Allied Spirit X: 5600 Soldaten aus 15 Staaten proben den Ernstfall

10.4.2019, 17:00 Uhr
Allied Spirit X: 5600 Soldaten aus 15 Staaten proben den Ernstfall

Der von einem Voraus-Jeep der US-Army gelotsten Journalistentross musste trotz der etlichen Hundertschaften von im Gelände postierten Soldaten in ihren grün-braun gescheckten Kampfanzügen schon genau hinsehen, um diese samt ihren Militärfahrzeugen wie Spähfahrzeugen, Jeeps oder deutschen Fuchs-Panzern ausfindig zu machen.

Allenthalben rußgeschwärzte Gesichter. Kein einziges Militärvehikel, dessen Scheinwerfer nicht mit Tarnnetzen, braunen Säcken und Geäst verdeckt war.

So abweisend diese Szenerie im ersten Moment wirkte, dazu noch die überall präsenten Lagerwachen mit ihren Sturmgewehren: Über all dem wehte im durch die Baumäste schüchtern dringenden Sonnenschein beinahe ein Hauch von Pfadfinderromantik für Erwachsene.

In schreiendem Gegensatz dazu ein abgedunkelter US-Gefechtsstand in einem Zelt, mit schnarrenden Sprechgeräten, einer aufgeklappten Wandkarte als Triptychon und ständig neuen Meldungen. Die Truppe selbst stammt eigentlich aus Kansas und ist zur Zeit auf neunmonatigem Europaeinsatz.

Wenig Schlaf

Bei allem internationalen, kameradschaftlichen Miteinander bleibt fürs Genießen und Ausruhen bei dieser gigantischen neuntägigen Wald- und Geländeübung keine Gelegenheit. Von Nachtruhe ist da vor allem bei schnellen Standortwechseln und maximal zwei, drei Stunden Schlaf kaum eine Spur.

Selbst der gar nicht kommissmäßig, sondern freundlich-gewinnend auftretende Gesamtorganisator der Gefechtsübung, Colonel Joe Hilbert, stellt als Übungsziel unumwunden fest: "Wir fangen auf einer Ebene an, und müssen immer besser werden." Jede beteiligte Einheit habe ihre Stärken, "aber es geht immer noch besser".

Generalmajor Jürgen-Joachim von Sandrart, Komandeur der 1. Panzerdivision, ergänzt als Erkenntnis aus den multinationalen Gefechtsübungen: "Andere (Truppen) sind auch sehr gut, teilweise sogar besser." In einem tatsächlichen Ernstfall komme es aber auch auf kleinste Details an. Wenn es heiße "Wie kämpfe ich mit einer Minensperre?", müsse das "bei israelitischen und niederländischen Kameraden das Gleiche bedeuten wie bei uns." So sei wichtig zu wissen, wie in den jeweiligen Situationen Bataillone aus Deutschland, den USA und England reagieren würden.

Nur mit Platzpatronen

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Da helfen auch keine Schüsse mit Platzpatronen aus den Sturmgewehren und MGs. Und auch keine mit Pyrotechnik und Laserstrahl simulierten Schüsse aus Panzerkanonen – ganz im Gegensatz zum Truppenübungsplatz Grafenwöhr, wo durchwegs scharf geschossen wird. Auf Nachfrage räumte Colonel Hilbert ein, dass es bis jetzt, dem dritten Übungstag, auch mehrere Verletzte gegeben habe. Das lasse sich "nicht immer verhindern, wenn es um schweres Gerät" gehe. Aber alle seien angemessen und zeitnah versorgt worden.

Um die Versorgung von angeblichen und tatsächlichen Verletzten kümmert sich auch der Hauptgefreite Lukas Gropper, der gerade seinen 23-monatigen Freiwilligen Wehrdienst ableistet.

Den durchwegs englischsprachigen, kameradschaftlichen Umgang in der internationalen Soldatentruppe nannte er "wahnsinnig interessant" – und sprach damit ganz offensichtlich praktisch all seinen Kameraden aus der Seele.

Nichts anderes hörte auch Panzerkommandeur von Sandrart von seiner Truppe. Bei einer Stegreif-Pressekonferenz im Freien ging er aber auch auf den immer neuen, schlagzeilenträchtigen Ärger um mieses und verschlissenes Material der Bundeswehr ein. "Trotz aller Anstrengungen zur Behebung der Defizite der vergangenen 20 Jahre brauchen wir wohl noch eine Weile, bis alle Defizite ausgemerzt sind."

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