Landtagswahl: Sicherheitspolitik in Bayern sorgt für Aufregung

17.9.2018, 05:40 Uhr
Landtagswahl: Sicherheitspolitik in Bayern sorgt für Aufregung

© Horst Linke

Ministerpräsident Markus Söder hat in seiner Regierungserklärung Reiterstaffeln für alle Großstädte versprochen. Bei moderner Polizeiarbeit denken Laien an Drohnen und IT-Spezialisten. Sind Polizeipferde nicht ein bisschen nostalgisch? Was wäre stattdessen mit E-Bikes?

Söder hat selbst scherzhaft von der "Bayerischen Kavallerie" gesprochen, der Pferdebestand wird von derzeit etwa 40 auf 200 erhöht. Tatsächlich bescheinigen Fachleute der berittenen Polizei einige Vorteile. Die Pferde wirken deeskalierend, und das bedeutet weniger Personaleinsatz, etwa bei Fußballspielen. Der Reiter hat aus seiner Position mit einer Augenhöhe von drei Metern eine optimale Übersicht. Gleichzeitig wird er auch wesentlich früher gesehen als Fußkräfte. Das schreckt potenzielle Straftäter ab.

Eine andere Frage ist die der Kosten. Der Unterhalt der Tiere ist aufwendig. Was die Modernisierung anbelangt: Drohnen gibt es seit 2015 bei der Landespolizei; die Abteilungen mit IT-Spezialisten werden ständig ausgebaut; und aktuell fahren 15 E-Bikes bei der Polizei in Bayern.

Grenzpolizei bündelt bereits existente Kräfte

Warum braucht Bayern als einziges Bundesland eine eigene Grenzpolizei? Hessen hatte seine Grenzpolizei 1950 abgeschafft, Bayern im Jahr 1998. Die Landespolizei übernahm lediglich an den Flughäfen Nürnberg und Memmingen Grenzschutzaufgaben. Grenzschutz bleibt auch nach der Neugründung des Landesgrenzschutzes weiter alleinige Aufgabe des Bundes; in diesem Sinn hat die neu gegründete bayerische Grenzpolizei keine Sonderrechte, muss also im Zweifelsfall die Bundespolizisten einschalten oder erst von ihnen beauftragt werden.

In der bayerischen Grenzpolizei sind nun jene Kräfte gebündelt, die es weitgehend schon vorher gab. Ein wichtiges Instrument ist die zivil agierende Schleierfahndung, die reisende Kriminelle aufspüren soll. Das waren und sind recht erfolgreiche Einheiten. Erste Bilanzen zeigen, dass aber nur wenige illegal Einreisende von der neuen Grenzpolizei aufgespürt wurden. Freilich hat sich auch die Flüchtlingsroute vom Balkan und von Italien tendenziell nach Spanien verlagert. Zudem verhindert die rigide österreichische Flüchtlingspolitik, dass der Brenner eine zentrale Route würde. Die bayerische Grenzpolizei ist also eher ein politisches Statement als eine fachliche Notwendigkeit.

Immer wieder fordern Parteien, die Zahl der Polizisten zu erhöhen. Haben wir zu wenig Ordnungshüter?

Die Polizeigewerkschaften würden diese Frage mit einem klaren Ja beantworten. Die Zahl der Überstunden bei der Polizei, die in die Millionen gehen, spricht hier auch eine klare Sprache. Tatsächlich ist die Belastung der Beamten größer geworden. Der Respekt vor den Einsatzkräften sinkt, was sich auch an der wachsenden Zahl von Gewalttaten gegen Polizisten zeigt. Damit sinkt die Attraktivität des Berufs. Ohnehin wird es schwierig, genügend und vor allem gut geeignete Bewerber zu finden. Kritiker warnen davor, die Einstellungstests zu vereinfachen. Das würde langfristig dem Niveau der Polizei schaden. Die Rekrutierung von Nachwuchs bleibt ein zentrales Thema bei der Polizei, quantitativ wie qualitativ.

Zu den strittigsten Themen im Freistaat gehört das neue Polizeiaufgabengesetz. Was stört die Opposition daran, dass die Polizei mehr Kompetenzen bekommt?

Die Landtags-SPD hat ihre Klageschrift gegen das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht wie zuvor schon die Grünen-Landtagsfraktion. Die FDP hatte eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt, dort plant auch die Landtags-SPD eine zusätzliche Klage. Die SPD bemängelt vor allem den unzureichend definierten Begriff der "drohenden Gefahr", auf den sich viele Detailregelungen des Gesetzes bezögen: "Dadurch verstößt das PAG klar gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot". Die Diskussion läuft bundesweit, weil auch andere Länder mit den bayerischen Regelungen liebäugeln.

Hat die CSU den Richtervorbehalt ausgehebelt?

Nein. Eingriffe, wie das Abhören von Telefonen, Mitlesen von WhatsApp oder Online-Untersuchungen, müssen weiter von einem Richter genehmigt werden. Kritiker stören sich aber beispielsweise an der "erweiterten DNA": Damit sollen sämtliche äußeren Merkmale, also auch die Hautfarbe einer gesuchten Person bestimmt werden. Umstritten ist auch die Präventivhaft, die schon bisher bei einer "konkreten Gefahr" für drei Monate möglich war. Jetzt ist sie schon bei "drohender Gefahr" möglich.

Markus Löffelmann, Richter am Landgericht München, wird oft als Kritiker des neuen PAG zitiert: Die Polizei erhalte Kompetenzen, die dem Geheimdienst vorbehalten seien. Das widerspreche dem Trennungsgebot von Nachrichtendienst und Polizei, meint Löffelmann.

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