Kotzenauracherin für Kampf gegen Asyl-Misstand geehrt

30.12.2014, 11:58 Uhr
Kotzenauracherin für Kampf gegen Asyl-Misstand geehrt

© Jean-Pierre Ziegler

Susanne Schönwiese sitzt mit ihrer Tochter Emily und dem Fürther Grünen-Bundestagsabgeordneten Uwe Kekeritz im Restaurant der vornehmen Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft. In dem Palais direkt neben dem Reichstag geht es diesmal um große Politik im Kleinen.

Schönwiese lebt in Kotzenaurach, wo zeitweise fast so viele Asylbewerber wie Einheimische lebten. Die ersten Flüchtlinge kamen 2012, ohne dass auch nur ein Bewohner Bescheid wusste. Und das obwohl hier jegliche Infrastruktur fehlt. Es gibt keinen Bus und die nächste Einkaufsmöglichkeit ist sieben Kilometer entfernt.

Die Kotzenauracher Unterkunft.

Die Kotzenauracher Unterkunft. © Harald Munzinger

"Die Ansässigen fühlten sich fremd im eigenen Ort", klagte Schönwiese im Juli dieses Jahres. Und: "Wir sind nicht mehr die Regel, wir sind die Ausnahme." Trotzdem hat Uwe Kekeritz sie als eine der Personen vorgeschlagen, die im Weltsaal des Auswärtigen Amtes von der Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz, für ihr Engagement geehrt werden.

Warum? "Ohne Susanne Schönwiese wäre die Situation eskaliert", sagt Kekeritz. Sie hat unzählige Mails an die Behörden geschrieben. Schließlich brachte sie eine Petition in den Landtag ein, bei der sie weniger Flüchtlinge in Kotzenaurach forderte, weil sonst Integration nicht möglich sei.

Ihr dürfte es auch zu verdanken sein, dass der Unmut der Bewohner sich nicht gegen die Flüchtlinge, sondern "ignorante Behörden" richtete, wie Kekeritz es formuliert. Schönwiese kümmerte sich um die Neuankömmlinge. So hat sie ihre Scheune zu einem Spielplatz für die Kinder der Asylbewerber umgebaut. Außerdem organisierte sie Fahrdienste, half bei der Wohnungssuche, Behördengängen und war auch bei Notfällen vor Ort. "Das ist ein weiterer Grund, warum ich sie vorgeschlagen habe", sagt Kekeritz.

Schönwieses Petition hatte Erfolg. Der Landtag entschied, dass maximal 25 Asylbewerber in Kotzenaurach untergebracht werden dürfen. Auch wenn das in Schönwieses Augen noch immer zu viele sind, war das ein wichtiges Signal: "Wir haben den Politikern das Problem bewusst gemacht."

Der Aufwand war enorm, aber nicht vergeblich. Ein weiterer kleiner Ort in Oberbayern ohne ausreichende Infrastruktur war für die Unterbringung im Gespräch – doch die Petition verhinderte das. Und der Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim veröffentlicht seitdem im Internet, wo wie viele Asylbewerber untergebracht sind.

Die gelernte Dolmetscherin Schönwiese ist trotzdem noch nicht zufrieden. "Es ist wichtig, dass auch auf Landkreisebene die Flüchtlinge fair verteilt werden", sagt sie. Die 53-Jährige plädiert für dezentrale Unterbringung in kleinen Einheiten – und einen Dialog. Auch auf Stadt- oder Ortsebene müsse es runde Tische geben, bei denen sich Bewohner und Politiker regelmäßig austauschen.

Es fehlte ein Vermittler

Aus ihrer Erfahrung mit den Flüchtlingen vor Ort weiß sie zudem, wie wichtig Dolmetscher sind. Es habe auch schon einen Notfalleinsatz gegeben, weil sich ein Kind verbrüht hatte. Als die Sanitäter eintrafen, fehlte ein Vermittler. Schönwiese sprang ein - mit einem Dolmetscher wäre die Situation in ihren Augen viel einfacher gewesen.

Trotz aller Strapazen haben Schönwiese und ihre Tochter die neuen Nachbarn ins Herz geschlossen. "Es tut jedes Mal weh, wenn wieder jemand gehen muss", sagt die 14-jährige Emily. Was Susanne Schönwiese motiviert? "Ich will eine gemischte, freie und solidarische Gesellschaft", sagt sie. Sie verspüre eine Verpflichtung, da zu sein, wenn Hilfe nötig ist.

Über die Einladung in die Bundeshauptstadt hat sie sich gefreut. "Ich finde es toll, dass unser Engagement hier wertgeschätzt wird."

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