"Lkw-Krieg": Prozess gegen Schützen steht kurz vor Urteil

19.10.2014, 15:28 Uhr
Der sogenannte Autobahnschütze soll über Jahre hinweg vom Lenkrad aus auf andere Fahrzeuge geschossen haben. Auch für dieses Einschussloch durch ein Projektil Kaliber 22 in einer Autotür (Archivbild von 2013) soll sich der Mann verantwortlich zeigen.

© dpa Der sogenannte Autobahnschütze soll über Jahre hinweg vom Lenkrad aus auf andere Fahrzeuge geschossen haben. Auch für dieses Einschussloch durch ein Projektil Kaliber 22 in einer Autotür (Archivbild von 2013) soll sich der Mann verantwortlich zeigen.

Jahrelang ging unter Lastwagen-Fahrern die Angst um. Zwischen 2008 und 2013 sind ihre Transporter von einem Heckenschützen beschossen worden. Dass dabei niemand ums Leben kam, grenzt an ein Wunder. Lange fahndeten die Ermittler nach dem "Phantom". Der Abgleich von monatelang gesammelten Autokennzeichen brachte das Bundeskriminalamt schließlich auf die Spur des Serientäters. Das Überraschende: Es war ein frustrierter Fernfahrer, der auf die Ladung seiner Kollegen feuerte. Für ihn herrschte "Lkw-Krieg".

Seit August muss er sich vor dem Landgericht Würzburg verantworten. Versuchter Mord in fünf Fällen wird ihm vorgeworfen. In dieser Woche könnte das Urteil gesprochen werden. Der 58-Jährige aus der Eifel muss mit einer längeren Gefängnisstrafe rechnen.

Im Inneren brodelte es

Der bullige Mann mit dem Schnauzbart wirkt wie der nette Nachbar von nebenan - zuverlässig, hilfsbereit und auch ein bisschen eigenbrötlerisch. So haben ihn auch viele seiner Kollegen als Zeugen im Prozess beschrieben. Kaum einer ahnte, zu welchen ungeheuerlichen Taten der Mann fähig war.

Er habe zwar auch mal ordentlich geschimpft, aber danach sei es meist wieder gut gewesen. Doch im Inneren brodelte es wohl weiter - zumindest wenn es um die Fahrweise seiner Kollegen, Überfälle durch Autotransporter-Fahrer oder volle Rastplätze ging. Deshalb wollte er einigen Lkw-Fahrern einen "Denkzettel" verpassen.

Der Mann hat die Schüsse im Grundsatz gestanden. Wo und wie oft er feuerte, wisse er jedoch nicht mehr. Das Bundeskriminalamt sprach von rund 700 Fällen, angeklagt waren nur rund 170 davon. Die Waffe hatte er teilweise griffbereit in einem leeren Airbag-Fach seines Lenkrads versteckt.

Waffen als Hobby

Der Angeklagte ist ein Waffenfreund, der gern tüftelt. Das wird während des Prozesses immer wieder deutlich. Eine seiner beiden Waffen - eine Kleinkaliberwaffe - hat er selbst gebaut. Auch die Schalldämpfer bastelte er selbst.

Sobald der Vorsitzende Richter ihn zu diesem Thema befragte, blühte der 58-Jährige auf. Es war sein Hobby. Seine Werkstatt, in der er sogar die Munition zum Teil selbst herstellte, bezeichnete er als sein Heiligtum, das kaum einer betreten durfte.

Widersprüchliche Aussagen

Den Vorwurf, dass er den möglichen Tod anderer Menschen billigend in Kauf genommen habe, wies er vor Gericht energisch zurück. Er habe immer nur auf die Ladung geschossen, sagte er resolut. Wenn er das rote Auto auf einem Anhänger eines Autotransporters habe treffen wollen, habe er es auch getroffen - und nicht das gelbe davor oder dahinter.

Autotransporter waren besonders oft Ziel des Schützen. Er selbst sagte im Rückblick: "Meine Handlungsweise ist mir mittlerweile selbst nicht mehr verständlich." Fragen der Richter zum Motiv des Angeklagten liefen während des Prozesses oft ins Leere. Seine Antworten wirkten teilweise auch leicht widersprüchlich.

Bei der Frau, die eines der Projektile in den Hals getroffen und schwer verletzt hatte, entschuldigte er sich vor Gericht. "Sie waren nie das Ziel meiner Tat. (...) Ich würde das gerne rückgängig machen", sagte er. Sie nahm seine Entschuldigung nicht an.

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