Klimawandel macht Reichswald schwer zu schaffen

23.2.2019, 05:50 Uhr

Die Motorsäge ist seit einigen Tagen im "Siedlerwäldchen" in Zabo gut zu hören. Der beliebte Spazierweg, der oft von Senioren und Kindergarten-Gruppen genutzt wird, ist gesperrt. Die Fällarbeiten sind zu gefährlich. Große Rückefahrzeuge mit überbreiten Reifen fahren lange Fichten aus dem Reichswald heraus. Es sind riesige Bäume, die wegen des heißen Sommers und des trockenen Herbstes 2018 abgestorben sind.

Die Stämme müssen rasch aus dem Wald herausgebracht werden, ehe unter der Rinde hausende Schädlinge wie der Borkenkäfer ausfliegen. Früher war das Ausschwärmen erst im Mai zu beobachten. "Doch durch den Klimawandel hat sich der Zeitpunkt deutlich nach vorne verschoben. Darum fällen wir jetzt", sagt Johannes Wurm, Leiter des Forstbetriebs Nürnberg. Er ist für 24.000 Hektar Reichswald östlich von Nürnberg und Erlangen zuständig.

Wurm blickt nachdenklich auf die großen, alten Kiefern, die immerhin noch 67 Prozent des gesamten Baumbestands ausmachen. "Dass die Kiefer derart stark auf das sich verändernde Klima reagiert, macht uns besorgt", sagt der 42-Jährige. Er hat den beliebten Nadelbaum für deutlich robuster eingeschätzt. Ob die Laubbäume ähnlich stark gelitten haben, lässt sich erst nach dem Austrieb im Frühjahr feststellen. Die Zahl der festgestellten Schadensfälle kann dann noch einmal enorm nach oben schnellen.

Klimawandel macht sich auch in Tierwelt bemerkbar

Die Bayerischen Staatsforsten bauen ihre Wälder schon seit längerem um: Kiefern werden deutlich weniger nachgepflanzt, dafür sollen mehr Tannen und Douglasien wachsen — und bei den Laubbäumen: Eiche, Buche, Ahorn oder Esskastanie. Die Fachleute vermuten, dass sie mit den klimatischen Veränderungen besser zurecht kommen.

Klimawandel heißt für Nürnberg keineswegs "fränkische Toskana", sondern: längere Trockenperioden, Hitze, zunehmende Stürme und gleichbleibende Niederschlagsmengen, dafür aber öfter Starkregen. Früher gab es alle zehn bis 15 Jahre heftige Stürme in Franken, meint Wurm, jetzt müsse man sich alle zwei, drei Jahre darauf einstellen.


Interview: Söder will weniger Ideologie beim Klimaschutz


Nur: Welche Baumarten eignen sich am besten? Hierüber diskutieren Fachleute aktuell recht kontrovers. Denn Bäume, die Hitze und Trockenheit gut verkraften, sind nicht unbedingt gut für die hiesige Fauna. "Fremdländische Arten sollte man unbedingt vermeiden", sagt Biologe Wolfgang Dötsch vom Bund Naturschutz (BN), "die Amerikanische Roteiche oder die Amerikanische Traubenkirsche sind nichts für unsere heimischen Insekten, sondern nur für ganz spezialisierte Insektenarten."

Die hiesige Eiche biete dagegen 500 Insektenarten Nahrung, unterstreicht Dötsch. Gerade wegen des Artensterbens, das dramatische Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem haben könnte, sollten heimische Baumarten nachgepflanzt werden. Gewächse wie die vom Staatsforst geschätzte Douglasie seien für hiesige Insekten "Eine Katastrophe", meint der BN-Mitarbeiter.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf Frankens Tierwelt macht Dötsch unter anderem an den Libellen fest: Die Moosjungfer, die in moorigen, feuchten Gebieten des Reichswalds vorkommt, sei auf dem Rückzug. Dagegen sind wärmeliebende Arten wie die knallrote Feuerlibelle in der Region jetzt schon deutlich öfter zu sehen.

40 Kommentare