Endkampf in Postbauer-Heng: Für weiße Fahne drohte Tod

11.4.2015, 14:30 Uhr
Endkampf in Postbauer-Heng: Für weiße Fahne drohte Tod

© NN

Vom 9. bis 14. April zogen Tiefflieger der US-Army ihre Bahnen über Postbauer, Heng und der Umgebung, um die Orte auszukundschaften. sagt Hans Bradl. Der Ortsheimatpfleger hat gemeinsam mit Helmut Bode und Hans Pröpster Fakten und Erinnerungen ans Kriegsende zusammengetragen. „Am 17. April wurden die Bürger der Ortschaften Heng, Köstlbach und Kemnath aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen, weil dort der Endkampf stattfinden wird“, schreibt Bradl. Die Leute flohen in die Nachbarorte – Tyrolsberg, Pavelsbach, Möning, Seligenporten, Dürrnshof, Dennenlohe – oder suchten Unterschlupf im Wald.

Als dann die US-Armee am 20. April 1945 anrückte, hatten sich deutsche Soldaten in Heng, Köstlbach und Kemnath verschanzt; sie beschossen die US-Soldaten vom Bahnhof in Postbauer aus in Richtung Grünberg. Am 20. und 21. April beschoss die US-Armee Postbauer mit Artillerie-Geschossen; 13 Menschen kamen dabei ums Leben, neun allein im Forster-Anwesen; hier zerstörte ein Geschoss die Scheune samt Keller. Zwei Drittel der Gebäude in Postbauer und die Kirche St. Johannes wurden bei den Angriffen zerstört, führt Bradl weiter aus.

Drei Menschen starben bei Luftangriffen auf Pavelsbach am 21. April 1945. Eigentlich waren Angriffe auf Heng und Köstlbach erwartet worden. Auf der Straße wurde Nikolaus Kleesattl erschossen; die Lehrerin Franziska Baier und Maria Fries, ein zehnjähriges Mädchen, wurden von Granatsplittern getroffen und starben an ihren Verletzungen.

Johann Walk aus Pavelsbach, Jahrgang 1935, kann sich erinnern: Er hat 1945 seine Erstkommunion gefeiert. Eigentlich ist der Termin dafür traditionell der Weiße Sonntag, also der Sonntag nach Ostern; doch der Pfarrer, sagt Walk, habe die Erstkommunion-Feier vorverlegt, in die Fastenzeit: „Der Pfarrer hatte Sorge, einer von uns könnte zu Schaden kommen“, sagt Walk. Tatsächlich war Maria Fries, die bei den Angriffen starb, eines dieser Kinder. „Sowas geht einem ein Leben lang nach“, sagt Walk.

 

Endkampf in Postbauer-Heng: Für weiße Fahne drohte Tod

© Fritz-Wolfgang Etzold

Viele Bürger wollten keinen Widerstand mehr gegen die US-Armee leisten und sich ergeben, wollten die Zerstörung ihrer Orte verhindern, indem sie weiße Flaggen hissten. Das wiederum wollten die deutsche Wehrmacht verhindern und verhängte drakonische Maßnahmen: Wer eine weiße Flagge hisste oder aus dem Fenster hängte, wurde erschossen. Bradl zitiert einen geheimen Kommandobericht vom 15. April 1945. Darin heißt es: „Wo die deutsche Bevölkerung bei Annäherung des Feindes weiße Tücher zeigt, sind die betroffenen Häuser zu zerstören (abzubrennen) und die männlichen Bewohner dieser Häuser vom vollendeten 16. Lebensjahr an zu erschießen.“ Der Bürgermeister von Burgthann, Andreas Fischer, wurde tatsächlich vor seinem Haus am 17. April 1945 erschossen, weil er ein weißes Tuch herausgehängt hatte.

Dennoch wagten auch in Postbauer-Heng und Umgebung einige Menschen, dennoch die weiße Flagge zu hissen: Bradl nennt den Pfarrer Josef Lehner aus Heng, der das am 21. April tat. Beinahe hätte er dafür mit dem Leben bezahlt, denn deutsche Soldaten suchten ihn. Aber er konnte sich bis zum 23. April im Dachgeschoss der Jakobskirche verstecken.

Zerstörung verhindert

Auch in Köstlbach gingen am 21. April einige Männer mit weißen Betttüchern den US-Truppen entgegen, ungesehen von den Deutschen; so entging der Ort der Zerstörung.

In Postbauer, so Bradl weiter, haben sich viele Menschen am 21. und 22. Aptil in Kellern oder unter Bahndurchlässen versteckt. Ein polnischer Kriegsgefangener war darunter; er war so mutig, ein weißes Tuch zu hissen, um den US-Soldaten zu signalisieren, dass sich der Ort ergibt.

Insgesamt starben laut Bradls Statistik im heutigen Gemeindegebiet von Postbauer-Heng 16 Leute aus der Zivilbevölkerung; 59 Soldaten, die aus der Gemeinde stammen, fielen, 39 wurden vermisst. Weitere sieben Soldaten erlagen ihren Kriegsverletzungen, und 15 Soldaten kamen um bei den Kämpfen im April 1945. Über 400 Heimatvertriebene verschlug es in die Gemeinde. Gemeinsam habe man die Ortschaften wieder aufgebaut; inzwischen gebe es seit 70 Jahren Frieden in Deutschland, „ein unbeschreibbarer Wert“, meint Bradl.

Zu einem ökumenischen Gottesdienst und einem Vortrag zu den letzten Kriegswochen von Hans Bradl mit Bildern und Materialien lädt Pfarre Markus Fiedler am Dienstag, 21. April, 19 Uhr, in die Kirche St. Johannes nach Postbauer ein.

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