Als sich die Bauern zum Protestmarsch formierten

1.9.2015, 17:00 Uhr
Als sich die Bauern zum Protestmarsch formierten

© Archivfoto: Fellner

1945 wurde der Bayerische Bauernverband ins Leben gerufen. Bis es in Neumarkt eine Geschäftsstelle gab, dauerte es noch – versprenkelt gab es einzelne Zuständigkeiten. Eine gemeinsame BBV-Geschäftsstelle für die Landkreise Neumarkt und Parsberg wurde 1965 etabliert. Der Gedanke laut Kreisobmann Martin Schmid: „Wenn man an einem Strang zieht und mit einer Sprache spricht, ist es zielführender als wenn jeder sein eigenes Ding macht.“

Neben der reinen Interessensvertretung bietet der BBV seinen Mitgliedern heute ein viel umfassenderes Angebot: von der Hilfe bei der Steuererklärung und dem Ausfüllen diverser Formulare, über Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, bis hin zum Werben für die Landwirtschaft und deren Erzeugnisse.

Seit jeher gleich geblieben: die Solidarität: Egal, ob Rinderherpes oder BSE, die Landwirte stehen zusammen. Noch heute denken sie mit Schrecken an jenen 3. Januar 2001 zurück, als in Eispertshofen der deutschlandweit dritte Fall an BSE gemeldet wurde. Ein Tier war infiziert, vorsorglich mussten alle 60 bis 70 Rinder gekeult werden.

„Äußerst angespannt“

Des nächtens kamen die Transporter, um die Tiere abzuholen. Rund 1300 Landwirte haben sich solidarisch gezeigt und zu einer Fackelwanderung im Ort des betroffenen Bauern getroffen. „Die Stimmung war äußerst angespannt“, erinnert sich Kreisobmann Schmid: „Es flogen Schneebälle und zum Teil auch kleinere Holzteile.“

Denn nicht alle hätten eingesehen, dass wegen eines kranken Tieres alle anderen ebenfalls getötet werden mussten – „noch dazu, weil eine Kuh gerade am Kalben war und das Jungtier gleich nach der Geburt ebenfalls mitgenommen wurde.“ Niemand im Neumarkter BBV denkt gerne an diese Zeit zurück. Sie ist für jeden „das Schrecklichste, was ich je erlebte“. Doch der BBV sei gestärkt aus der Krise hervorgegangen, sagt Kreisobmann Martin Schmid: „Es hat zusammengeschweißt.“

Heute zählt der BBV, der seine Geschäftsstelle in der Weinbergerstraße hat, 3300 Mitglieder. Er ist stolz auf die Etablierung des ersten Bauernmarktes in Bayern (1987 in Neumarkt) und die Gründung von Erzeugergemeinschaften (beispielsweise für Speisekartoffeln und Weizen Ende der 1980er Jahre).

Auch so manche Großdemo, bei der man extra nach Bonn oder Straßburg gefahren sei (Anfang der 90er), ist den Landwirten im Gedächtnis geblieben. Heute sei dieses Mega-Aufgebot wohl nicht mehr der richtige Weg, heißt es in der Neumarkter BBV-Geschäftsstelle: „Man kann die sozialen Medien nutzen und über die Mitglieder Infos herausbringen.“

Schwierige politische Lage

In naher Zukunft wird die Bauern weiter das Embargo gegen Russland beschäftigen: „Unterstützung seitens der Politik vermissen wir“, meint die BBV-Spitze um Geschäftsführer Thomas Bayerl, der ergänzt: „Zudem werden die Räume hier zu klein: Die Bürokratie wird immer mehr und zwei Etagen in der Weinbergerstraße sind mittlerweile nur mit der Steuerberatung belegt. Wir sind bestrebt, eine Alternative zu finden, wenn der Mietvertrag Ende 2017 ausläuft.“

Kreisbäuerin Sieglinde Hollweck hat sich der Verbraucheraufklärung verschrieben – Kindertage am Bauernhof seien gefragt und die jungen Käufer würden sich verstärkt interessieren, wo ihr Essen wie hergestellt wird. „Das müssen wir nutzen – auch indem wir uns transparent präsentieren.“

Die nächste Aktion dazu findet am Sonntag, 6. September, von 13 bis 17 Uhr statt: Dann lädt der BBV in die Geschäftstelle, Weinbergerstraße 18, zum Tag der offenen Tür. Es wird Geschichten aus 70 Jahren BBV geben, man kann sich über das Angebot informieren und auch Nicht-Landwirte sind willkommen: Die Landfrauen werden Kaffee und Kuchen anbieten sowie vor Ort Küchl backen.

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