Firmenkauf mit kleinem Geld

22.4.2018, 10:19 Uhr
Firmenkauf mit kleinem Geld

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"Die Bank gibt Ihnen nur eine Million, wenn Sie schon eine haben." Diese These hat Julian Eidt von der Hypovereinsbank bei einem IHK-Seminar zur Unternehmensnachfolge in Neumarkt überraschenderweise klar verneint. "Die Kaufpreisfinanzierung ist auch ohne Kapitalbasis möglich", sagte Eidt. Und die Hypovereinsbank greift nach eigener Darstellung auf einen großen Erfahrungsschatz zurück: Deutschlandweit werden der Bank jährlich Konzepte für etwa 1000 Firmen-Übergabe-Kandidaten vorgelegt – und davon etwa 200 Fälle "umgesetzt".

Für die Bank ist natürlich die bisherige Performance des Unternehmens von hohem Stellenwert: Wäre die Finanzierung in der Vergangenheit durch den Geschäftsverlauf finanzierbar gewesen? Denn für Julian Eidt gilt der Schlüsselsatz: Für die Tilgung der Kaufpreisfinanzierung steht der Jahresüberschuss der Firma zur Verfügung.

Der Banker stellte den Seminarteilnehmern einen realen Fall einer Übernahme vor. Dabei ist es dem Käufer gelungen, mit nur 75 000 Euro Eigenkapital den Kauf eines Unternehmens für 1,7 Millionen Euro zu finanzieren. Das restliche Geld kam von der Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (450 000 Euro), von der LfA-Förderbank Bayern (900 000 Euro) und von der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft (BayBG) in Höhe von 75 000 Euro. Schließlich flossen noch 200 000 Euro in Form eines Kontokorrentkredites.

Die Bank ließ Sicherheiten in Form eines Gesellschafterbürgschaft mit Todesfallabsicherung, einer Forderungsabtretung und einer Ausfallbürgschaft stellen. Julian Eidt: "Wir lehnen aber keine Finanzierung wegen fehlender Sicherheiten ab." Mit exorbitanten Margen verbindet die Bank die Finanzierung einer Übernahme auch nicht. Der Banker nannte einen Zinskorridor von 2,2 bis 2,7 Prozent, höhere Zinsen in Einzelfällen nicht ausgeschlossen.

500 000 Arbeitsplätze

Für die Volkswirtschaft ist der erfolgreiche Übergang von Unternehmen in neue Hände das Megathema der nächsten Jahre. Julian Eidt nannte rund 30 000 übergabereife Firmen in Bayern in den nächsten fünf Jahren. Und an denen hängen über 500 000 Arbeitsplätze. Den Bank gibt die Zahl der Übernahmekandidaten in der Oberpfalz mit 2260 an.

Die Neumarkter IHK-Geschäftsführerin Silke Auer referierte die Alltagserfahrungen der Kammer: Viele Unternehmer würden eine "Vogel-Strauß-Taktik" fahren und den Kopf in den Sand stecken. Sprich: Zahlreiche Firmenpatriarchen beschäftigen sich viel zu spät oder überhaupt nicht mit dem Übergang des Unternehmens in neue Hände. Und das häufig mit fatalen Folgen: Zwei Drittel der betroffenen Firmen würden nach IHK-Darstellung mangels Nachfolger aufgeben müssen. Damit geht dann nicht nur das Lebenswerk eines Unternehmers, sondern es gehen auch die Arbeitsplätze unter.

Deshalb mahnt Silke Auer, dieses Thema als "strategische Managementaufgabe" zu begreifen. Und Christof Stölzel bringt die Verantwortung auch für das ins Gespräch, "was man nicht tut". Die Verantwortung des Unternehmers bestehe darin, dafür zu sorgen, dass "das Lebenswerk weiterläuft, vielleicht sogar besser", so der Gründer und ehemalige geschäftsführende Gesellschafter der Neumarkter Firma Variotec.

Der Ex-Unternehmer hat sich von seiner Firma getrennt und dabei eine "Entscheidung im unteren Preisdrittel getroffen". Auch die Preisfrage betrifft das Lebenswerk: Wer einen maximalen Betrag durch den Verkauf etwa an einen ausländischen Übernehmer herausschlagen wolle, der laufe Gefahr, dass letztlich das Knowhow, die Firma und die Arbeitsplätze weg seien. Stölzel spielt auf die Reaktionen aus dem sozialen Umfeld an: "Es ist die Frage, wo sie leben wollen."

Verkaufswillige Firmeneigentümer müssten sich auf einen komplexen und jahrelangen Prozess einstellen. Fachmännische Unterstützung sei dabei entscheidend. "Ohne Berater kommen sie mit den Profis auf der anderen Seite nicht klar", mahnt Christof Stölzel. Denn Private-Equity-Fonds und Finanzinvestoren möchte der Variotec-Gründer als Zielgruppe für die Übernahme nicht ausschließen. Weitere Zielgruppen seien: natürlich die eigene Familie, leitende Mitarbeiter des Unternehmens oder auch Externe, zum Beispiel der Prokurist eines guten Lieferanten. Der Verkaufswillige solle schlicht die "Wertschöpfungskette abtasten". Wenig hält Christof Stölzel dagegen von professionellen Unternehmenshändlern (Mergers & Acquisitions), die sich ein Exposé für den Verkauf nicht selten mit einem fünfstelligen Betrag bezahlen lassen.

Der Verkäufer möge sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen und jegliche Rückwirkungsklauseln in Verträgen streichen. Seine Weisheit für eine Verkaufsentscheidung: "Wenn es läuft, dann ist das genau der richtige Zeitpunkt, zu verkaufen." Und Chefs, die sich für unersetzbar halten, gibt der Variotec-Gründer mit auf den Weg: "Das Leben danach ist viel schöner als das Unternehmerleben — man ist ein freier Mensch."

Beim IHK-Seminar referierte der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Alexander Rappl, über die Probleme beim Vererben von Unternehmen.

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