Chatroom als Kummerkiste

14.3.2009, 00:00 Uhr
Chatroom als Kummerkiste

© Bauer

Herr Bomhard, jetzt stolpert die Polizei über die vermeintliche Ankündigung des Amoklaufs von Winnenden. Wie ernst zu nehmen ist das Internet?

Lorenz Bomhard: Ernst sollten wir die oft verzweifelten Kommentare in Chatrooms trotz Tricksereien und Trittbrettfahrern nehmen. Schließlich konnten ja auch schon angekündigte Amokläufe und Suizide verhindert werden.

In den Gesprächsrunden im Internet wird in einer völlig eigenen Sprache gesprochen, um sich von anderen abzugrenzen.

Bomhard: Jugendliche erfinden im Netz dauernd neue Wörter und Abkürzungen. Niemand kann deshalb alle Wortbedeutungen genau definieren, weil sich die Bedeutung ständig wandelt. Da hilft nur, mit dem Nachwuchs zu sprechen. Dagegen ist «LOL» einfach mit Lachen zu übersetzen.

Familienministerin Ursula von der Leyen hat vorgeschlagen, eine Art Alarmschalter im Internet einzurichten. Was halten Sie davon?

Bomhard: Das ist der übliche Politikerreflex nach solchen schlimmen Ereignissen. Die mit Risiken behaftete Freiheit des Internets lässt sich mit Kinderschutz-Filtern technisch nur schwer begrenzen. Eltern sind oft überfordert, Jugendliche etwa von Pornos und Gewaltspielen fernzuhalten. Ein Filter oder Alarmschalter ersetzt aber nicht die Erziehung und Begleitung des Nachwuchses. Es geht ja nicht ums Internet, sondern um die Wahrnehmung der Probleme unserer Kinder - wenn der Chatroom zum Kummerkasten wird, stimmt etwas nicht. Interview: -wof-