Nach Nawratil: Neuer Bezirksklinik-Chef spricht Klartext

11.1.2019, 05:41 Uhr
Die Zentralverwaltung des Kommunalunternehmens hat ihren Sitz auf dem Gelände der Bezirkskliniken in Ansbach.

© Jim Albright/FLZ Die Zentralverwaltung des Kommunalunternehmens hat ihren Sitz auf dem Gelände der Bezirkskliniken in Ansbach.

Herr Dr. Keilen, Sie haben in den vergangenen vier Jahren eng mit Herrn Nawratil zusammengearbeitet. Ihnen eilt nicht gerade der Ruf eines großen Kritikers von Fehlentwicklungen und Verhaltensweisen voraus, für die der frühere Chef verantwortlich gemacht wird. Bleibt jetzt doch alles beim Alten?

Matthias Keilen: Ein Weiter wie bisher wird es nicht geben. Man muss die Dinge scharf trennen. Herr Nawratil war Alleinvorstand und hatte seine Entscheidungen auch allein zu treffen und zu verantworten. Mit seinem Weg musste man nicht immer einverstanden sein, aber Diskussionen gab es hinter verschlossener Tür, und wenn die aufging, wurde eine Meinung vertreten.

Ein öffentlich sehr stark diskutiertes Thema war die Entlassung eines Erlanger Chefarztes 2016. Der Sonderprüfbericht vom September hat festgestellt, wenn Helmut Nawratil dem Verwaltungsrat, dem mit Bezirksräten besetzten Kontrollgremium, alle Fakten bekanntgegeben hätte, wäre es nie zu der Kündigung gekommen. Haben Sie Helmut Nawratil damals rechtzeitig gesagt, dass da was falsch gelaufen ist?

Keilen: Darauf ist schwer zu antworten. Grundsätzlich muss der Verwaltungsrat offen und umfassend informiert werden. Aber es gibt bis heute noch unterschiedliche Auffassungen darüber, wie es zu dieser Entlassung kam.

Sie halten die Feststellung des Prüfberichts für falsch?

Keilen: Aus dem Prüfbericht haben wir viele Hausaufgaben für das Unternehmen mitbekommen. Die arbeiten wir jetzt systematisch ab. Aber die Entlassung des Chefarztes ist dafür ein schlechtes Beispiel, weil das arbeitsrechtlich längst mit einem Vergleich abgeschlossen ist. Und nach dem Prüfbericht laufen derzeit staatsanwaltliche Vorermittlungen. Deshalb möchte ich mich dazu öffentlich nicht äußern.

Dann nennen Sie uns ein anderes Beispiel, an dem deutlich wird, dass Ihre und Herrn Nawratils Auffassungen gelegentlich diametral auseinandergingen.

Keilen: Es sollte zum Beispiel eine gute Führungskraft entlassen werden, weil in ihrem Verantwortungsbereich ein Fehler gemacht wurde. Dagegen habe ich mein Veto erhoben. Es blieb nach längerer Diskussion dann bei einer Abmahnung.

Das ist ehrenwert, aber es gab die großen Themen wie massive Unzufriedenheit beim Personal, Beschwerden von Patienten, was ihre Versorgung angeht. Haben Sie bei Herrn Nawratil da mal interveniert?

Keilen stammt aus dem mittelhessichen Aumenau. Nach Schule und Wehrdienst studierte er Medizin in Köln und London.

Keilen stammt aus dem mittelhessichen Aumenau. Nach Schule und Wehrdienst studierte er Medizin in Köln und London. © privat

Keilen: Das ist passiert. Da gab es schon unterschiedliche Meinungen. Aber der Vorstand ist nun mal derjenige, der letztendlich entscheidet. Jetzt ist ein Neuanfang notwendig. Herr Nawratil hatte den Auftrag, das Unternehmen zu sanieren. Das hat er geschafft. Es ist ihm aber nicht gelungen, die Mitarbeiter bei diesem Prozess mitzunehmen. Die sind häufig mit ihren Anliegen nicht auf Verständnis gestoßen, es gab zu wenige Erklärungen, auch zu wenig Kommunikation. Und wenn Sie Menschen gegen sich aufbringen, wird das Richtige nicht mehr richtig sein. Die Aufgabe eines Krankenhauses ist es, Patienten bestmöglich zu versorgen. Wirtschaftlichkeit ist unter den Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens ein Muss, aber Medizin besteht nicht nur aus Kennzahlen und Statistiken. Wir müssen ein Augenmaß finden zwischen dem Bemühen, keine roten Zahlen zu schreiben, aber auch die Mitarbeiter im Fokus zu haben. Da gibt es jetzt eine Menge zu tun.

Was genau?

Keilen: Wir haben etwa begonnen, Mitarbeitern mehr Dialog anzubieten. Die Vorstandsetage ist problemlos erreichbar. Die Mitarbeiterversammlungen laufen kommunikativer ab. Das sind keine einseitigen Monolog-Veranstaltungen mehr. Chefarzt Professor Thomas Kraus ist jetzt erster Stellvertreter des Vorstands. Hinzu kommt eine dritte Stellvertreterin aus der Pflege, Angelika Meier, und dazwischen als zweiter Stellvertreter ein Kaufmann, nämlich Kai Schadow. Außerdem suchen wir gerade nach einer Lösung für eine externe Ombudsstelle vor allem für Beschwerden von Mitarbeitern.

Der Bezirk Mittelfranken hat den Ruf, dass er auf Gehaltsforderungen seines Klinikvorstands eher bereitwillig eingeht. Herr Nawratil ist mit sehr üppigen 380.000 Euro im Jahr bezahlt worden. Waren Sie ähnlich erfolgreich?

Keilen: Mein Festgehalt liegt bei 250.000 Euro. Damit liege ich noch unter dem, was Herr Nawratil vor der Erhöhung seiner Bezüge bekommen hat.

Was sind Ihre Zukunftspläne? Wollen Sie nach diesem Jahr 2019 weitermachen?

Keilen: Jetzt haben wir nach dem Ausscheiden von Helmut Nawratil erst mal wieder eine rechtlich saubere Regelung der Zuständigkeiten. Aus der Politik kam der Auftrag, eine neue Führungs- und Organisationsstruktur aufzubauen. Das nehmen wir jetzt in Angriff. Ende des Monats werden wir Vorschläge machen, über die dann entschieden werden muss. Der Leitgedanke ist, von einem Alleinvorstand wegzukommen und stattdessen ein mehrköpfiges Führungsgremium zu installieren. Wenn das geschafft ist, sehen wir weiter.

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