Mittelfranken trotzt dem Trend des Volksfest-Sterbens

22.1.2016, 06:00 Uhr
Das Nürnberger Frühlingsvolksfest ist ein echter Besuchermagnet. Damit hat es einigen Kirchweihen etwas voraus.

© Hippel Das Nürnberger Frühlingsvolksfest ist ein echter Besuchermagnet. Damit hat es einigen Kirchweihen etwas voraus.

Nach 107 Jahren hatte zum Beispiel Neu-Ulm sein Volksfest ersatzlos gestrichen. Wo einst Karussell und Auto-Scooter die Besucher lockten und Großeltern mit ihren Enkeln Zuckerwatte schleckten, steht nun eine Multifunktionshalle. Die Erschließung eines Ersatzgeländes lehnten die Stadträte der schwäbischen Kreisstadt ab, und die Bürger nahmen das Ende weitgehend regungslos hin.

Und auch die Klage der Inhaberin eines Süßwaren-Wagens half nichts. Auch im unterfränkischen Karlstadt starb der jährliche Rummel vor einigen Jahren einen relativ lautlosen Tod. Die Einheimischen besuchten lieber Weinfeste oder pilgerten zur Kulinarischen Meile in der Altstadt, so dass die Stadt die Verträge mit Festwirt und Brauerei nicht mehr verlängerte.

In Nürnberg wäre so etwas nach Ansicht von Lorenz Kalb undenkbar. "Hier steht die Kommune hinter ihrem Volksfest, und der Erfolg gibt uns ja durchaus recht", ist der Vorsitzende des süddeutschen Schaustellerbundes überzeugt.

Eine Rangliste, die der Deutsche Schaustellerbund (DSB) anlässlich seiner derzeitigen Delegiertenversammlung präsentiert hat, stützt seine Einschätzung: Im Jahr 2012 hatte der Interessenverband alle deutschen Volksfeste untersuchen lassen, und das Nürnberger Frühlingsfest belegte mit 1,9 Millionen Besuchern den neunten Platz unter 353 Festen.

Tradition besteht weiterhin in der Metropolregion

Spitzenreiter war das Oktoberfest mit 6,4 Millionen Besuchern. Die Situation in der Metropolregion ist generell relativ gut. Fast alle traditionellen Veranstaltungen haben überlebt, auch wenn sich das Festgeschehen immer mehr auf Großveranstaltungen wie die Erlanger Bergkirchweih oder das Forchheimer Annafest konzentriert.

"Aber die Feste müssen sich weiterentwickeln", appelliert Kalb an die Kommunen und die Organisatoren und führt wieder das Nürnberger Frühlings- und Herbstvolksfest als Beispiel an. Auch DSB-Präsident Alfred Ritter lobte bereits den Mut der fränkischen Schausteller zu neuen Ideen. Mit Aktionen wie einer Opern-Aufführung im Bierzelt, einem italienischen Abend oder mit dem Rockzelt setzen sie oft Trends.

Doch auch in Mittelfranken sprang das eine oder andere Traditionsfest bereits über die Klinge. So wurden vor einigen Jahren die beiden Nürnberger Stadtteil-Kirchweihen in Steinbühl und St. Peter eingestellt. Doch als Ersatz hoben der Schaustellerverband und eine örtliche Händler-Initiative das mehrtägige Maifest auf dem Aufseßplatz aus der Taufe. Ein durchaus gelungener Nachfolger, sind sich Lorenz Kalb und Wolfram Gäbisch vom Nürnberger Liegenschaftsamt einig.

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