Fernbusse sind ein Jobmotor im Landkreis

31.1.2015, 17:00 Uhr
Fernbusse sind ein Jobmotor im Landkreis

„Das ist ein riesengroßer Markt, und keiner hat damit gerechnet, dass er sich so rasant entwickelt.“ Alfred Beer vom gleichnamigen Verkehrsunternehmen kommt richtig ins Schwärmen. Die Parsberger Firma schickt inzwischen 15 Busse mit der auffälligen, grünen Lackierung von „Mein Fernbus“ auf Reisen. Die Hälfte hat Beer extra für die neue Fernbus-Sparte gekauft – eine Investition von „zwei bis drei Millionen Euro“, rechnet Alfred Beer im NN-Interview vor.

Und das neue Fernliniengeschäft hat einen kleinen Job-Boom ausgelöst: Beer hat nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Jahren 40 neue Arbeitsplätze geschaffen — allerdings nicht alle im Landkreis Neumarkt. Die Beer-Busse stehen in Frankfurt, Essen, Leipzig, Dresden, Jena, Nürnberg oder Prag. Das Parsberger Unternehmen hat als Kooperationspartner der inzwischen fusionierten Platzhirsche „Mein Fernbus“ und „Flixbus“ eine bundesweite Springerfunktion. „Wir sind der mobile Part“, sagt Alfred Beer.

Die Parsberger teilen sich unter anderem die Linie Essen-Wien mit dem Nürnberger Busunternehmen Neukam und mit Merz-Reisen (Berg-Gnadenberg). Merz-Chefin Patricia Ehbauer orderte extra für die Fernlinie bei Setra zwei Omnibusse im Wert von 600 000 Euro. Und die sind nicht spartanisch ausgestattet: Jeder Doppelsitz hat eine Steckdose; an Bord gibt es drahtlosen Internetanschluss, Getränke und Snacks. Merz-Reisen hat für die neue Sparte vier neue Arbeitsplätze für Fahrer geschaffen. Zusätzlich helfen Kollegen aus der alten Belegschaft bei Krankheit oder Urlaub aus.

Jeweils zwei Fahrer teilen sich einen Bus: Nach der Übernachtung in Essen startet ein Lenker beispielsweise dort um 5.35 Uhr und beendet nach seiner Ankunft in Nürnberg um 13.05 Uhr seine Schicht. Der zweite Fahrer startet fünf Minuten später in Richtung Wien, wo er um 20.20 Uhr ankommt. Dort übernachtet er in einer von Merz angemieteten Wohnung und setzt sich am nächsten Tag um 9.50 Uhr wieder ans Lenkrad, um gegen 16.50 Uhr in Nürnberg den Omnibus seinem Kollegen zu übergeben. Der kommt mit dem Fernbus um 0.40 Uhr in Essen an. Zur Wahrung der Ruhezeiten ist am folgenden Tag die Rückfahrt um 14.40 Uhr.

„Die Linie hat sich angeboten, weil sie direkt an der Haustür vorbeiführt“, so die Merz-Chefin Patricia Ehbauer. Das hat auch Kostenvorteile für das Unternehmen: Die Fahrer können zwischendurch daheim übernachten; die Busse kommen regelmäßig auf den Betriebshof und können kostengünstig in der eigenen Werkstatt gewartet werden. Demgegenüber bekommt Alfred Beer einige seiner Fernbusse manchmal wochenlang überhaupt nicht zu Gesicht. Die Fremdwartung ist deshalb durchaus ein Kostenfaktor.

Aussicht auf Gewinn

Lohnt sich der ganze Aufwand? Wird mit den Fernbussen im Moment auch Geld verdient? Merz startete mit der Linie Essen-Wien im August. Vom Start weg war die Resonanz bei den Fahrgästen so gut, dass die vertraglich vereinbarte „Anfangserlösgarantie“ für die ersten drei Monate nicht abgerufen werden musste. Patricia Ehbauer zur Wirtschaftlichkeit: „Wir befinden uns noch in der Markteinführungsphase, dafür ist es okay, aber Geld wird damit noch nicht verdient, es geht Null auf Null auf.“ Im vergangenen Jahr stritten „Mein Fernbus“ und „Flixbus“ noch getrennt. Vor dem Hintergrund von stattlichen Überkapazitäten bei Omnibusunternehmen und angesichts eines extremen Wettbewerbes war 2014 für Alfred Beer im Fernbusbereich ein „Verlustgeschäft“. Jetzt spricht der Parsberger Unternehmer von einer „schwarzen Null mit der deutlichen Aussicht, 2015 in die Gewinnzone zu kommen“.

Alfred Beer bekennt, dass ihn das Fernbus-Engagement gezwungen habe, auch die Betriebswirtschaft seiner Firma „umzukrempeln“: Die Fixkosten spielen inzwischen nur noch eine untergeordnete Rolle. Der Busunternehmer: „Die Wirtschaftlichkeit entscheidet sich bei der Produktion.“

Die Kostenschraube dreht sich beispielsweise bei der Frage, ob ein Fahrer für eine Linie ausreicht oder ob ein zweiter Fahrer eingesetzt werden muss. Welche Ablösemodelle für Übernachtungs- und Verpflegungsspesen bieten sich an? Wie kann man die Wartungskosten möglichst niedrig halten? Die Fusion von „Flixbus“ und „Mein Fernbus“ zu Jahresbeginn hat ihre zwei Seiten. Das Publikum wird tendenziell mit höheren Ticketpreisen rechnen müssen. Im Moment ist ein Platz im Bus von Essen nach Wien schon für 19 Euro zu haben — bei einer Buchung vier Wochen im voraus. Der Normaltarif im Fernbus beträgt 43 Euro, während die Bahnfahrt zweiter Klasse rund 199 Euro kostet.

Höhere Fahrpreise sind für die Unternehmen natürlich der Schlüssel zur Wirtschaftlichkeit. Vom Zusammenschluss der großen Anbieter erhofft sich Patricia Ehbauer von Merz-Reisen den Abbau von Überkapazitäten, eine Anpassung der Taktzeiten an die Nachfrage und Haltestellen nur in den großen Zentren. „Ein Ziel der Fusion wird es sein, dass die Fernbuslinien optimiert werden.“

Das Busunternehmen Arzt-Reisen in Seligenporten bedient laut Internetseite die IC-Bus-Linien Nürnberg-Mannheim und München-Zürich mit mehreren Doppelstockbussen. Details waren trotz mehrerer Anfragen nicht zu erfahren.

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