Der abendliche Kampf um die Fernbedienung

12.3.2018, 09:15 Uhr
Der abendliche Kampf um die Fernbedienung

© Foto: Martin Herbaty

Trotz des passenden Themas zum Weltfrauentag blieb die Runde im Rahmen der Reihe "Kunst im Keller" relativ klein. Doch wer gekommen war, gewann durch die Lesung des "staatlich geprüften Machos" neue und vergnügliche Perspektiven auf die moderne Frauenliteratur.

Müller arbeitet als Sozialwissenschaftler auch in der Erwachsenenbildung, etwa an der Hochschule der Bayerischen Polizei, und als Rhetorik- und Bewerbungstrainer. Und er hat zahlreiche Romane, Kurzgeschichten, Kinder- und Jugendbücher geschrieben. In seinen Lesungen befasst er sich gerne mit spezifischen Genres. "Also sowas lesen Frauen", lautete die erste Feststellung beim Blick ins "Bücher für Frauen"- Regal: Seit Helen Fieldings "Schokolade zum Frühstück" sind längst Titel wie "Lebe wild und unersättlich", "12 Monate, 17 Kerle und ein Happy End" oder "Halbnackte Bauarbeiter" hinzugekommen.

Hochgezogene Augenbraue

Müller zeigte beim Blick in die Seiten die Außenperspektive darauf, was "Literatur von Frauen für Frauen, die sich damit befasst, was Frauen so bewegt" eigentlich ist. Er sparte nicht mit süffisanten Anmerkungen, doch oft reichten der entsprechender Tonfall beim Vorlesen und eine hochgezogene Augenbraue.

Von "Ich möchte ein Igel sein" ging es weiter zum Frauenkrimi – mit gemischten Ergebnissen: "Haben Frauen da wirklich Spaß dran, so was zu lesen?"

Aber Müller führte nicht nur die eher merkwürdigen Beispiele vor – schließlich muss "Frauenliteratur" kein Label für zielgruppenspezifisch auf einen Markt hingeschriebene Fließbandware sein. Den Großteil des Abends widmete er Literatur, die Vorleser und Zuhörern gleichermaßen Spaß machte. Die stufenweise Eskalation einer Essenseinladung aus "Sei kein Frosch, mach mir den Prinzen" von SZ- Kolumnistin Violetta Simon sorgte für zunehmendes Kichern und Glucksen im Publikum, ebenso wie der offenbar vielen Zuhörerinnen und Zuhörern nur zu bekannte abendliche Kampf um die TV- Fernbedienung.

Anna Gavaldas Liebesgeschichte "Ich wünsche mir, dass irgendwo jemand auf mich wartet", begeisterte das Neumarkter Publikum – obwohl oder weil darin Männer nicht so gut wegkommen. Ebenso die Schilderung einer sich anbahnenden Ehekrise durch die Imagination einer zuhause wartenden Ehefrau aus Susanne Fröhlichs "Treuepunkte": "Sowas könnte ein Mann nie schreiben", lautete Müllers respektvolles Fazit.

Er outete sich als "absoluter Fan" von Elke Heidenreich, seien doch ihre Kurzgeschichten "alle großartig, komisch, tragisch, witzig oder rührend". Entsprechend las er eine ganze Reihe von Heidenreichs Miniaturen und traf dabei nicht nur den Nerv des Publikums, sondern auch immer perfekt den Tonfall der auftretenden Figuren. Ebenso gab er beim als Zugabe gelesenen "Elternabend" aus Kirsten Fuchs' "Eine Frau spürt so was nicht" der Schreibkunst der Poetry-Slammerin mit sicherem Gespür für Rhythmus und Timing Gestalt.

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