Der Kampf gegen die Trasse geht weiter

20.2.2015, 17:23 Uhr
Der Kampf gegen die Trasse geht weiter

Sie sind keine Berufsdemonstranten und sie sind stolz darauf, dass sie als normale Bürger die Politik verblüffen: Denn sie sind die, die die da oben gewählt haben. Das weiß inzwischen auch die andere Seite, und das lässt die da oben schon stutzen. Wenn nicht die üblichen Verdächtigen in die Trillerpfeife blasen, sondern die eigene Wählerschaft.

Aber auch der Bürger macht neue Erfahrungen: Wenn dich plötzlich die Polizei, dein Freund und Helfer, misstrauisch mustert, weil du eventuell ein Störer sein könntest. Wenn deine Demo nur hinter dem Zelt zugelassen wird, in dem der Ministerpräsident spricht, und du trotzdem rein willst, um dir Gehör zu verschaffen. Das klingt deutlich an beim Infotreff der Bürgerinitiative in Pavelsbach. Viele sind über den eigenen Mut erstaunt, den die Wut in ihnen angefacht hat und der sie in harsche Konfrontation zu dem bringt, was für sie eigentlich immer als gesetzt galt.

Emotionen kochen

Das beste Beispiel dafür ist Johann Pröpster. Vom Habitus her der treue Staatsbürger, hat er den Widerstand für sich entdeckt. Wenn die Emotionen hoch kochen, können schon „Dinge passieren“, sagt er und grinst: „Ich bin mit 65 Jahren zum ersten Mal zum Demonstrieren gegangen.“ Er wird es wieder tun. Denn die Stromtrasse mit ihren bis zu 80 Meter hohen Masten will er nicht. „Was soll ich einmal meinen Enkeln sagen? Dass ich mir auf dem Sofa die Bundesliga angeschaut habe, während sie draußen die Trasse bauten? Nein, das werde ich nicht“, sagt er. Pröpsters Teil beim Treffen war der Rückblick auf das vergangene Jahr, den er sehr emotional referierte. „Des hätt ma der von der Fleischbrüggn a gsagt“, sagte er mit Verweis auf die Politiker, die sich alle aus der Debatte heraushielten. Der auf der Fleischbrücke ist ein steinerner Ochse in Nürnberg. Der sagt gar nichts. Und damit auch alles. Die Zuhörer applaudierten.

Die Politiker, sagte Pröpster, hätten sich total aus der Sache zurück gezogen, würden zum Thema Südost-Passage gar nichts sagen. Deshalb sehe er nicht schwarz, sondern rot, sagte er vor dem Bild eines in einer Feuersbrunst umsinkenden Strommastes. Was besonders bitter sei, sei die Tatsache, dass in der Fortschreibung des Netzausbauplanes die Südost-Passage wieder drin sei; zwar verschoben und verlängert, aber noch aktuell. „Durch unseren Einsatz haben wir geschafft, dass es noch so ist, wie es war, aber wir kämpfen weiter, damit die Trasse nicht kommt.“ Dafür müsse man kämpfen, mit allen Mitteln, „und wenn ich mit allen Mitteln sage, dann meine ich das auch so“. Schließlich sei ihm von der Netzagentur bei einer Anhörung klipp und klar gesagt worden: Die Trasse sei Gesetz und werde gebaut.

Auch Thomas Härtl von der Sprechergruppe der BI ließ das vergangene Jahr noch einmal Revue passieren. Derzeit habe die BI rund 1000 Mitglieder, ein Zirkel von 20 Menschen übernehme die Planung. Man habe im Januar 2014 nicht gewusst, was da genau geplant sei, nur, dass ein Milliardenprojekt auf dem Weg sei. Amprion habe gedacht, mit der Zusage der Politik „eine gemahte Wiesen zu haben, Widerstand sei zwecklos, das wird alles gebaut“. Die Politik habe den Bürgern etwas eingebrockt, das die Politiker selbst womöglich kaum überblickt hätten. Er prophezeite: „Gestern war politischer Aschermittwoch, heute ist bei uns politischer Ascherdonnerstag.“

Die Trasse sei nur da, um hoch subventionierten Braunkohlestrom aus hoch subventioniertem Braunkohleabbau nach Bayern zu liefern, da mache man nicht mit. Die Politik habe nicht mit derart massivem Widerstand aus der Bevölkerung gerechnet, „sonst lägen die Fundamente für die Masten schon in unsren Fluren“.

Doch auch Härtl warnte: Trotz aller Proteste sei bisher noch nichts passiert, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz gebe es noch immer und noch immer sei die Südost-Passage Bestandteil der Planungen. „Wir lassen uns aber nicht für dumm verkaufen, wir kämpfen weiter“, sagte er. Die Lobby der Stromversorger dürfe sich nicht durchsetzen.

Postbauer-Hengs Bürgermeister Horst Kratzer berichtete über den Zusammenschluss der 70 Gemeinden, durch die die Trasse verlaufen soll. Er sei nun zweimal in Berlin gewesen bei Diskussionsforen zur Trasse, schilderte er seine Eindrücke, „und wenn da einer bayrisch spricht, wird er lächelnd zur Seite gedrückt“. Das Problem sei, man müsse ein Bundesgesetz ändern, das gehe nur über Bundestag und Bundesrat. Es sei positiv, dass sich der Widerstand so gut entwickelt habe und das müsse bleiben, wolle man etwas erreichen. Die „Kommunen gegen die Gleichstrompassage Südost“ hätten nun ebenfalls ein Gutachten in Auftrag gegeben, sagte Kratzer – aber es gebe auch Gutachten, die für die Trasse sprechen.

Stefan Grasenhiller, der für die BI Trassenwahn aus Kettenbach gekommen war, berichtete über seine Erfahrungen beim Energiedialog mit Ministerin Ilse Aigner. „Wir sind nicht gegen die Monsterstromtrasse, sondern für den Erhalt unserer Heimat“, schärfte er seinen Zuhörern ein, um dem Vorwurf des reinen Negierens zu entkommen. Was beim Energiedialog herausgekommen sei, sei nur ein Etappensieg, kein Endsieg, sagte er, denn: „Viele sagen, das war ein Erfolg – aber ein Erfolg schaut anders aus.“ Die Versorgungssicherheit in Bayern mit Strom sei in seinen Augen nicht das Kernanliegen der Trassen-Planung, sondern ein Nebenprodukt. Letztlich gehe es um die Liberalisierung des Strommarktes in der EU. Deshalb gelte: Die Trasse müsse aus dem Bedarfsplan, sonst ändere sich gar nichts. Dafür gab es viel Applaus.

Lanzinger erkrankt

Wermutstropfen gibt es viele in dieser Geschichte, einer war, dass CSU-Bundestagsabgeordnete Barbara Lanzinger trotz Zusage nicht in den gut gefüllten Schrödl-Saal nach Pavelsbach gekommen war. Sie war am Vorabend noch beim politischen Aschermittwoch der CSU in Großberghausen als Rednerin aktiv, doch dann erwischte sie die Grippewelle. Man hätte viele Fragen an sie gehabt, sagte Thomas Härtl, doch nun sei sie leider nicht da. Das ließ manchen schon schmunzeln. Glaubt man Härtl, dann zu Unrecht: Die Bundestagsabgeordnete habe schon einen neuen Termin haben wollen, doch da müsse man sich erst noch intern absprechen, wann das machbar sei. Aufgeschoben sei ja nicht aufgehoben.

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