Die Haushaltsrede von Dieter Ries, Flitz

22.3.2019, 17:25 Uhr
Dieter Ries

© Dieter Ries Dieter Ries

Wie alle Jahre bejubeln die Freien Wähler von der UPW wieder den Haushaltsentwurf des Oberbürgermeisters -bejubeln auch heuer wieder den Entwurf der sozialen Kälte und der großprotzigen Bauprojekte und leider zusätzlich der mangelnden Nachhaltigkeit.
Der Haushalt gibt nun mal die Denkweise des obersten Angestellten der Stadt 1 zu  1 wider.
 
Die Kollegen von der CSU sind nicht weit weg davon, haben Sie doch geschlossen auch die unsozialen Beschlüsse dieser Stadtratsmehrheit mitgetragen.
 
Und unsere Sozialdemokraten – wo sind diese ? 
Auch diese lehnen unsere Anträge mit sozialen Komponenten ab – schließlich leben wir hier ja alle in einer heilen Welt. Und die Armen brauchen ja nur die gebotenen Hilfen anzunehmen – so ist wohl die Argumentation der Bürgermeisterin der SPD auszulegen.
 
Wie soll sich dieser Haushalt inhaltlich ändern, wenn es im Ergebnis jedes Jahr nur darum geht, im Verwaltungshaushalt die Kosten der Personalmehrung fort zu schreiben und die Gebührenerhöhungen fest zu schreiben. 
 
Im Vermögenshaushalt werden die unsinnigen Großprojekte gegen jeden vernünftigen Menschenverstand fortgeführt – selbst wenn diese, wie z.B. die Hochschulfinanzierung durch die Stadtkasse der Bürger – rechtswidrig sind. 
 
Wie schon in den Vorjahren, fehlt auch diesem Haushalt wieder die wichtige soziale Komponente.
 
Die Schaffung von sozialem Wohnraum gehört zu den Pflichtaufgaben der Stadt. Leider gibt es in der Stadt keinen echten sozialen Wohnungsbau. Die einzigen städtischen  Wohnungen werden am „Deininger Weg“ errichtet, sind jedoch nicht einmal der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Obwohl viele Menschen froh wären, wenn sie zu einem vernünftigen Mietpreis sich eine Wohnung anmieten könnten, haben sie – meine Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat – den Antrag abgelehnt. Bezahlbarer Wohnraum gehört zu den essenziellen Bedürfnissen der Menschen. Ja, wir möchten sagen, dies ist auch ein Grundrecht der Menschen. Wenn es aber darum geht, städtische Baugrundstücke an Bauinvestoren zu verkaufen, sind sie alle plötzlich dafür. Da werden dann teure Luxuswohnungen, und wenn es hoch kommt, auch einmal eine „teure Sozialwohnung“ gebaut. Ja meine Damen und Herren, da Sozialwohnungen sogenannte Kostenmieten haben, kann auch eine Sozialwohnung bei entsprechender Ausstattung sehr teuer werden.
 
Nehmen wir als weiteres Beispiel unseren Antrag auf Kostenübernahme der ungedeckten Kosten von Kinderkrippen, Kindergärten und Kinderhorten. Da treten die Freien Wähler und die SPD  auf Landesebene mit einer fast identischen Forderung in den Landtagswahlkampf. Wenn es aber darauf ankommt, werden entsprechende Anträge abgelehnt. 
Abgelehnt wurden auch die Anträge, 
den Eintrittspreis ins Freibad während der Umbauphase zu senken, 
abgelehnt auch der Antrag, 
Kinder im öffentlichen Raum komplett kostenfrei zu stellen, 
abgelehnt auch der Antrag, 
die Friedhofsgebühren nicht in in einem Schritt zu verdoppeln, sonder in 4 kleinen Teilschritten vorzunehmen. 
 
Statt für die Menschen dieser Stadt auf günstige Gebühren zu achten, werden Gebühren schamlos erhöht. Aus der Absicht der Freien Wähler, wieder mehr „Refinanzierungsquellen“ zu schaffen ( siehe letztjährige und auch wieder die aktuelle Haushaltsrede ), wurden beispielsweise bereits die Gebühren für 
den ÖPNV, die Friedhöfe, die Kosten der Mittagsbetreuung, 
das Mittagessen für die Kinder, die Kosten der Musikschule, 
die Abwassergebühren oder die Parkhausgebühren 
nach oben „angepasst“ - das heißt diese Gebühren wurden spürbar erhöht – oder deutlicher gesagt: verteuert !
 
Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat. Wie kann das bloß sein?
 
Wir leisten uns doch den Luxus, ein sündteures Ganzjahresbad mit einer genauso sündteuren Saunalandschaft in der Enge eines Wohngebietes der Stadt zu bauen ( Kosten mit Infrastruktur mindestens 60 Mio Euro, mit allem Drum und Dran wohl eher 70 Mio Euro ). Experten sind hier der begründeten Meinung, dass solch ein Bad z.B. auf dem Flugplatzgelände, nur die Hälfte kosten und wir zusätzlich in der Stadt wertvollen Baugrund gewinnen würden. Und den jährlichen Verlust von rund 2 ½ Mio Euro nehmen wir locker in kauf  - und bezahlen ihn so einfach aus der Portokasse ?
 
Wir leisten uns den Luxus, einer sozusagen „studentenmäßigen“ Umgestaltung des Stadtparks. Auch diese Umgestaltung ist mit rund 5 Mio nicht gerade billig. Dafür stimmen Sie zu, dass rund 100 alte und damit besonders wertvolle Bäume umgesägt werden. ( Und wo bleiben hier die Grünen? - In Neumarkt ein Totalausfall ! )
 
Von Ökologie weit und breit nichts zu sehen. …. Das gilt auch für die Bewirtschaftung der verpachteten städtischen landwirtschaftlichen Flächen , die immer noch nicht als Bioflächen bewirtschaftet werden.
 
Da müssen wir doch die Kollegen und Kolleginnen von der CSU an die letztjährige Haushaltsrede erinnern, in welcher sie sich über die Kosten mokiert haben und erklärten „auch Fördermittel sind Steuergelder“. Nun, wenn wir das alles richtig verstanden haben, wohl „Schnee von gestern“.
 
Wir leisten uns den Luxus, für die Studenten und Professoren der Hochschule eine weitere Tiefgarage unter dem ehemaligen Altersheim zu bauen. Die Kosten hierfür läppische 6 Mio Euro. 
 
Wir leisten uns auch den Luxus, eine Hochschule zu bauen, zu unterhalten und in weiten Teilen auch zu finanzieren. Eine Hochschule für die wir gar nicht zuständig sind. Die Kosten hierfür mindestens rund 12/ bis 20 Mio €– je nach Betrachtungsweise, zuzüglich des jährlichen Unterhalts. Und ob wir diese Hochschule auf Dauer behalten steht in den Sternen. 
Denn noch immer gibt es keinerlei schriftliche Zusicherung über einen dauerhaften Hochschulstandort Neumarkt und keinerlei schriftliche Finanzierungszusagen durch den Freistaat Bayern.
 
Und nehmen wir als weiteres und letztes Beispiel für das große Geldausgeben das Frühlings- bzw. Volksfest. Hier wird der scheinbar vererbbare Titel eines Festwirtes wieder vergeben, obgleich ein anderer Bewerber die Getränke deutlich günstiger verkaufen würde als sein Mitbewerber und an die Stadt eine höhere Pachtzahlung leisten würde als der Festwirt auf Erbpacht. Da macht es auch nichts, wenn im Haushalt wieder einmal ein Verlust von rund  einer 3/4- Million Euro für die Volksfeste und den Betrieb der Volksfesthallen ausgewiesen wird. 
 
Aber wenn es darum geht, den kleinen Menschen dieser Stadt zu helfen und zur Seite zu stehen wird nicht bloß geknausert. Nein. 
 
Denen greift man noch zusätzlich in die Tasche.
 
Meine Damen und Herren, wir schämen uns für die unsoziale Geisteshaltung dieses Stadtrats.
 
Natürlich gibt es nicht nur negatives im Haushalt. Nehmen wir z.B die Vereinsförderung durch die Stadt. Hier wird vieles gemacht und finanziert, was andere Gemeinden nicht machen. Das geht von der kostenfreien Bereitstellung von Turnhallen an die Vereine oder das Rasenmähen der Fußballplätze auch über weitere Unterstützung der Vereine. Die Arbeit der Sportvereine für die Kinder, für unsere Jugend und auch Erwachsen, kann man nicht hoch genug einschätzen und fördern.  - Allerdings wurde dies nicht etwa neu eingeführt, sondern ist eine Art Bestandsverwaltung, da dies so aus der Vergangenheit so übernommen wurde.
 
Aufgaben der Zukunft ?  - In der Summe ist fest zu stellen, dass auch diesem Haushalt wieder die Zukunftsfähigkeit fehlt. Es fehlen die Projekte der Nachhaltigkeit, des Umwelt- und Naturschutzes und des sozialen Ausgleichs.  Es fehlen Investitionen in alternative Energien wie Fotovoltaikanlagen oder Windkraft, es fehlen Investitionen in die Energievermeidung. Meine Damen und Herren, Nachhaltigkeit besteht in dieser Stadt im wesentlichen nur aus Worthülsen. 
 
Um den künftigen Anforderung des Verkehrs gerecht zu werden, muss das Radwegenetz massiv erweitert und ausgebaut werden. Der öffentliche Personennahverkehr ist durch eine Verdichtung der Fahrzeiten und des Netzes ( z.B. Ringlinie) so zu verbessern und preisgünstig zu gestalten, dass dieser auch von den Bürgern intensiv genutzt wird. Jetzt fahren leider zuhauf Geisterbusse durch die Stadt. Und bei diesen Bussen handelt es sich noch immer um Stinker, nämlich um Dieselbusse.
 
Zu den Zukunftsaufgaben gehört unserer Meinung nach auch der Bau einer zentralen Trinkwasserenthärtungsanlage. War doch erst in der Presse zu lesen, dass sich sowohl die Stadtwerke-GmbH und auch das Rathaus eine Enthärtungsanlage haben einbauen lassen ! Was fürs Rathaus und die Stadtwerke gut ist, sollte doch auch für die Bürger gut und machbar sein !
 
Betrachten wir doch auch die Schulen. Die Schule in Woffenbach wartet schon seit mehr als 10 Jahren darauf, endlich saniert zu werden - ähnlich wie in der Hasenheide. Oder die Turnhalle in Pölling. Schon seit langer Zeit kann dort kein regulärer Sportunterricht mehr erfolgen, da es rein regnet und Eimer aufgestellt werden müssen. Auch die Ausstattung unserer Schulen mit modernsten Unterrichtsmitteln ist Aufgabe der Stadt. Das, meine Damen und Herren, sollte Vorrang vor all den Protzbauten haben, sollte Vorrang vor einer Hochsschulfinanzierung, Vorrang vor einer Stadtparkumgestaltung oder einem Vorrang vor einem Ganzjahresbad haben.
 
Kann man denn darüber streiten, ob man die Pflichtaufgaben fahrlässig hinten anstellen kann ? und die freiwilligen und teils überflüssigen und teils übertriebenen Aufgaben ( wie eben geschildert und wie z.B auch bei Tourismus und Kulturamt und die Reisen von und nach Drakenstein )!,  oder Beschäftigungstherapien wie der Ausgestaltung einer Gestaltungssatzung mit dem  rechtlich völlig unzulässigen Verbot von Fotovoltaikanlagen …., ff ) , großzügig bedient und ausstattet – auch personell ? Wir glauben, darüber kann man nicht ernsthaft streiten ! In erster Linie sollte die Stadt die wichtigen Pflichtaufgaben im Sinne der Bürger erledigen. Und dann, - erst dann  können wir an die teuren freiwilligen Aufgaben herangehen. 
 
Augenblicklich leben wir insgesamt von der sehr guten Konjunkturlage, von der alle Kommunen profitieren. Sobald aber der bereits angekündigte Abschwung kommt und all unsere Reserven aufgebraucht sind, werden wir schmerzlich merken, was für eine unsinnige und teure Protzpolitik in diesen Haushalten ( diesem und der Vorjahre ) steckt. Wenn das so weitergeht, werden die städtischen Finanzen - Herr Oberbürgermeister, Sie haben es ja angedeutet - an die Wand gefahren.
 
Aufgrund der inhaltlichen Mängel und insbesondere der negativen Grundlinie werden wir von FLitZ diesem Haushalt nicht zustimmen !
 

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