Zahlreiche Reaktionen

Medienrummel um Fliesenleger Michael Schmiedl: "Ich komme nicht mehr zum Arbeiten"

18.1.2019, 05:54 Uhr
Michael Schmiedl, Fliesenleger aus Niederbayern, will sich jetzt wieder auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren.

© Foto: Heinz Kosche Michael Schmiedl, Fliesenleger aus Niederbayern, will sich jetzt wieder auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren.

Ein niederbayerischer Fliesenleger nimmt keine Aufträge mehr von Audi- und Siemens-Ingenieuren an, weil diese Berufsgruppe seiner persönlichen Erfahrung nach alles besser weiß und sich außerdem durch eine ziemlich schlechte Zahlungsmoral auszeichnet. Vor einigen Tagen haben wir über diesen Fall berichtet, und selten hat ein Artikel so viele Reaktionen ausgelöst. Unter anderem kommentierten Hunderte von Lesern in den verschiedenen Internet-Auftritten unseres Verlages die in der vergangenen Woche bekanntgewordene Geschichte von Michael Schmiedl.

Zahlreiche Anfragen für Talkshows

Inzwischen rufen auch zahlreiche private und öffentlich-rechtliche Fernsehsender bei dem 36-jährigen Handwerker an. Er wurde in Talkshows eingeladen und soll in Verbrauchermagazinen und Boulevardsendungen von seinem radikalen Schritt und den Beweggründen dafür erzählen. Schmiedl hat die meisten Anfragen abgelehnt – "ich komme ja überhaupt nicht mehr zum Arbeiten".

Der Chef eines kleinen Handwerksbetriebs in Riedenburg hat mit seinem nun öffentlich gewordenen Boykott offensichtlich bei vielen Menschen einen Nerv getroffen. Auch mancher Beschäftigte der betroffenen Konzerne fühlt sich in seinem Urteil über eine seiner Ansicht nach arrogante und auch weltfremde Kaste von leitenden Mitarbeitern bestätigt. "Ich bin Siemensianer . . . und wenn ich an manche Kollegen denke, glaube ich das alles sofort. Leider", schreibt ein Leser, "Ganz schwieriges Klientel. Wobei man aber nicht pauschalisieren sollte", ein anderer.

Erheiterung in der Audi-Nachtschicht

Zahlreiche Reaktionen sind auch bei Michael Schmiedl eingegangen, der diesen Ausschluss von Ingenieuren, Doktoranden und Professoren von Audi und Siemens bereits seit Oktober 2016 auf seiner Homepage kommuniziert. Seine Entscheidung wurde allerdings erst dann einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als ein Screenshot seiner Webseite über WhatsApp in der Nachtschicht von Audi die Runde machte und dort für Erheiterung sorgte.

Mittlerweile hat der streitbare Fliesenleger einige der über 2000 Mails, die nach den Berichten über seinen Ingenieurs-Boykott sein Postfach überschwemmten, in anonymisierter Form auf seine Homepage gestellt. Eine ganze Reihe von Handwerkern bestätigt dabei seine Einschätzung, manche überlegen, ob sie dem Beispiel des Riedenburgers folgen sollen.

Auch die kritische Selbstanalyse eines Schreibers, der sich als Audi-Ingenieur outet, hat Schmiedl auf seiner Webseite gepostet: "Ich würde von mir selbst auch keinerlei Aufträge annehmen", heißt es in dessen Mail. Sogar seine Familie sage, dass er, seitdem er dort arbeite, ein "A . . . loch" geworden sei.

Er erwäge wirklich, seinen Arbeitgeber zeitnah zu wechseln. Michael Schmiedl garantiert für die Echtheit dieser Zuschriften.

Konzerne reagieren irritiert

Der Automobilkonzern reagiert auf die vor allem in den sozialen Netzwerken entbrannte Diskussion um charakterliche Defizite von manchen seiner Beschäftigten mit dem Hinweis, dass die betroffenen Mitarbeiter Schmiedls Dienstleistungen in ihrer Freizeit und als Privatpersonen in Anspruch genommen haben. "In der Arbeitswelt von Audi verpflichten wir unsere Beschäftigten dazu, nach den Unternehmenswerten zu handeln: Wir alle stehen für Wertschätzung, Offenheit, Verantwortung und Integrität", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

"Wir haben alleine im Raum Ingolstadt etwa 44 000 Mitarbeiter und damit natürlich auch einen kompletten Querschnitt durch die Gesellschaft", sagt die für den Bereich Personal und Organisation zuständige Pressesprecherin Michaela Schnellhardt. Wie überall gebe es solche und solche, doch sie wehre sich gegen den durch die aktuelle Berichterstattung erweckten Eindruck, dass sämtliche Audi-Ingenieure abgehoben und besserwisserisch seien. Sie sei privat mit einigen Ingenieuren befreundet, und die entsprächen diesem Klischee in keiner Weise.

Auch ihr Kollege Bernhard Lott, Siemens-Sprecher für Bayern, kann viele Internet-Kommentare nicht nachvollziehen, die die Mitarbeiter des Weltkonzerns über einen Kamm scheren.

Einzelne Mitarbeiter mit "Standesdünkel"

In der Metropolregion Nürnberg arbeiten über 40 000 Menschen aus 50 verschiedenen Nationen für Siemens, wenn da der eine oder andere einen gewissen Standesdünkel habe, könne man daraus doch nicht auf die gesamte Belegschaft schließen.

Michael Schmiedl lässt dennoch auch weiterhin jeden Kunden eine Bestätigung unterschreiben, dass er nicht zu den ausgeschlossenen Berufsgruppen gehört. Viele Audi- und Siemens-Ingenieure würden sich jedoch schon lange vorher outen. "Ich glaube, manche von denen tragen auch noch im Bett ihren Betriebsausweis."

18 Kommentare