Deß tritt bei Europawahlen nicht mehr an

25.5.2018, 06:30 Uhr
Deß tritt bei Europawahlen nicht mehr an

© Archivfoto: Fritz-Wolfgang Etzold

Von verschiedenen Seiten sei er gebeten worden, doch noch einmal zu kandidieren. "Aber man soll aufhören, wenn es noch manche bedauern", sagt Deß.

Einige Meilensteine hat der CSU-Mann in dieser langen Zeit erlebt. Er war dabei, als 1990 der erste frei gewählte gesamtdeutsche Bundestag vom Alterspräsidenten Willy Brandt eröffnet wurde, damals noch in Bonn. Die Erinnerung daran sei "heute noch beeindruckend", sagt Deß .

"Überraschend" war er als 51. CSU-Abgeordneter in den Bundestag gekommen, er hatte nicht damit gerechnet, sagt er. Es folgten die Entscheidung für Berlin und der Umzug.

Auch Deß’ Einstand auf dem europäischen Parkett war mit einem besonderen Datum verbunden: 2004 wurde er ins Europäische Parlament gewählt. In diesem Jahr waren erstmals auch die Staaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Ungarn und Zypern mit in der EU vertreten und wurden bei der ersten Sitzung in Straßburg besonders begrüßt.

Die Themen des Rockersbühlers, der den Beruf des Landwirts erlernt hat: Agrarpolitik und ländlicher Raum. Die haben ihn seine Zeit als Abgeordneter in Bonn, dann Berlin und nun in Brüssel und Straßburg begleitet. Wie in Deutschland über Agrar-Fragen diskutiert werde, findet der 71-Jährige beunruhigend. In Frankreich, Spanien und Italien gebe es das nicht. "Die Deutschen verdienen gar keine Landwirte mehr – sollen doch die Großstädter, die alles besser wissen, selber ihre Lebensmittel anbauen", wird Deß deutlich. Er erlebt eine "Arroganz" in der Debatte, die ihn erschüttert und rät inzwischen jungen Leuten davon ab, Landwirt zu werden, den Beruf, den er mit 14 Jahren begeistert lernen wollte.

Beispiel Glyphosat: Er selbst habe seit 30 Jahren kein Glyphosat auf seinen Flächen eingesetzt. Es sei aber eines der harmlosesten Mittel und habe mit dem Bienensterben nichts zu tun, versichert Deß. Das werde aber nun verknüpft "von NGOs, das sind doch Spendensammel-Organisationen". In seinen Augen seien das Geschäftsmodelle, denen es nicht um sachliche Diskussionen gehe.

Er selbst frage Kritiker, ob sie schon mal eine Wiese gemäht, einen Acker gepflügt, eine Kuh gemolken oder ein krankes Kalb gepflegt haben. Das sei meist nicht der Fall. "Das ist eine Anmaßung, dann den Landwirten zu sagen, was sie falsch machen – ich erzähle einem Facharzt doch auch nicht, was er machen muss."

Seit 2009 ist er der agrarpolitische Sprecher der EVP, der konservativen Fraktion auf EU-Ebene, der größten im europäischen Parlament. Ein Posten, der ihm nach dem Kommissar das erste Rederecht bei Debatten sichert.

Mehrheiten auf EU-Ebene

In der politischen Arbeit gilt es für Albert Deß, Mehrheiten zu organisieren, da es auf Europa-Ebene keine Koalitionen gibt und vor jeder Abstimmung neu miteinander diskutiert und gerungen wird. Ein Erfolg, der auf diesem Weg errungen wurde: Kleine bäuerliche Betriebe bis 46 Hektar Größe erhalten einen Zuschuss. Das sei wirkungsvoller als eine Obergrenze, sagt Albert Deß, und habe bewirkt, dass gerade nach Bayern mehr Geld fließe, wo es viele kleine Bauernhöfe gibt. Diesen Effekt würde er gern noch verstärken; in der Diskussion sei, den Zuschlag zu verdoppeln.

Nach dem Brexit fehle einiges an Geld, das werde dann auch im Agrarbereich zu spüren sein. Deß umreißt seine Position so: "Ich fordere vom Kommissar, im Durchschnitt zu kürzen und nicht den Agrarbereich als Steinbruch für alles andere zu nutzen." Noch immer gebe es zu viel Bürokratie – hier sieht Deß aber wenig Hoffnung auf einen umfassenden Abbau. Bei entsprechenden Vorstößen habe er keine Mehrheit gefunden.

Allerdings habe er erfolgreich dafür gestritten, das eine neue Saatgut-Verordnung, die alle bisherigen aufnimmt und einen großen Genehmigungs-Prozess für viele bedeutet hätte, gekippt wurde.

Doleschal als Nachfolger?

Für die Oberpfalz könnte der JU-Mann Christian Doleschal in Deß’ Fußstapfen treten: Sein Name wird als nächster Europawahl-Kandidat genannt. Doleschal habe bei Deß nachgefragt, ob er noch einmal antreten wolle: Falls nicht, würde er gern kandidieren. "Er ist sehr fair vorgegangen", lobt Deß. Mit der Unterstützung der oberpfälzischen CSU und der JU könnte er auch auf einem guten Listenplatz landen, meint Deß.

Was er selber nach der nächsten Wahl machen will, dafür hat Deß viele Ideen. Er sitzt weiter im Kreistag, bleibt Vorsitzender der Molkereigenossenschaft Bayernland und Präsident der Berufsfischer. Im landwirtschaftlichen Betrieb zuhause helfe er gern, er habe bald acht Enkelkinder. "Wenn die zehnjährige Enkeltochter sagt, ,Opa, du bist ja nie zu Hause‘, gibt das schon zu denken", meint er.

Außerdem parken daheim noch einige Motorräder, "die schon viel zu lange gestanden sind", und einige alte Traktoren, die er gern restaurieren möchte. Auch in Brüssel will Albert Deß ab und zu mal vorbeischauen - und öfter in Schulen sprechen, denn die Themen Agrarpolitik und Europa begleiten ihn weiter.

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