Kraxeln, um zu retten: Frankens Kletter-Polizei im Einsatz

9.7.2015, 08:47 Uhr
Kraxeln, um zu retten: Frankens Kletter-Polizei im Einsatz

© dpa

Nein, mit Blaulicht zum Einsatzort gelangt Wolfgang Pfeffer in der Regel nicht. Denn dort, wo sein Einsatz gefragt ist, führt meist keine Straße hin. Die Kletterfelsen der Fränkischen Schweiz liegen oft versteckt im Wald oder neben kleinen Dörfern. Statt einer Uniform hat Pfeffer eine Kletterausrüstung dabei. Wolfgang Pfeffer ist der Alpinexperte der oberfränkischen Polizei, was zunächst ungewöhnlich klingt, denn Fachleute fürs Alpine vermutet man bei der Polizei in Berchtesgaden, Garmisch-Partenkirchen oder Oberstdorf. Aber in Bayreuth?

Ja, auch in Oberfranken benötigt die Polizei solche Experten, die in der Kletterwand professionell unterwegs sind und mit alpinem Vokabular vertraut sind. Denn die Fränkische Schweiz gehört zu den wichtigsten Klettergebieten Europas. Und seit Jahren steigt die Zahl der Kletterer an. Sportklettern sei zum Breitensport geworden, sagt Peter Wiesent, Alpinbeauftragter der bayerischen Polizei. Logisch, dass damit auch die Zahl der Unfälle steige.

1.000 Felsen können in der Fränkischen Schweiz beklettert werden, die meisten davon – mit insgesamt 8.000 Kletterrouten – liegen im Dienstgebiet des Polizeipräsidiums Oberfranken. Passieren hier oder auch im Fichtelgebirge oder im Steinwald bei Marktredwitz Unfälle, ist Wolfgang Pfeffer gefragt. Seit 25 Jahren ist er bereits im Deutschen Alpenverein (DAV) aktiv, hat die Fachübungsleiterausbildung absolviert, hat Kletterkurse gegeben. Drei Jahre ließ er sich bei der Polizei zum Alpinsachbearbeiter, so die offizielle Bezeichnung, weiterbilden. Die Fränkische Schweiz, findet er, "ist einfach ein geniales Gebiet". Und Pfeffer muss es wissen, er kennt etliche Klettergebiete in Europa oder auch Südamerika.

Ein Fulltime-Job

Zusammen mit einem Kollegen in Bamberg kümmert er sich seit neun Jahren um Kletterunfälle, aber auch um Vorfälle etwa in Höhlen, in Kletterhallen, in Hochseilgärten oder beim Mountainbiken. Das Fachwissen sei enorm wichtig, um die Ursachen bei schweren oder gar tödlichen Kletterunfällen zu ermitteln, sagt der Vizepräsident der oberfränkischen Polizei, Werner Mikulasch. Ein Fulltime-Job ist das Spezialgebiet Klettern für Pfeffer nicht, eigentlich arbeitet er bei der Bayreuther Kripo.

Die wichtigsten Fragen bei einem Kletterunfall seien: Ist der Vorfall selbst verschuldet, war es Fahrlässigkeit – oder gar eine versuchte Tötung oder ein Tötungsdelikt? Bislang habe er bei tödlichen Unfällen in Oberfranken die Ursache stets klären und ein Verbrechen ausschließen können, sagt der 51-Jährige. Einen tödlichen Unfall pro Jahr gebe es durchschnittlich. Zu den schlimmsten Unfällen, die er untersuchen musste, habe ein Sturz eines Kletterers aus 36 Metern gezählt – vor den Augen eines Kindes.

Die häufigsten Unfallursachen seien "Selbstüberschätzung und Leichtsinn", sagt Pfeffer. „Auf schweren Routen verunglücken kaum Leute. Die meisten Unfälle gibt es auf leichteren Routen – und das von erfahrenen Kletterern.“ Gefährlich sei es auch oft, wenn Menschen in der Halle mit dem Klettern anfangen und dann direkt ins Gelände gehen: „Draußen aber ist es komplett anders als in der Halle.“ Das betont auch Peter Wiesent: "Im Gelände sind ganz andere Faktoren maßgeblich."

Pfeffer rät Kletteranfängern zu einer guten Ausbildung. Und hat auch einen wichtigen Tipp: unbedingt Helm tragen. Seinen Beobachtungen nach haben immer noch zu wenig Sportkletterer einen Helm auf. Dabei sei bei Unfällen die Gefahr von schweren Kopfverletzungen besonders groß.

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