"Miteinander von Stadt und Land muss besser werden"

15.11.2018, 06:00 Uhr
Florian Janik war am Mittwoch zu Besuch in der Redaktionskonferenz der Nürnberger Nachrichten.

© André De Geare Florian Janik war am Mittwoch zu Besuch in der Redaktionskonferenz der Nürnberger Nachrichten.

Herr Janik, die Abstimmungsfreudigkeit der Erlanger ist recht hoch. Bei jedem neuen Wohn- oder Gewerbegebiet wollen sie mitbestimmen. Macht das die Stadtentwicklung nicht recht kompliziert?

Florian Janik: Ich bin mit der direkten Demokratie groß geworden. Eine der ersten Abstimmungen ging damals um die Privatisierung der Stadtwerke. Ich bin ja froh, dass wir als Erlangen den Einfluss behalten haben. Und solche Abstimmungen zeigen die lebendige Diskussion der Stadtgesellschaft.

Aber Erlangen hat nur noch begrenzt Platz für Neues.

Janik: Siemens baut den Campus neu und die Fertigung aus, die Healthineers entwickeln sich weiter und die Universität investiert an vielen Stellen. Und das sind nur die bekanntesten Beispiele. Die Projekte werden die Stadt mindestens das nächste Jahrzehnt beschäftigen. Und tatsächlich werden Grenzen durchstoßen, die das Nachkriegs-Erlangen ausgemacht haben, als wir in den 1970er Jahren zur Großstadt wurden. Da ist gerade ganz viel Dynamik am Standort, und natürlich liegen darin auch viele Herausforderungen. Vor allem aber bietet die Verbindung von Wissenschaft, Forschung, Technologie viele Chancen, die wir gestalten wollen.

Aber dann wird Erlangen noch mehr Einpendlerstadt. Wohnen wird immer teurer. Sie kooperieren mit ihrer Gewo-Bau auch schon mit ländlichen Gemeinden.

Janik: Letztlich gilt das für alle Städte. Es gibt ein enges Zusammenspiel zwischen der Stadt und dem umgebenden Land. Und da müssen wir noch besser werden. Existenziell für unsere Zukunft ist das, weil wir nicht alles auf engstem Raum komprimieren können. Natürlich gibt es weiter Wohnraum in Erlangen. Aber je dichter die Stadt wird, umso mehr Konflikte gibt es.

Das Miteinander von Stadt und Land ist aber nicht nur beim Thema Wohnen extrem wichtig, sondern zum Beispiel auch beim Thema Verkehr. Deshalb müssen wir die Stadt-Umlandbahn bauen und das Busnetz verbessern. Auch das Fahrradwegenetz muss verbessert werden. 15 Kilometer sind mit dem Pedelec kein Problem.

Stadt und Land, Hand in Hand, so lautet ein Motto der Metropolregion Nürnberg. Hat diese Institution etwas gebracht?

Janik: Die Metropolregion hat viel gebracht, weil sie den Geist verändert hat, und sie trägt immer noch dazu bei. Auf vielen Ebenen tauschen sich Verantwortliche aus, fachlich wie persönlich, und eben nicht nur auf der administrativen Ebene.

Metropolregion, das ist ein abstrakter Begriff. Kommt der Mehrwert, den sie beschreiben, bei den Menschen an?

Janik: Ob der Begriff Metropolregion bei den Menschen ankommen muss, da habe ich meine Zweifel. Sie vermittelt aber das Gefühl, wir leben in einer richtig genialen Region rund um die Ballungsräume, das ist super, das lässt sich auch international sehen. Immer wieder sagen Neubürger zu mir, "das ist eine tolle Stadt, eine tolle Region".

Profitiert Erlangen von der Metropolregion.

Janik: Wir haben sehr viele international ausgerichtete Arbeitsplätze, die darauf angewiesen sind, dass sie die Besten weltweit anlocken können. Deshalb ist die Metropolregion nach außen die einzig richtige Plattform, denn uns als Stadt alleine gelingt es kaum, Erlangen weltweit bekannt zu machen. Als Region können wir das erreichen. Mit der Marke "Medical Valley" ist uns das schon mal gelungen, europaweit und partiell weltweit.

Und dann gibt es noch die "Rote Achse" mit SPD-Oberbürgermeistern von Nürnberg bis Bamberg. Erleichtert das die interkommunale Zusammenarbeit.

Janik: In manchen Fragen ist es schön zu sehen, dass man gemeinsame Grundüberzeugungen hat, etwa bei der Flüchtlingsunterbringung. Aber genau so gut sind die Kollegen mit einem anderen Parteibuch. Mit meinem Landrat in Erlangen-Höchstadt, Alexander Tritthart von der CSU, verbindet mich ein sehr enges, freundschaftliches Verhältnis, da spielt das Parteibuch keine Rolle, sondern gemeinsame Interessen, gemeinsame Themen. Das gilt auch für andere Politiker in der Metropolregion.

Trotzdem ist die Idee eines gemeinsamen Gewerbegebiets im Knoblauchsland von den Oberbürgermeistern der großen Städte nicht neu aufgegriffen worden. Warum eigentlich nicht? In Erlangen sind Gewerbegebiete kaum noch durchsetzbar.

Janik: Bis 1996 gab es Pläne für ein gemeinsames Gewerbegebiet. Als damals die CSU die Oberbürgermeister in Nürnberg, Erlangen und Fürth stellte, ist das Projekt zerschlagen worden. Das war ein großer Fehler, unter dem wir noch heute leiden. Ich hätte aus Erlanger Sicht großes Interesse an einer Zusammenarbeit, die beiden Nachbarstädte derzeit aber leider nicht.

Nürnberg bekommt jetzt eine eigene Universität. Wie groß ist da die Freude des Erlanger Stadtoberhaupts?

Janik: Der Freistaat Bayern hat die Region über Jahrzehnte vernachlässigt bei der Wissenschaftsinfrastruktur und insgesamt. Dass der Freistaat jetzt nicht nur in München investiert, sondern darüber hinaus, dass kann ich niemals falsch finden. Mein Anspruch ist aber, dass neben Nürnberg mit dem gleichen Nachdruck auch die Friedrich-Alexander-Universität weiterentwickelt wird.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben die vorherige Version des Artikels durch dieses Interview ersetzt.

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