Flüchtlinge begeistert beim Rad-Recycling

27.10.2016, 11:52 Uhr
Flüchtlinge begeistert beim Rad-Recycling

© Foto: Martin Herbaty

Bisher hat die Fahrradwerkstatt mehr als 250 Fahrräder als Spenden von Bürgern aus dem Landkreis erhalten. Mehr als 150 Fahrräder wurden bis zum Samstag an Asylbewerber ausgegeben, rund 50 weitere gingen am Samstag an Interessenten.

Das Projekt verfolgte mehrere Ziele: Zum einen sollen die Fahrräder die damit ausgestatteten Flüchtlinge mobiler machen. Zum anderen wurden Asylbewerber aktiv mit einbezogen. Als Helfer beim Aufbereiten der Räder hatten sie nicht nur etwas zu tun und erwarben praktische Fähigkeiten bei den Reparaturterminen, sondern sie lernten auch viele Menschen kennen. Ein weiterer Aspekt war die Nachhaltigkeit – so bleiben Räder in Betrieb, die ansonsten auf dem Schrott gelandet wären.

Erfolgreiches Projekt

Zu den Initiatoren gehört der Verein „Chancen statt Grenzen“, der schon seit längerer Zeit gespendete Fahrräder an Flüchtlinge und Bedürftige vermittelt hatte, indem er den Kontakt zwischen Spendern und Empfängern herstellte. Als es darum ging, Fahrräder vor der Ausgabe auch zu reparieren, kam die Freiwilligenagentur ins Spiel.

Im Januar startete das gemeinsam mit der CAH und dem Jobcenter angestoßene Projekt unter Leitung von Gudrun Werzinger als Testlauf: Gerade in der kalten Jahreszeit war der Fahrradstadel der Stadt, der weder Heizung noch sanitäre Anlagen hat, nur unter Schwierigkeiten nutzbar. Doch das Projekt war vom ersten Tag an ein Erfolg, und zu den Reparaturterminen kamen immer 30 bis 40 Personen.

Die CAH holte die Räder bei den Spendern ab und lieferte sie an die Fahrradwerkstatt, der Rotary Club steuerte 50 in Eigenregie eingesammelte Fahrräder bei. Ziel war eine möglichst hohe „Recyclingquote“. Deshalb wurden nicht mehr reparable Räder als Teilespender ausgeschlachtet. Neben viel ehrenamtlichem Einsatz unterstützen die Neumarkter die Fahrradwerkstatt auch mit Spenden für Ersatzteile.

Als ehrenamtliche Helfer arbeiteten Erich Weber, Erhard Röhrl und Klaus Rohmann die Räder auf – unterstützt von vielen Flüchtlingen, die sich mit Feuereifer in die neuen Aufgaben stürzten. Stellvertretend für sie waren am Samstag mit Muhammed Awan und Nour Altabas zwei junge Helfer der ersten Stunde dabei. Für Awan war sein Einsatz wegweisend – seit 1. September macht er eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Auch Johannes Panse vom ADFC half immer wieder mit Tipps und Tricks – bei der praktischen Arbeit war die Sprachbarriere „kein Thema“, so Panse.

Aufgrund des Erfolgs erhält das Projekt nun eine breitere Basis. Schon seit dem Frühjahr konnten Bürger alte Räder bei der CAH abgeben. Nun übernimmt die CAH auch die Aufbereitung und die Ausgabe der Fahrräder. Dazu erhielt sie personelle Verstärkung durch zwei Asylbewerber, die im Rahmen von Ein-Euro-Jobs jeweils 30 Wochenstunden lang Räder reparieren. Ebenfalls eingebunden ist künftig die Weinbergerschule. Philip Schmitz, Lehrer an der Schule, hatte die Nutzung der gut ausgestatteten Werkstatt angeregt. Künftig werden hier die Schüler der Praxisklasse zusammen mit syrischen Flüchtlingen Räder aufarbeiten.

Für die aufbereiteten Räder wurde schon lange ein Unkostenbeitrag von 20 Euro verlangt, denn, so die Erfahrung von CAH-Projektleiter Ludwig Feierler: „Was nichts kostet, ist nichts wert.“

Ein Problem war die mangelnde Erfahrung vieler Flüchtlinge auf dem Fahrrad: „20 Prozent der Asylbewerber haben erst auf ihrer Flucht ihr erstes Radl gesehen“, beschreibt Hermann Pfeiffer von der Verkehrswacht die Situation. Auch seien die Neumarkter Radler nicht unbedingt die besten Vorbilder, wenn es um das Einhalten von Verkehrsregeln gehe. Entsprechend viele Fahrradunfälle gab es seither mit Flüchtlingen.

Deshalb bietet die Verkehrswacht künftig spezielle Fahrradkurse für Flüchtlinge an. Auf dem Verkehrsübungsplatz lernen diese die Grundlagen für das sichere Verhalten im Straßenverkehr. Für die Theorie stehen dabei Unterlagen in Arabisch zur Verfügung. Verkehrswacht-Mitglied Petra Traboulsi, die arabisch spricht, wird die Kurse betreuen.

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