"Mittagsmörder" nach fünf Jahrzehnten Haft wieder frei

26.2.2015, 18:50 Uhr
Er hatte in den 1960er-Jahren fünf Menschen umgebracht - jetzt ist er wieder auf freiem Fuß.

© Friedl Ulrich Er hatte in den 1960er-Jahren fünf Menschen umgebracht - jetzt ist er wieder auf freiem Fuß.

Nun lebt er in einer Wohngruppe irgendwo im Freistaat. Mehr Angaben will die Justiz nicht machen, um seine Resozialisierung nicht zu gefährden. "Ich habe mich vollkommen geändert", schrieb der Mann vor einem Jahr in einem Brief an die Hersbrucker Zeitung. In den 1960er Jahren hat er in und um Nürnberg mindestens fünf Menschen umgebracht, immer dann, wenn das Mittagsläuten der Kirchenglocken oder eine Fabriksirene seine Schüsse übertönte.

Er raubte und mordete für sein Hobby, für Waffen und schnelle Autos, hielt im Juli 1967 der Nürnberger Landgerichtsdirektor Karl Kristl am Ende eines spektakulären Prozesses in der Urteilsbegründung fest und schickte den damals 26-Jährigen lebenslang in den Knast.

Seitdem versuchte der "Mittagsmörder" immer wieder, seine Freilassung zu erreichen. Doch die Behörden hielten ihn für zu gefährlich. Vor drei Jahren entschied das Nürnberger Oberlandesgericht (OLG) nach einer entsprechenden Einlassung des Bundesverfassungsgerichts jedoch, dass die Haftstrafe zum 1.
März 2015 zur Bewährung ausgesetzt wird. Seitdem wurde der Senior auf das neue Leben vorbereitet. Vor allem, wie man im Supermarkt einkauft, musste dem Häftling beigebracht werden, schließlich orderte man seine Waren noch bei Tante Emma, als er verhaftet wurde. Und das Sortiment damals war übersichtlich. Jahrzehntelange Häftlinge wie der "Mittagsmörder" würden sich heute wundern, "wofür man 30 Sorten Marmelade braucht", sagte der Straubinger Vize-Anstaltsleiter Roland Retzbach.

Auch das Tanken wurde ihm beigebracht, denn heute müssen das Autofahrer selbst machen, der Beruf des Tankwarts ist so gut wie ausgestorben.
Bei Ausflügen, Wochenend-Freigängen und begleiteten Aufenthalten wurde der Mann, der in Haft einen Herzinfarkt erlitten hatte, mit der neuen Situation vertraut gemacht. In dieser "Erprobungsphase" habe es keine Auffälligkeiten gegeben, sagte der Nürnberger Gerichtssprecher Michael Hammer.