Kultusministerium hat Grundstein für das neue G9 gelegt

1.8.2017, 10:05 Uhr
Drei Gymnasiasten experimentieren im Biologieunterricht. Die Naturwissenschaften sind in der neuen Stundentafel des bayerischen Gymnasiums gut weggekommen.

© Foto: Patrick Pleul/dpa Drei Gymnasiasten experimentieren im Biologieunterricht. Die Naturwissenschaften sind in der neuen Stundentafel des bayerischen Gymnasiums gut weggekommen.

Mit Spannung haben Eltern, Schüler und Lehrer die Stundentafel für das neue Gymnasium (G 9) erwartet. Es bietet den Schülern im Freistaat exakt 18,5 Wochenstunden mehr Unterricht als bislang, verteilt auf neun Jahre.

Die Schüler hätten damit nicht nur ein zusätzliches Lernjahr mehr, sondern auch mehr Stunden, um sich auf das Abitur vorzubereiten, sagte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). "So können wir Studierfähigkeit, vertiefte Allgemeinbildung, Reflexionsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein bei den künftigen Absolventen sicherstellen." "Mehr Lernzeit, mehr digitale und politische Bildung, starke Kernfächer und Naturwissenschaften", das sei das Grundgerüst des neuen bayerischen Gymnasiums

Nach mitunter zähem Ringen um die Wünsche der Fachschaften, die ihre Fächer in der Stundentafel berücksichtigt wissen wollten, fand die gymnasiale Schulfamilie schließlich einen Konsens. Gemeinsam — was ein absolutes Novum darstellt. Denn das Bayerische Kultusministerium hatte erstmals den Bayerischen Philologenverband, die Landesvereinigung der Direktorinnen und Direktoren in Bayern, die Landes-Eltern-Vereinigung (LEV) und die Landesschülersprecher an einen Tisch geholt.

Nie zuvor sind die gymnasialen Verbände, Eltern und Schüler, so stark an den wichtigen Entscheidungsprozessen, ihre Schulart betreffend, beteiligt gewesen. Man denke nur an die Einführung des achtjährigen Gymnasiums, die im Hau-Ruck-Verfahren ohne Stundenpläne und ohne Rücksprache mit den Betroffenen durchgedrückt worden war.

Die neue Stundentafel sieht für die Grundlagenfächer Deutsch, Mathematik und die Fremdsprachen durchgängig mindestens drei Wochenstunden pro Jahrgangsstufe vor. Der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV) sieht das kritisch und befürchtet, dass die Taktung enger wird und für die Hauptfächer in vielen Jahrgangsstufen weniger Wochenstunden zur Verfügung stehen.

In der neu konzipierten Jahrgangsstufe 11 soll die politische Bildung fächerübergreifend gestärkt werden — durch das gleichzeitige Angebot der Fächer Geschichte, Sozialkunde, Geografie sowie Wirtschaft und Recht. Zur individuellen Förderung stehen jetzt neun Intensivierungsstunden zur Verfügung. Im G 8 waren es 14. Hinzu kommt die individuelle Lernzeitverkürzung von neun auf acht Jahre.

Informatik gilt als Leitfach

Das Leitfach Informatik wird künftig als zweistündiges Pflichtfach an allen Gymnasien in der Jahrgangsstufe 11 unterrichtet – in den Jahrgangsstufen 5 bis 11 sind es je vier Wochenstunden. Auch die Naturwissenschaften erfahren eine Stärkung. In allen Ausbildungsrichtungen wird Chemie künftig dreistündig in der 9. Klasse unterrichtet. Diejenigen Bildungsverbände, die am Konsens beteiligt waren, äußerten sich positiv zur neuen Stundentafel. "Im Rahmen der Möglichkeiten ist es ein gutes Ergebnis", sagte Michael Schwägerl, Vorsitzender der Bayerischen Philologen.

Natürlich habe man die Intensivierungsstunden reduzieren müssen, doch es gebe sie noch — und das sei zu begrüßen. "Natürlich konnten nicht alle Wünsche erfüllt und nicht alle Fächer gleichermaßen bedient werden", sagte Schwägerl. Wichtig sei aber, dass der Fokus im neuen G 9 nun auch auf den leistungsstarken Schülern liege. Ihre Förderung durch mehr Wahl- und Zusatzangebote und die Überholspur sei ein entscheidender Schritt, um die hohe Qualität des bayerischen Gymnasiums zu stärken.

Walter Baier, Vorsitzender der Direktorinnen und Direktoren in Bayern, sagte: "Mit dem erzielten Kompromiss sind wir zufrieden." Weil er Entscheidungsspielräume für die einzelne Schule offenlasse und die Fächer stärke, die für zukünftige Herausforderungen der jungen Menschen in Wirtschaft und Gesellschaft wichtig seien. Baier freut sich, dass die Gymnasien in der Unterstufe auf den Nachmittagsunterricht verzichten können. Jede Schule könne bestimmte Fächer durch Intensivierungsstunden stärken oder den Fokus auf eine individuelle Förderung der Schüler legen.

Der Stundenplan kommt im Spätherbst

Landesschülersprecherin Acelya Aktas äußerte sich kritischer: "Wir finden es gut, in der 11. Jahrgangsstufe Kunst oder Musik ablegen zu können und so die Anzahl der Fächer zumindest um ein Fach zu reduzieren." Doch die Schüler hätten sich insgesamt mehr Wahlfreiheit und Vertiefungsmöglichkeiten gewünscht.

Das Bayerische Kultusministerium und die Verbände sind noch nicht fertig mit der G 9-Architektur. Der Arbeitskreis über die geplante Überholspur tagt bereits und die Stundentafel der Oberstufe steht noch aus. Im Spätherbst ist mit ersten Ergebnissen zu rechnen. Dann geht es ans Eingemachte: den Stundenplan.

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