Am Kinderfest redet man nicht über die türkische Politik

23.4.2017, 17:47 Uhr
Am Kinderfest redet man nicht über die türkische Politik

© Foto: Fritz Etzold

Ilyas sind Kosaken egal, er mag lieber Kekse. Mit vollem Mund läuft der Noch-nicht-ganz-Zweijährige vor der Bühne, auf der eine Gruppe in russischem Kostümen tanzt. Ab und zu wirft er einen Blick zu seiner Mama, dann geht schnell die Hand wieder zum Mund.

Erst eine Woche ist das Verfassungsreferendum in der Türkei her. Doch von Politik will an diesem Tag niemand etwas hören und vor allem nicht reden, schon gar nicht mit einem Journalisten. Doch einer muss, schließlich repräsentiert er an diesem Tag den türkischen Staat: Konsul Güral Bas.

Er streitet rundherum ab, dass die harte Kampagne der türkischen Regierung und das sehr knappe Ergebnis überhaupt einen Einfluss auf das Zusammenleben der türkischen Familien in der Region habe. "Es gibt keine Spaltung, sondern nur Spannungen", sagt Bas.

Das sei normal nach einer Abstimmung, bei der es immer einen Gewinner gebe, werde sich aber auch legen. "In diesem Raum sind sicherlich Befürworter und Gegner der Verfassungsänderung, aber sie grüßen sich und feiern gemeinsam", sagt Bas.

  "Ich gehe schon auf das Fest seit ich ein kleines Kind war", sagt Seyma Özgül. Früher hat sie selbst Gedichte aufgesagt oder getanzt, heute schaut sie ihrer kleinen Schwester und ihrer Cousine zu, die mit der Tanzgruppe der Ditib Neumarkt in goldenen Pumphosen auf der Bühne sind. "Das Kinderfest ist eine Mischung von beiden Kulturen", sagt die 20-Jährige. "Schließlich bin ich in hier geboren."

Staatstragende Reden gehören zum Kinderfest dazu; es spricht Konsul Bas, Integrationsbeauftragter Reiner Hortolani, Landrat Willibald Gailler. "Wie lange dauert das noch", fragt die Sara und hält sich die Hände an den Kopf. "Mir fallen gleich die Ohren ab." Die Fünfjährige hat sich extra schick gemacht, trägt ein rosa Kleid mit großen Blumen am Gürtel und einen feschen Hut. Und bald schon ist sie ein Schmetterling oder eine Prinzessin – wenn sie nur endlich beim Schminken an der Reihe ist.

Ahmet ist für solche Kindereien längst zu groß, Der 16-Jährige steht mit seinen Freunden cool vor der Halle. Alle sind mit der Familie hier. "Eigentlich gehen ich zum Kinderfest seit ich denken kann", sagt er. Und später auch mit den eigenen Kindern? Er grinst. "Schaun wir mal bis es soweit ist."

Die Mehrzahl der Besucher sind zwar türkisch-stämmig oder haben Verwandte. Doch es Patrick Dellermann etwa. Der Nürnberger kommt sei einigen Jahren extra nach Neumarkt zum internationalen Kinderfest. "Es ist das schönste deutsch-türkische Fest, dass ich kenne", sagt er und hält den kleinen Aaron auf dem Arm. "Die Kinder machen keinen Unterschied, ob jemand türkisch oder deutsch ist."

Keine Kommentare