Kommentar: Iranische Haft hat Soltani Jahre gestohlen

22.11.2018, 06:00 Uhr
Endlich frei: Abdolfattah Soltani mit seinem Sohn Houman.

© privat Endlich frei: Abdolfattah Soltani mit seinem Sohn Houman.

Der iranische Menschenrechtsanwalt saß, um es hier gleich deutlich zu sagen, all die Jahre zu Unrecht in Haft. Iran hat den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unterzeichnet. Danach hätte der Jurist nie in seinem Heimatland verurteilt werden dürfen. Insofern ist es kein Gnadenakt des iranischen Mullah-Regimes, wenn der gesundheitlich stark angeschlagene 64-Jährige nun endlich – und nach dem Tod seiner Tochter Homa im August – auf freien Fuß kommt. Es ist eine überfällige Entscheidung. Soltani war ein politischer Häftling.

Der unbeugsame Anwalt hat sich selbst in seiner Heimat für politische Gefangene engagiert. Zusammen mit der iranischen Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi rief er aus diesem Grund 2003 auch ein Menschenrechtszentrum ins Leben. Das, aber nicht nur das, warfen ihm die Mullahs vor. Bereits 2005 musste der Mann wegen seines Engagements 219 Tage ins Gefängnis.

2009 erhielt Soltani den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis für seinen unerschrockenen Einsatz. Auch das führte zwei Jahre später schließlich zu seiner Verurteilung und einer Haftstrafe von 13 Jahren und einem 20-jährigen Berufsverbot. Die Machthaber in Teheran fürchten, wie so viele Potentaten und Regime dieser Welt, den Einsatz für Freiheit, Gerechtigkeit und Unabhängigkeit.

Großes Leid für Familie

Soltanis Familie, allen voran die in Nürnberg lebende Tochter Maede, hat sich unermüdlich für den Menschenrechts-Preisträger und seine Freilassung aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran eingesetzt. Soltanis Familie leidet seit langem unter dem Unrechtsregime. Masoumeh Dehgan, die Ehefrau des Anwalts, wurde 2012 von einem Tribunal selbst zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Weil sie stellvertretend für ihren Mann den Menschenrechtspreis in Nürnberg entgegengenommen hatte. Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly sprach damals nach dem Urteil von einer "Sippenhaft" für die Familie. Shirin Ebadi führt den Tod der erst 27-jährigen Homa Soltani im Sommer auch auf die Sorge um ihren Vater zurück.

Viele Unterstützer

Die Liste der Unterstützer Soltanis ist lang: Vereinte Nationen, Europäisches Parlament, die Bundesregierung, Amnesty International, Anwalts- und Richterorganisationen, die Stadt Nürnberg und zahlreiche engagierte Bürgerinnen und Bürger sorgten dafür, dass das Schicksal des von seiner Haft und Krankheit gezeichneten Mannes nicht vergessen wurde. Für Regime wie das in Teheran ist es nicht angenehm, dass sie immer wieder öffentlich auf ihr gesprochenes Unrecht hingewiesen werden.
Nicht zu unterschätzen ist dabei auch die Bedeutung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises. Der lenkt die Aufmerksamkeit weltweit auf Preisträger, die sich für andere einsetzen und Unrecht öffentlich machen. So wie jüngst die Fotografengruppe "Caesar" aus Syrien. Oder davor Jacqueline Nabagesera aus Uganda, die sich für die Rechte von Schwulen und Lesben in ihrem Heimatland und weltweit einsetzt. 

Bei aller Freude über Soltanis Freilassung: Keine Hoffnungen sollte man sich machen, dass das Regime in Teheran nun einen anderen Kurs einschlagen wird.
Abdolfattah Soltani hat sich immer so sehnlich gewünscht, nach Nürnberg zu kommen. 2009 hatte ihn das Regime noch am Flughafen kurz vor dem Abflug zur Preisverleihung daran gehindert. Jetzt besteht die große Chance, dass die Stadt des Friedens und der Menschenrechte ihren Preisträger nach den "gestohlenen Jahren"(Maly) doch noch persönlich begrüßen kann.


"Gute Nachricht": Nürnberger Stimmen zur Freilassung Soltanis


 

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