Dorfhelferinnen als "Feuerwehr" auf Höfen immer wichtiger

6.12.2017, 09:07 Uhr
Dorfhelferinnen als

© Foto: Heidler

Von der immer schwierigeren Refinanzierung der oft mehrwöchigen Einsätze von Dorfhelferinnen und Betriebshelfern berichtete Thomas Bayerl, BBV-Geschäftsführer. Bei der Zuteilung von Einsatzkräften nach Krankheiten, Unfällen oder Schwangerschaft von Bäuerin oder Hofbetreiber müsse immer kurzfristiger reagiert werden.

Wie Einsatzleiterin Roswitha Zacherl bestätigte, würden im Nachhinein statt der beantragten 40 Arbeitsstunden manchmal nur 30 von den Sozialkassen oder dem Landwirtschaftsministerium genehmigt. Den Rest zahle die Neumarkter Station drauf. Für diese finanzielle Unterdeckung könne beim Landkreis ein Zuschussantrag gestellt werden.

Die "Hängepartie", bis Klarheit über die Zuschüsse herrsche, dauere oft sehr lang, bedauerte Bayerl. Im vergangenen Jahr wurden von den insgesamt sechs Beschäftigten — nur einer in Vollzeit — gut 5200 Arbeitsstunden auf heimischen Höfen und in Familien geleistet. Bis zum Ende 2017 rechnet BBV-Geschäftsführer Thomas Bayerl mit einem ähnlichen Ergebnis.

"Ich bin die Ersatzmama"

Aus ihrer praktischen Arbeit berichteten die bei der Station angestellten Helfer Bernhard Moder, Marianne Karg und Matthias Huber. Für sie es egal, ob sie nach einem Beinbruch, der Entbindung einer Bauersfrau oder psychischen Erkrankungen der Betroffenen für Ersatz sorgen müssen. "Ich bin halt Ersatzmama", umschreibt Marianne Karg das Aufgabenspektrum. Ganz selbstverständlich kümmert sie sich auch um den Garten. Oder um die auf dem Hof gehaltenen Pferde.

Bernhard Moder arbeitet auf zwei Höfen gleichzeitig, und kommt dennoch nicht auf seine acht Pflichtarbeitsstunden. "Der Bauer hat sich die Hand an der Kreissäge verletzt." Matthias Huber wurde schon gefragt, ob er kochen kann oder — jetzt vor Weihnachten besonders wichtig — Plätzchen backen.

Nach Einschätzung der Einsatzleiterin Zacherl sei die Arbeit der Ersatzhelfer auf den Höfen "spezieller" geworden. Bei den Melkrobotern habe jede Firma ein eigenes Schema. Die Arbeitsplätze hätten in der heutigen Zeit einen hohen Technikanteil. Bernhard Moder tritt auf den Schleppern oft immer noch die Kupplung, obwohl diese längst mit Automatik funktionierten. Eine Herausforderung wären auch Höfe mit Biogasanlagen.

Früher hätten die Bauernhöfe noch als Familienbetrieb funktioniert, weiß der Geschäftsführer des Maschinenrings, Max Stadler. Heutzutage seien dies längst Unternehmen. Wenn da jemand ausfalle, müsse schnellstens für Ersatz gesorgt werden.

Die Zunahme psychischer Erkrankungen begründet Einsatzleiterin Zacherl auch damit, "dass unser Berufsstand in der Öffentlichkeit oft in den Dreck gezogen wird". Gerade in jüngerer Zeit würden die Dorfhelferinnen auch mit Fällen von sexuellem Missbrauch konfrontiert. Auch ohne solche gravierenden Schwierigkeiten hätten es die Dorfhelferinnen vielfach schwer genug, sich in die Familien zu integrieren.

Einsatzbegleiterin Maria Weidenhiller will mit ihrem Team auch dann Unterstützung geben, wenn der Einsatz der Dorfhelferinnen und Betriebshelfer in einzelnen Familien nicht klappt.

Sie sagte wörtlich: "Die Arbeit ist nicht das eigentliche Problem, sondern die psychische Belastung." Dafür stünden sie und ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter auch abends zur Verfügung. Früher habe das soziale Netz noch funktioniert, aber heute "ist niemand mehr da".

Auch nehme der Anstieg von Burnout-Erkrankten deutlich zu. Rund 20 ehrenamtliche Personen seien für diese Art der Einsatzbegleitung verfügbar. Vorteil der Einsatzbegleiter: "Wir unterliegen der Schweigepflicht". Manchmal sei es aber extrem schwierig, nach familiären Krisen wie Krebserkrankungen oder dem Suizid eines Kindes die richtigen Worte zu finden.

"Nicht versichert"

Bernhard Moder bedauerte: "Bei bestimmten Einsätzen sind wir nicht versichert." Etwa, wenn sie Handlangerdienste an landwirtschaftlichen Maschinen leisteten. In der eigenen Ausbildung habe er gelernt: "Ihr sollt zwar gut sein, aber nicht gutmütig."

Beste Erfahrungen mit Dorfhelfern hat die neue Vorsitzende Hollweck in ihrer eigenen Kindheit gemacht. "Ich war damals elf Jahre alt, als mein Vater auf einem abschüssigen Hang vom eigenen Traktor überrollt wurde."

Die Mutter hatte keinen Führerschein, also musste ein Betriebshelfer her. Die heute 58-jährige Hollweck zeigte sich rückblickend immer noch begeistert: "Das war ein klasse Betriebshelfer."

Keine Kommentare