Anja Pürkel macht die Menschen bunt

22.9.2017, 09:36 Uhr
Anja Pürkel macht die Menschen bunt

Ein bis zwei Stunden dauert es durchschnittlich, bis aus einem nackten Körper ein Gesamtkunstwerk geworden ist. "Länger darf es im Normalfall nicht dauern", erklärt Bodypainterin Anja Pürkel, "sonst wird es zu anstrengend. Das Modell muss ja die ganze Zeit still stehen und darf sich nur sehr kontrolliert drehen: Eine Bewegung des Kopfes verzieht zum Beispiel schon die Haut am seitlichen Oberkörper. . . "

Außerdem beginnt die eigentliche Arbeit für die Modells erst, wenn die Farbe getrocknet ist: das Schaulaufen beim Kunden – "das können Veranstaltungen bei Firmen in Diskos oder Privatleuten sein, aber auch Messen oder Bodypainting-Meisterschaften."

Festival organisiert

Anja Pürkel, die eigentlich gelernte Maskenbildnerin ist und heuer auf der Insel Usedom ein Bodypainting-Festival mit 5000 Besuchern am Tag organisiert hatte, macht diesen Job seit dem Jahr 2000.

Inzwischen ist sie pro Jahr auf 200 bis 250 Veranstaltungen zu finden, in Deutschland, Österreich, Italien, Spanien, der Schweiz und in Belgien. "Ich bin Kraftfahrerin mit künstlerischer Nebentätigkeit. Aber die Events kommen eben nicht zu mir und ich mache den Job unheimlich gerne", sagt sie lachend.

Bei WM angetreten

Mit der Zeit hat sich die Neumarkterin einen Stamm an Modells aufgebaut, mit denen sie immer wieder zusammenarbeitet – "überwiegend Mädels, die sind leidensfähiger." Mit ihnen hat sie auch schon an diversen Meisterschaften teilgenommen, darunter auch Weltmeisterschaften: 200 bis 300 Künstler aus 40 bis 50 Nationen messen sich dort. Anja Pürkels Lieblingskategorie ist "Special Effects", wo mit allerlei Materialien noch so verrückte Kreationen gezaubert werden dürfen: Vorgaben gibt es bei dem Wettbewerb keine und so kann sich die Neumarkterin völlig austoben.

"Jede Rundung einkalkuliert"

"Andere malen vorab Skizzen, ich mache das lieber direkt am Modell, da ich ja wirklich jede Rundung des Körpers miteinbeziehen muss – dadurch kann es auch sein, dass ich kurz vor einem Wettbewerb noch einmal alles umschmeiße, weil mir eine bessere Idee gekommen ist", sagt die Neumarkterin mit Stolz in der Stimme. Dennoch ist auch bei ihr Vorbereitung alles: Teilstücke, die in die Haare eingearbeitet, oder beispielsweise als Sonnenstrahlen auf die Haut geklebt werden sollen, bastelt die Neumarkterin vor dem Event aufwändig und mit viel Herzblut in Eigenregie.

Anja Pürkel macht die Menschen bunt

© Fotos: Pürkel

Leidenschaftlich gerne kauft sie deshalb in Ein-Euro-Läden, dem Internet und insbesondere im Baumarkt ein: "Da gibt es immer etwas, was man brauchen kann." Von ihrem stillgelegten Bauernhof sind mittlerweile drei Viertel des Platzes Künstlerwerkstatt und Lager für bereits verwendete Teile.

Zweckentfremdet

Der hautverträgliche Kleber ist bei den Bodypaintings Anja Pürkels größter Freund und zwingend nötig, um Papier, Leder, Styropor, Moosgummi, Latex, oder auch mal eine zweckentfremdete Regenrinne auf den Körper des Modells zu kleben; und durch Farbe so am Körper einzubinden, dass es aussieht wie aus einem Guss.

Wie bei Kochen

Ob ihr nicht zum Heulen ist, wenn sich die Modells nach dem Event die Farben und aufgeklebten Details innerhalb einer halben Stunde vom Körper waschen? "Nein, meine Arbeit ist vergleichbar mit der eines Kochs. Da bleibt ja auch nichts übrig. Bei mir gibt es wenigstens Bilder davon", erzählt Anja Pürkel, ganz der Profi.

Wer sie übrigens einmal live erleben möchte: Am heutigen Freitag, arbeitet sie ab 14 Uhr als Bodypainterin, im Neuen Markt, der sein zweijähriges Bestehen feiert. Welches Motiv sie sich einfallen lässt? "Die grobe Idee steht, der Rest entsteht wieder spontan."

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