Fällt 10-H, greift eine eigene Regelung

27.3.2015, 19:21 Uhr
Fällt 10-H, greift eine eigene Regelung

© Foto: Günter Distler

Beim 86. Treffen des Planungsausschusses „Region elf“, der auch den Landkreis Neumarkt umfasst, war vieles anders: Nicht nur trafen sich die Bürgermeister, Vertreter der Höheren Landesregierung sowie Verwaltungsfachleute erstmals in Neumarkt, sondern sie mussten auch über noch „ungelegte Eier“ diskutieren: Denn aktuell ist die so genannte 10-H-Regelung bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Schwebe.

Seitdem die Planungen in Bayern für Windkraftanlagen im Jahr 2011 begonnen haben, sind im Landkreis Neumarkt 62 Windkraftanlagen genehmigt worden, 52 wurden bereits gebaut. „Durch die 10-H-Regelung haben wir eine verschärfte Ungleichheit im Innen- und Außenbereich“, erklärt Referent Michael Kreißl von der Höheren Landesbehörde.

"Lange Zeit Unklarheit"

Seit November 2014 gilt gemäß Artikel 82 der Bayerischen Bauordnung, dass Windkraftanlagen im Abstand von 1000 Metern zu Wohnbebauung zu stehen haben, nicht näher. „Doch lange Zeit herrschte Unklarheit bezüglich der Höhe der Masten und die Auswirkung auf unsere Regionalplanung“, sagt Kreißl im Gremium. Jetzt wird vor dem Bundesverwaltungsgericht neu über diese Abstandsregelung verhandelt, vielleicht wird sie gekippt, um überhaupt noch entsprechende Flächen zu haben.

Denn, so hat Kreißl ermittelt, dass Positivflächen – also solche, auf denen nach Abzug bestimmter Kriterien Windkraftanlagen stehen dürfen – sich voraussichtlich von rund 2400 Hektar auf rund 1600 Hektar reduzieren werden. Neben dem Abstand sind Natur- und Artenschutz sowie in Greding militärisches Interesse regionalplanerische Kriterien für die Festlegung von Standorten.

Im Landkreis Neumarkt, den die Fachmänner als Musterbeispiel heranführen, gebe es nach der 10-H-Regelung und regionalplanerischen Aspekten 480 Hektar Fläche für Anlagen mit einer Höhe von 150 Metern und 30 Hektar Fläche für Anlagen mit 200 Metern Höhe. „Insgesamt sinkt die mögliche Fläche um 0,6 Prozent in unserer Region auf 1,2 Prozent. Das ist ein sehr überschaubarer Anteil.“

Puffer für kleinere Orte

Praktisch erfolge bereits eine räumliche Lenkung der Windkraftnutzung durch die 10-H-Regelung für den Hauptteil des Planungsregionsgebietes, meint Kreißl. Außerdem hätten Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussgebiete wie Naturschutzgebiete nur noch außerhalb der 10-H-Radien einen „steuernden Mehrwert“.

„Die Windkraft und die 10-H-Regelung sind aktuell die zentralen Dreh- und Angelpunkte unserer Treffen“, teilt Michael Gottschalk mit, der nun neuer Geschäftsführer der Planungsregion Regensburg ist. Wird die Regelung vom Bundesverwaltungsgericht gekippt, sieht es für sehr kleine Weiler schlecht aus. Denn die Abstandsregelung schützt größere Orte und Dörfer. Weilern mit zehn Häusern, so die Befürchtung, könnte gemäß der Festlegung von Innen- und Außenbereichen schnell eine Windkraftanlage vor die Nase gesetzt werden.

Die Mitglieder des Planungsausschusses haben demnach beschlossen, den Abstand von einem Kilometer aufrechtzuerhalten. Kleine Orte sollen so einen Puffer bekommen, der sie auch vor großen Anlagen schützt, wenn 10-H fällt, erklärt Gottschalk.

Pflicht zur Ausweisung von Vorranggebieten

Gemäß dem Landesentwicklungsprogramm besteht jedoch für die Regio-Verbände weiterhin die Pflicht zur Ausweisung von Vorranggebieten für Windkraftanlagen – obschon viele rechtliche Fragen noch ungeklärt sind. Auch bestehen viele Unsicherheiten in den Regionen, vor allem nachdem das Innenministerium klar gemacht hat: Die Regionalen Planungsverbände haben die 10-H-Regelung in ihre planerischen Überlegungen mit einzubeziehen. In der Folge bleiben für den Landkreis Neumarkt sechs oder sieben Gebiete von ursprünglich 30 Vorranggebieten für WKA mit einer Höhe von 150 Metern bestehen.

Die Ausschussmitglieder haben sich bei ihrem Treffen letztlich darauf festgelegt, dass für das Gebiet des Ausschusses die Neumarkter Maßstäbe angelegt werden sollen: also soll überall ein 1000-Meter-Abstand gelten. Dafür sollen bis zur nächsten Sitzung entsprechend Pläne für die komplette Region erarbeitet werden.

Dabei sollen Sonderregelungen gelten: Siedlungsabstände werden in Abstimmung mit dem jeweiligen Naturraum festgelegt, zum Beispiel soll für die Jurahochstufe in Regensburg und Kelheim eine Distanz von einem Kilometer zwischen den Anlagen bestehen. Sonst können gestufte Abstände zu den Siedlungen gelten. Diese werden bis zum nächsten Treffen erarbeitet.

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