Beim ASV Neumarkt rollen die Rhönräder aufs Abstellgleis

NEUMARKT - Die Rhönradabteilung des ASV Neumarkt gehört der Vergangenheit an. Zahlreiche ehemalige Turnerinnen kamen im Café „Zentral“ am Unteren Tor zusammen und erinnerten sich schon ein bisschen wehmütig an die vielen schönen Erlebnisse in den vergangenen Jahrzehnten.

Da die bisherige Trainerin Kerstin Meier wegen einer Bandscheibenoperation nicht weitermachen konnte und auch für die jetzige Abteilungsleiterin Beate Grgan kein Ersatz gefunden wurde, musste man notgedrungen aufhören.

Greta Graf, die 50 Jahre lang von 1960 bis 2010 an der Spitze der Abteilung stand und selbst aktive Rhönradlerin und Trainerin war, blätterte in der Geschichte der Abteilung, die im Jahr 1953 ins Leben gerufen wurde.

„Die ersten drei alten Rhönräder wurden im Turnerheim in einem Geräteschuppen entdeckt und so begann alles“, erzählt Greta Graf, die zusammen mit Traudi Haubner, Heidi Laubner, Christa Smok und Otto Weber sich als erste an das ungewöhnliche Sportgerät wagten.

Michael Seger trainierte die kleine Gruppe, die im Jahr 1954 beim Saalsportabend ihren ersten großen Auftritt hatte. Beim deutschen Turnfest in Leipzig im Jahr 1956 vertraten die Neumarkterinnen die Farben des ASV. „Ein unvergessliches Erlebnis war die Teilnahme an den 4. Weltjugendspielen 1957 in Moskau mit einem Auftritt im weltbekannten Bolschoi-Theater“, sagt Greta Graf und strahlt.

Für 140 Mark nach Moskau

„Im Sonderzug sind wir von Ostberlin nach Moskau gefahren und alles hat uns nur 140 Mark gekostet“, blickt sie zurück. Mit dabei war auch Otto Götz als junger Leichtathlet, der eine Anekdote parat hat: „Geistlicher Rat Ludwig Heigl beschimpfte uns in einer Predigt als gottlose Gesellschaft, weil wir zu den Kommunisten gefahren sind und wir saßen dabei im Gottesdienst“, schmunzelt er.

© Fotos: Fritz Etzold/Franz Xaver Meyer

Bei vielen Wettkämpfen traten die Neumarkter in den folgenden Jahren auf. In den besten Zeiten hatte die Abteilung über 40 Mitglieder, zuletzt gehörten ihr nur mehr 15 an. Erfolgreichste Sportlerin war Nathalie Harmel, die in der Bundesklasse turnte und sich mit der Mannschaft über den bayerischen Meistertitel freuen konnte. Im Jahr 1978 richtete der ASV Neumarkt die bayerische Meisterschaft aus.

Ihren letzten öffentlichen Auftritt hatten die Turnerinnen im Februar 2015 bei einem Schulprojekt des Willibald-Gluck-Gymnasiums. Zum Treffen erschien auch Rhönrad-Europameister Robert Stempfl aus Ansbach, der seit vielen Jahren Kontakt mit Greta Graf pflegt und in Neumarkt immer wieder aushalf.

„Um aber hier die regelmäßige Trainerarbeit zu übernehmen, bin ich von Ansbach einfach zu weit entfernt“, sagt Stempfl. 23 Rhönräder werden nun eingemottet und, so hofft Greta Graf, vielleicht findet sich ja einmal wieder ein Trainer.

Erinnerungen gedruckt

Greta Graf hat über die 63-jährige Historie der Abteilung ein Foto-Buch zusammengestellt, das sie nun an die bisherigen Übungsleiter und Trainerinnen übergab. „Unsere Freundschaft und Kameradschaft wird bleiben, denn die kann man nicht auflösen“, ist sich Greta Graf sicher.