Architektur & Baukultur: 99. Vortrag mit Wohlfühl-Charakter

23.2.2018, 16:00 Uhr
Architektur & Baukultur: 99. Vortrag mit Wohlfühl-Charakter

© F.: Fellner

In der Vortragsreihe Architektur & Baukultur ist Andreas Meck Gründungsmitglied: Im Jahre 2002 hat er den sechsten Vortrag gehalten, jetzt konnte Johannes Berschneider ihn im Museum für historische Maybach-Fahrzeuge zur 99. Veranstaltung begrüßen. "Alltägliches" lautete der Titel seines Werkberichts, was wohl auf den Verwendungszweck der beschriebenen Bauten zutraf, nicht aber auf die Prinzipien der Architektur, die Andreas Meck seinem Schaffen zugrunde legt.

Sein Denken im Raum orientiert sich an Grundsätzen der Architekturtheorie, wie sie der römische Architekt Vitruv bereits im ersten Jahrhundert vor Christus geschaffen hat. So betrachtet Meck unter dem Begriff "Sorgfalt" die Relevanz eines gut durchdachten und gestalteten Grundrisses.

Ihn auf objektiv notwendige Dimensionen und Funktionen zu reduzieren, hält der Architekt für zu kurz gedacht: "Ein Grundriss bildet die Grundlage zum Wohlbefinden und sollte auch wandelbar sein, denn die Anforderungen an ein Gebäude können sich im Laufe seines Lebens ändern." Ganz im Gegensatz zur äußeren Form und Gestalt eines Bauwerks, dessen Erscheinungsbild in der Regel unverändert bleibt.

Gelassenheit ist gefragt

"Gelassenheit" ist beim Zusammenwirken der Themen Konstruktion und Raum angesagt. Dass ein Bauwerk ein konstruktives Produkt ist, möchte Meck nicht verbergen, sondern vielmehr aus den Komponenten Raum, Funktion und Material eine konstruktive Einheit formen. Kleine Irritationen wie Kantenverläufe oder Versprünge sollen das Bauwerk zwar lebendig halten, doch "das Detail darf sich nicht zu wichtig machen. Der Blick muss stets dem großen Ganzen gelten."

Dieser Grundsatz gilt im Grunde auch für die Korrespondenz zwischen "Innen und Außen". Meck fordert die Einheit eines Baukörpers mit seiner natürlichen Umgebung, aber auch mit den Baustoffen oder architektonischen Zitaten von benachbarten Bestandbauten. Zugleich bricht er Grenzen auf, indem er die Wand als abgrenzendes Element auftrennt und so Innen und außen verschwimmen lässt.

In Anlehnung an den Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry beschreibt Meck, worauf es ihm in seinem Architekturverständnis ankommt: "Wenn ich eine schöne Frau ansehe, sehe ich zuerst ihr Lächeln. Wenn Experten ihre Schönheit mit wissenschaftlichen Methoden möglichst exakt beschreiben wollen, analysieren sie präzise jedes Detail, sehen aber niemals ihr Lächeln." Wie wichtig es sei, stets "Das Ganze" zu betrachten, zeige die Radikalisierung der Architektur als Folge der derzeitigen Reduzierung auf das absolut Notwendige.

Drei in ihren Grundzügen einfache, aber in architektonischen Details dennoch komplexe Objekte veranschaulichen die Meck‘schen Prinzipien. So hat ein Ferienhaus im Salzburger Land zwar auf den ersten Blick mit klassischer alpenländischer Architektur nichts zu tun, greift diese aber im Detail auf. Der Holzbau ist innen und außen roh belassen und setzt Patina an. Innen wechseln sich wie in einer Berghütte kleine Privatsphären mit großen Gemeinschaftsräumen ab, die offene Feuerstellen verbinden.

Auf einem schmalen gewinkelten Grundstück, umgeben von historischer Bausubstanz steht das neue Rathaus der oberbayerischen Gemeinde Maitenbeth. "Wir haben darauf geachtet, dass es wie ein normales Haus aussieht", sagt Meck. Die Pfetten und Unterschläge des weit auskragenden Satteldaches sind wie bei der benachbarten Alten Post blau gestrichen, die Putzstruktur ähnelt der der Kirche. Den Räumen verleihen tiefliegende Fensterbänke und umlaufende Holzleisten einen ortstypischen Charakter.

Eine kleine Kirche mit extrem steilem Walmdach bildet die optisch dominante Nachbarschaft für ein neues evangelisches Gemeindezentrum in Markt Schwaben. Die Traufbänder der Kirche waren deshalb richtungsweisend für die Bauhöhe, die Raumhöhe passt sich der Topografie an: Die größeren Räume sind hoch, die kleineren niedriger. Der Kirchhof bildet den Zugang zu Pfarramt und Gemeindehaus, die Erschließung erfolgt über einen kreuzgangähnlichen Zugang. Und weil auch hier der Blick auf das Ganze gewahrt wurde, steht die Kirche heute wieder so frei wie in ihrem Erstehungsjahr 1955.

Keine Kommentare