Ganz real und märchenhaft

26.11.2012, 10:42 Uhr
Ganz real und  märchenhaft

© Felix Fellner

Doch auch nach den Grimms wurden noch Märchen geschrieben oder zumindest anders interpretiert, wie die Märchen von Janosch oder Joachim Ringelnatz. Ebenfalls in die Reihe der Märchenautoren darf sich der Hamburger Achim Amme stellen, der mit seinem Leseprogramm „Rotkäppchen und Co.“ in Neumarkt zu Gast war.

Der Eingangsbereich der Stadtbibliothek in Neumarkt wurde extra für den Gast aus dem Norden in eine Lesebühne verwandelt, deren Sitzreihen gut gefüllt waren.

Amme, der auch auf Kabarettbühnen zu Hause ist, begann seine Lesung mit „dem Bürle“ in der Originalfassung der Gebrüder Grimm. Dabei imitierte er die Stimmen eines jeden Charakters individuell. So konnte er das Märchen sehr realistisch vortragen und sorgte für eine lebendige Darstellung der Geschehnisse. Auch Geräusche wie Türklopfen wurden nachgemacht und die Tempi variierten in verschiedenen Textpassagen, um Spannung und Gefahr auszudrücken. Für die Zuhörer höchst ungewohnt war die plattdeutsche Fassung des Märchens „Der Igel und der Hase“, die teilweise für sehr nachdenkliche Blicke beim Publikum sorgte – wenn keiner das Gesagte verstehen konnte. Dann übersetzte Amme aus der „Fremdsprache“, die im Großen und Ganzen aber verständlich war.

Zwischen den Märchen konnte Amme den Kabarettisten in sich nicht ganz ausschalten; er brachte mit lustigen Zwischenkommentaren das Publikum regelmäßig zum Lachen.

Auch das Märchen vom „faulen Heinz“, von dem Amme die Interpretation von Janosch las, sorgte für Gelächter. Um die Bequemlichkeit Heinzens im Märchen auszudrücken, rutschte Amme ganz tief in seinen Stuhl und legte beide Beine auf den Tisch. Außerdem imitierte er die Stimmen vom faulen Heinz und seiner dicken Frau Trine so urkomisch, dass das Publikum sich die beiden bildlich auf dem Kanapee liegend vorstellen konnte. Viel Gelächter belohnte diese gelungene Darstellung.

Nach der Pause wurde das Programm dann moderner, Amme trug Interpretationen von Thaddäus Troll, Joachim Ringelnatz und sich selbst vor. Auch hier nutzte er wieder sein umfangreiches Repertoire an Mimiken und Gesten, um dem Publikum die Märchen näher zu bringen. So konnte man an diesem Abend tatsächlich von Märchen für Erwachsenen reden, wie das Motto der Veranstaltung ja auch lautete.

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