Ein Ottensamer gibt Neumarkt die Ehre

22.4.2018, 10:22 Uhr
Ein Ottensamer gibt Neumarkt die Ehre

© Foto: Marco Borggreve

Der heißt Andreas, ist Soloklarinettist bei den Berliner Philharmonikern und hat als letzter zu dem Instrument gegriffen, das Vater und Bruder (Wiener Philharmoniker) schon länger spielten. Wenn alle drei Lust und ein Engagement haben, treten sie auch als Klarinettentrio auf: "The Clariotts".

Ein Ottensamer gibt Neumarkt die Ehre

© Foto :Lars Borges, Mercury Classics

Mit Andreas Ottensamer, da können die "Neumarkter Konzertfreunde" für ihre A+G-Abonnenten eine Menge Klatsch- und Kulturspalten füllen: dass er mit seinem Bruder Daniel Fußball spielt, dass er vor ein paar Jahren noch sein Geld nicht nur durch Musik, sondern auch als Unterwäschemodel verdient hat, dass er Klarinettenkonzerte von Louis Spohr bis zu Aaron Copland spielt – mit einem Wort: Es wurde Zeit, dass wenigstens einer der Ottensamers in den Reitstadel kommt.

Das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau hat sich zwar gleich Andreas und Daniel auf einen Streich geleistet. Aber das war zu Ostern und passte zum Saisonthema "Brüder". Die "Konzertfreunde" toppen das insofern, als Ottensamer der 23. Musiker auf dem Podium sein wird: Die anderen 22 gehören zur "Amsterdam Sinfonietta", dem einzigen Profi-Streichorchester der Niederlande. Das ist besonders für seine innovative Programmgestaltung bekannt, steht seit 15 Jahren unter der Leitung der Konzertmeisterin Candida Thompson und demonstriert auch in Neumarkt, was es unter "innovativ" versteht. Übrigens nicht zum ersten Mal: 2013 war die "Sinfonietta" nach ihrem Gastspiel im Festspielhaus Baden-Baden schon einmal im Reitstadel – auch mit einem Klarinettisten (Martin Fröst aus Schweden).

Das Tourneejahr 2018 fängt mit dem Konzert in Neumarkt an, das Programm mit Musik von Erich Wolfgang Korngold. "Lento religioso" steht über dem 3. Satz seiner "Sinfonischen Serenade für Streichorchester", die 1950 in Wien gedruckt wurde. Da war Korngold gerade aus dem US-Exil wieder nach Österreich zurückgekehrt, starb aber bald an einer Gehirnthrombose.

Was er an Musik komponiert hat, von Wunderkind-Zeiten an, das stand zwischen Spätromantik und Neoklassizismus.

Hand des Meisters?

Er selbst hat das so ausgedrückt: "Erst war ich ein Erbe, dann in Europa ein erfolgreicher Opernkomponist, danach ein Filmkomponist." Und eigentlich wollte er nochmal eine Kehrtwende machen, um nicht als Hollywood-Filmmusikschreiber für den Rest seines Lebens abgestempelt zu werden – aber da kamen Krankheit und Tod dazwischen. "Die tote Stadt" von 1920, in den letzten Jahren wieder viel gespielt, machte ihn unsterblich. Der bissige Kritiker Karl Kraus soll über Korngold gesagt haben: Einer, der so blöd aussehe, könne nicht genial sein. Andere Kritiker haben in ihm die "Hand des Meisters" gesehen.

Ein ganz anderes Leben hat Léo Weiner geführt: zwar auch schon zu Studienzeiten preisgekrönt, aber zeit seines Lebens ein Ungar in Ungarn, Komponist, Pädagoge und betitelt als "Ungarns Mendelssohn". Im Neumarkter Programm: "Két Tétel", was nichts anderes heißt als "zwei Stücke" – und die für Klarinette und Streichorchester. Ottensamer hat Musik von Weiner mit Brahms kombiniert und "Ungarisches Feuer" als CD daraus gemacht – wie auch in Neumarkt. Die "Top 20 Klassik Charts" hat er allerdings vor ein paar Wochen mit Werken von Carl Stamitz gestürmt. Jetzt spielt er das Klarinettenkonzert Nummer 7 – ein wunderbares Zeugnis der "Mannheimer" Orchesterkultur aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.

Es gibt im Programm noch eine Menge mehr: von Heinrich Joseph Baermann oder von Johannes Brahms – und eben diesen "jungen Wilden" aus Wien. Mit diesem Titel spielt Ottensamer jedenfalls zur Zeit am Dortmunder Konzerthaus.

Eventuelle Rückgabekarten unter Tel. (0 91 81) 29 96 22, am besten aber an der Abendkasse.

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