Krise auch in Franken: So viele Bäder stehen vor dem Aus

13.8.2018, 19:49 Uhr
Krise auch in Franken: So viele Bäder stehen vor dem Aus

© Stadt Greding

Wer im Umkreis von Gräfenberg (Landkreis Forchheim) nach einem weiteren 50-Meter-Schwimmbecken sucht, muss weite Wege auf sich nehmen. Und bald müssen Freunde der Langstrecke wohl noch ein bisschen weiter fahren. Denn das 50-Meter-Becken im Gräfenberger Freibad wird vermutlich bald der Vergangenheit angehören, es ist schlicht zu teuer für die Stadt. Ein kleineres Becken könnte die Kommune künftig entlasten.

"Momentan bekommen wir noch jedes Jahr eine Verlängerung für ein Jahr durch das Gesundheitsamt", teilt die Stadt mit. Im Jahr 2016 ließen das Gesundheitsamt und das Landratsamt Forchheim das Freibad schon einmal wegen Hygienemängeln schließen. Der Einbau einer Wasseraufbereitungsanlage ermöglichte es der Stadt, den Betrieb im Jahr 2017 wieder aufzunehmen. Doch die Betriebserlaubnis gibt der Stadt nur eine kurze Schonfrist, weitere Wasserfilter wären dringend nötig, um ein DIN-konformes Becken zu bekommen.

Viel zu teuer wäre diese Technik wohl bei dem bisherigen 50-Meter-Becken, weshalb die Stadt sehr konkret darüber nachdenkt, stattdessen ein deutlich kleineres Becken zu bauen. In Münchsteinach hat man den Kampf um die neueste Technik schon verloren. Vor 60 Jahren entstand dort das Freibad als erstes seiner Art im damaligen Landkreis Neustadt. In all den Jahrzehnten hat die Gemeinde immer nur das Nötigste in die Anlage gesteckt, das Defizit sollte nicht ins Unermessliche wachsen.

Der Überblick - welche Bäder in Bayern sanierungsbedürftig sind: 

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Doch nun war eine umfassende Sanierung nötig, kleinere Reparaturen reichten nicht mehr aus. 1,8 Millionen Euro hätte eine Generalsanierung mit Edelstahlbecken gekostet. Zu viel für Münchsteinach. Deshalb entschied der Gemeinderat, das Schwimmbad in ein Naturbad umzuwandeln. Der Umbau ist mit Kosten von einer Million Euro deutlich günstiger, zudem bekommt die Kommune viel Geld aus der Städtebauförderung.

Jahrzehnte nachdem überall im Freistaat Schwimmbäder entstanden sind, geht es nun ans Eingemachte. Die Kommunen waren lange bereit, das Defizit aus dem Betrieb zu tragen und kleinere Reparaturen durchzuführen, um ihren Bürgern ein Schwimmbad bereitstellen zu können. Mit der grundlegenden Sanierung, die jetzt überall fällig wird, sind viele aber heillos überfordert.

Die Zeit zum Handeln wird dabei immer knapper, wie eine Anfrage der SPD im Landtag offenbart. Von 910 Schwimmbädern in öffentlicher Hand sind derzeit 447 sanierungsbedürftig, davon 61 in der Oberpfalz, 58 in Oberfranken und 41 in Mittelfranken. Die Sanierungskosten liegen insgesamt bei 1,03 Milliarden Euro. Vor zwei Jahren hatte die SPD schon einmal angefragt. 299 Bäder waren damals sanierungsbedürftig. Die Zahl der maroden Bäder hat sich in den vergangenen zwei Jahren also deutlich erhöht, das Problem wird immer gravierender.

Regierung hat Arbeitsgruppe gegründet

Die Staatsregierung hat inzwischen eine Arbeitsgruppe gegründet, die bis zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2019/2020 Fördermöglichkeiten für kommunale Bäder ausloten soll. Direkt vor der Landtagswahl könnte es also zu einem Geldregen kommen. "Ich hoffe, dass man im Landtag auch unabhängig von der Wahl erkannt hat, wie wichtig Investitionen sind, gerade um das Schulschwimmen erhalten zu können", meint Klaus Hacker, Bürgermeister von Röthenbach/Pegnitz. Seit drei Jahren ist das Hallenbad in Röthenbach geschlossen, die Decke ist einsturzgefährdet.

"Fünf Schulen hatten hier ihren Schwimmunterricht. Die Schüler wurden jetzt auf andere Bäder verteilt", erzählt Hacker. Weil eine Sanierung zu teuer wäre, soll ein Neubau für zehn Millionen Euro her. Zusätzlich zum bisherigen 25-Meter-Becken ist ein Lehrschwimmbecken geplant.

Etwa 1,7 Millionen Euro könnte die Stadt an Förderung erhalten, mehr geben die derzeitigen Förderrichtlinien nicht her. "Wir könnten unseren Antrag im Oktober einreichen, werden ihn aber zurückhalten, bis die neue Förderkulisse feststeht. Eine oder zwei Millionen Euro mehr Förderung wären schon nicht schlecht", betont Hacker.

Dringenden Handlungsbedarf sieht nach ihrer Anfrage auch die Landtags-SPD. Schon vorher hatte sie einen 25-Millionen-Euro-Härtefonds gefordert, jetzt wünscht sie sich ein deutlich höher angesetztes Sofortprogramm, schließlich sind allein für die vor der Schließung stehenden Bäder 150 Millionen Euro nötig. "Wir haben genug Geld für ein Luftfahrtprogramm und gleichzeitig gehen unsere Bäder baden", empört sich der Landtagsabgeordnete Klaus Adelt aus Hof.

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