallen beschränkt. Wo immer als gemeinnützig anerkannte Vereine mit Hilfe öffentlicher Zuschüsse besondere Sportanlagen errichten und betreiben oder Fitnessstudios eröffnen, stellt sich nicht nur Steuerrechtlern die immer gleiche Frage: Wo verläuft die Grenze vom Vereinsleben zum Kommerz?

Für Thomas Bucher, Sprecher der DAV-Bundesgeschäftsstelle in München, ist die Antwort denkbar einfach: "Wir sind kein Gewerbe, sondern ein Sportverein." Als solcher biete der DAV unter anderem in seinen Hallen nicht nur Breitensport, wie Wandern, Skifahren oder Klettern, sondern auch Bildungsangebote für Jugendliche, Behindertensport oder Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund. "Es besteht also ein öffentliches Interesse", so Bucher. Und dieses rechtfertige beispielsweise die öffentliche Förderung von DAV-Kletterhallen. Daneben genießen gemeinnützig anerkannte Vereine steuerliche Vorteile.

Unzulässige Sportförderung

Nicht zuletzt deshalb klagen private Hallenbetreiber über unfaire Wettbewerbsnachteile, wie ein langjähriger Streit aus Berlin zeigt. Dort entschied das Oberverwaltungsgericht zu Wochenbeginn, dass die DAV-Sektion Berlin für ihre Kletterhalle für einen begrenzten Zeitraum eine unzulässige Sportförderung erhalten hat – in Form einer vergünstigten Miete für ein Grundstück. Nun heißt es: Nachzahlen für die fragliche Sektion. "Aber an sich ist die öffentliche Förderung von DAV-Kletterhallen zulässig und mit den Bedingungen des EU-Binnenmarktes vereinbar", sagt DAV-Hauptgeschäftsführer Olaf Tabor mit Blick auf das Urteil.

Geklagt hatte der private Kletterhallenverband Klever, der das Urteil genau gegensätzlich wertet: Das Gericht habe festgestellt, dass der Betrieb von Kletterzentren eine wirtschaftliche Tätigkeit darstelle. Der Klever-Vorsitzende Bruno Vacka fordert deshalb die sofortige Auslagerung der DAV-Hallen in GmbHs. Für Außenstehende ist die Lage schwer zu beurteilen: Das Gericht hat die schriftliche Urteilsbegründung noch nicht veröffentlicht. Unabhängig davon gibt es auch in der Metropolregion Nürnberg private Hallenbetreiber, die angesichts unterschiedlicher Rahmenbedingungen für kommerzielle Anbieter und Vereine die Nase rümpfen.

Einer von ihnen ist Albrecht Waasner, Geschäftsführer der Kletterhalle Magnesia in Forchheim. "Wenn die Kletterhalle eines Vereins das gleiche Angebotsspektrum abdeckt, wie die eines kommerziellen Anbieters, dann hat das mit Verein nicht mehr viel zu tun."

In diesem Fall müsse die Kletterhalle des Vereins ausgegliedert und zu den gleichen Konditionen wie die der privaten Konkurrenz betrieben werden, fordert Waasner. Er habe schließlich die 1,5 Millionen Euro für seine Halle auch selbst aufbringen müssen. "Von der Stadt Forchheim habe ich dafür null Euro Zuschuss erhalten."

Das Amtsgericht in Darmstadt kam in der Frage "Gewerbe oder nicht?" in einem hessischen Fall vor einiger Zeit ebenfalls zu einer anderen Einschätzung als der DAV.

Es hat deshalb angeordnet, dass sich die örtliche Sektion mit ihrer Kletterhalle als Gewerbe ins Handelsregister eintragen muss – "zusätzlich", betont jedoch der DAV und ergänzt: Immerhin habe das Oberlandesgericht Frankfurt der Sektion Recht gegeben und argumentiert, "dass der Kletterhallenbetrieb den Vereinscharakter nicht beschädigt und deshalb auch keine Löschung aus dem Vereinsregister erfolgen muss".

Weitreichende Konsequenzen?

Gleichwohl bekräftigte das OLG-Senat Frankfurt, dass es sich bei der Darmstädter Kletterhalle um ein Gewerbe handelt, "das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert". Setzt sich diese rechtliche Sichtweise durch, könnte das weitreichende Konsequenzen haben – nicht nur für den DAV, der womöglich doch sein Kletterhallen-Netz neu organisieren muss.

Eine solche Signalwirkung, die Auswirkungen auf andere DAV-Sektionen oder gar die gesamte Kletterhallenlandschaft des Alpenvereins haben könnte, sieht der Verband hingegen nicht: "Der Eintrag ins Handelsregister bringt nämlich keine nennenswerten Konsequenzen mit sich." Vielmehr habe das OLG seinerzeit festgestellt, dass die beschränkte Möglichkeit des Kletterns für Nichtmitglieder im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs der Gemeinnützigkeit nicht schade.

Im Übrigen, sagt DAV-Hauptgeschäftsführer Tabor, würden die DAV-Kletterhallen steuerlich sauber getrennt von den übrigen Vereinsbelangen behandelt – und außerdem diesbezüglich wie kommerzielle. Aus diesem Grund habe der DAV für seine Kletterhallen nicht die Betriebsform der GmbH gewählt. "Es ist einfach nicht nötig", ergänzt Tabor.

Auch auf dem Land

Der Alpenverein hat in der Bundesrepublik knapp 1,2 Millionen Mitglieder. Allein im Umkreis von 100 Kilometern rund um Nürnberg gibt es laut einer Abfrage auf der DAV-Internetseite über 60 Sektionen und Ortsgruppen, von denen Nürnberg (10 743 Mitgliedern), Erlangen (8625) und Bamberg (5888) die größten sind.

Seit über drei Jahrzehnten, beschreibt DAV-Sprecher Bucher, bemühe sich sein Verband, ein Kletterhallennetz aufzubauen – "und das auch auf dem Land und nicht nur, wie Private, in den Ballungsräumen".

Bis im Frühjahr 2019 soll in Erlangen eine der größten Kletteranlagen in der Metropolregion entstehen. Finanziert wird das DAV-Projekt auch mit Hilfe eines städtischen Zuschusses in Höhe von 600 000 Euro. Ebenfalls gebaut wird aktuell eine Kletterhalle in Neumarkt in der Oberpfalz, geplant ist eine in Bad Windsheim (Kreis Neustadt/ Aisch-Bad Windsheim). Ähnliche Zentren gibt es in Hersbruck, Feucht und Altdorf im Nürnberger Land.

Rund 200 der republikweit bis zu 450 Kletterhallen sind in DAV-Besitz. Eingerechnet sind Einrichtungen, die über 100 Quadratmeter groß und öffentlich zugänglich sind. Nur durch das Engagement des DAV habe überhaupt eine Indoor-Kletterszene entstehen können, meint DAV-Sprecher Thomas Bucher. "Wir konzentrieren uns nicht darauf, wo wir Geld verdienen können, sondern wo Bedarf besteht."

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