Am Wochenende zieht Graf Tilly in Breitenbrunn den Federhut

8.9.2016, 11:36 Uhr
Am Wochenende zieht Graf Tilly in Breitenbrunn den Federhut

© Foto: Werner Sturm

Das Tillyfest am nächsten Samstag und Sonntag zählt zu den schönsten und spektakulärsten historischen Festen in Bayern. Auch wenn sich in den Vorjahren der Fokus etwas mehr auf die gesamten Geschehnisse während des Dreißigjährigen Krieges in Breitenbrunn und in der Umgebung richtete, wird dabei nicht der Grundgedanke des Festes vergessen. Also die Erinnerung an den Feldherrn Johann Tserclaes von Tilly, der 1624 von Kurfürst Maximilian die Herrschaft Breitenegg und Breitenbrunn als Verdienst für seine Leistungen erhalten und mit seinem Besuch im Marktflecken persönlich in Besitz genommen hat. Seit 1988, mit einer einjährigen Ausnahme, verkörpert Karl Ferstl aus Siegertshofen den Feldherrn und nimmt damals wie heute die Huldigungen seiner Untertanen entgegen.

Wenn Ferstl als Graf Tilly in seinen nach historischem Vorbild gefertigten Gewändern, mit Federhut, knielangen schwarzen Stiefeln, Rapier und gepflegtem Tillybärtchen beim Historienfest Einzug hält, dann trifft er dort, die heutige Zeit macht das möglich, auf seine Nachfahrin, die Reichsgräfin Maria Anna Katharina Theresia Gräfin von Tilly-Montfort. Graf Tilly erlag am 30. April 1632 in Ingolstadt den Folgen einer schweren Kriegsverletzung. Aber erst mit dem Tod der Gräfin von Tilly-Montfort am 21. Juli 1744 in Breitenbrunn erlosch die bayerische Linie dieses berühmten Geschlechts. Hoch zu Ross, in einem edlen Kleid lässt heuer wieder Marina Braun die Gräfin für zwei Tage ins Leben zurückkehren.

Der „Heilige im Harnisch“, wie Tilly auch genannt wurde, wird am Sonntag nach dem Festzug am Marktplatz Einzug halten. Dort wird der Herold dem Volk die Anwesenheit seines neuen Herren verkünden. Ihm obliegt es außerdem, das Tillyfest feierlich zu eröffnen. Der Herold war im Mittelalter offizieller Bote eines Lehnsherren, sozusagen eine Vorform des Diplomaten. Herolde genossen diplomatische Immunität und waren an einen eigenen Ehrenkodex gebunden, der das Tragen von Waffen oder das Ausspionieren gegnerischer Stellungen verbot. Herolde trugen einen besonderen, mit dem Wappen ihres Dienstherren geschmückten Mantel, den Tappert.

Braun wieder im Amt

Sie waren unter anderem auch verantwortlich für die Identifizierung der Ritter anhand ihrer Wappen im Turnier beziehungsweise im Krieg. Aus der Stilistik der Wappen ging die Heraldik hervor, die Führung der Wappenregister übernahmen staatliche Heroldsämter. Den Herold beim Tillyfest verkörpert wieder Christian Braun.

Zum dritten Mal seit seiner Wahl vertauscht Bürgermeister Lanzhammer (FW) das Amt des Bürgermeisters mit dem des Schultheiß. Das hohe Amt des städtischen Schultheißen geht auf das Schultheißentum im mittelalterlichen Gericht zurück. Als die Städte im späten Mittelalter auch die hohe Gerichtsbarkeit erwarben, wurde der Schultheiß zum höchsten Richter der Stadt und auf diesem Wege häufig zum Vorsteher der Stadt überhaupt. Später konnte er auch der Vorsteher eines städtischen (Stadtschultheiß) oder dörflichen Gemeinwesens (Schulze) sein. Als Schultheiß hat Lanzhammer während des Tillyfestes ein hohes Amt inne und eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, wenn es gilt, Johann Tserclaes Graf von Tilly den Willkommenstrunk zu reichen.

"Innerer Rat"

Schultheiß Lanzhammer tut das nicht alleine, sondern in Begleitung seines Magistrats. Schon in der Antike war Magistrat die Bezeichnung der Regierungsbehörde, deren Mitglieder in der Regel vom Volk gewählt wurden. Im Mittelalter wurde der Begriff aufgenommen und diente als Bezeichnung für ein Kollegium gewählter städtischer Amtsträger. Dem „inneren Rat“ von Breitenbrunn gehören beim Tillyfest heuer fünf Personen an: Die Markträte Georg Beck (CSU), Andreas Gabler (SPD), Werner Seidel (SPD), Albert Braun (CSU) und Rainer Hauck (CSU). Schultheiß, Magistrat und deren Ehefrauen sind in tiefblaue Gewänder gehüllt, die den historischen Vorbildern nachempfunden sind und den Reichtum der damaligen Zeit widerspiegeln.

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