Gezerre um die „verlängerte Mittelstufe“

5.11.2014, 11:00 Uhr
Gezerre um die „verlängerte Mittelstufe“

© Archivfoto: Fritz-Wolfgang Etzold

Die Kernpunkte hatte Kultusminister Ludwig Spaenle erst kürzlich bei seiner Schuljahrespressekonferenz vorgestellt. Demnach dürfen Schüler künftig selbst entscheiden, ob sie die Mittelstufe von der 8. bis 10. Klasse in drei oder vier Jahren absolvieren. Dazu flatterte auch Neumarkter Schulleitern ein Rundbrief des Kultusministeriums auf den Schreibtisch. Bei einem Oberpfalz-Treffen trugen etliche Gymnasialleiter den Ministeriumsvertretern ihre „planerischen“ Bedenken gegen die — nur auf Elternwunsch — von drei auf vier Jahre verlängerte gymnasiale Mittelstufe vor.

Für den Parsberger Gymnasialdirektor Eckard Fruhmann ist das Ganze „ein schwieriges Thema“. Noch sei „nichts festgeschrieben“. Vor der tatsächlichen Einführung dieser Wahlmöglichkeit solle die „Mittelstufe plus“ erst an Modellschulen zwei Jahre erprobt werden und könnte frühestens 2017 eingeführt werden. In Parsberg könnte das bedeuten: Eine der bisher üblichen vier Parallelklassen könnte die Mittelstufe statt in drei in vier Jahren absolvieren. Fruhmann glaubt, dass in jedem Fall der „Flop des Flexibilisierungsjahres“ vermieden werden soll.

Gerichtlich überprüfbar?

Schwierig werde es, wenn sich statt der 30 Schüler, also 25 Prozent eines Jahrganges, nun 50 Schüler für den neuen Zweig melden. „Da sehe ich nach wie vor das eigentliche Problem.“ Für Fruhmann ist unklar, nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgen soll. Denn diese müssten ja auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, falls geklagt werde.

Um die Zusatzausgaben macht sich der Parsberger Schulleiter weniger Sorgen. „Das sehe ich relativ kostenneutral.“ So liefen die ersten drei Jahre relativ parallel zum bisherigen Bestand. Erst das vierte Jahr wäre dann „draufgesetzt“. Er zeigte sich optimistisch, dass die verlängerte Mittelstufe realisierbar sei. Ihm macht die neue Idee von Kultusminister Spaenle „keine schlaflosen Nächte“. Voraussetzung: „Es dürfen sich nicht 70 von 100 Schülern dafür melden.“ Fruhmann schränkte aber ein: „Das ist keine Rückkehr zum früheren G 9-Gymnasium.“ Auch werde keinerlei Antwort auf Fragen gegeben, wie man in den Abschlussjahrgängen Q 11 und Q 12 mit der „grenzwertigen Prüfungsdichte“ umgehen könne.

Noch einigermaßen ratlos reagierte sein Neumarkter Amtskollege Bernhard Schiffer (WGG) auf den neuen Vorschlag: „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“ Das sei noch alles reichlich vage. Beim Konzept für ein „Neues Gymnasium“ sei die „Spreizung in der Mittelstufe“ mit am unwichtigsten, glaubt er. Hier gehe es vielmehr um eine „pädagogische Neuausrichtung und die überfällige Überarbeitung der Lehrpläne“. So sollten bayerische Schüler künftig Kompetenz-orientierter unterrichtet und die Lehrer praxisorientierter ausgebildet werden. Durch die Spreizung in der Mittelstufe hätten die Gymnasiasten erst nach elf Schuljahren die Mittlere Reife. Auch Schiffer sieht ein „Umsetzungsproblem“.

So könnten in der Extra-Klasse nicht die schwächsten Schüler konzentriert werden. „Mir fehlen dann die Zugpferde.“ Gerade angesichts unterschiedlicher Fachrichtungen wie „Französisch als zweite Fremdsprache“ befürchtet er eine „Mordsklamüserei“. Noch fehlten geeignete Bücher für diese „Mittelstufe plus“. Die etwas ratlose Schlussfolgerung des WGG-Leiters: „Ich weiß noch nicht, wie das umsetzbar ist.“ Manch einer werde den Wechsel an die Mittel- oder Realschule prüfen.

Planerisch nicht möglich

Die Schulleiterin Ulrike Severa (Ostendorfer Gymnasium) will ihre Schule nicht zum Modellversuch melden. Die verlängerte Mittelstufe wäre an ihrem Gymnasium planerisch nicht möglich und würde dort einen organisatorischen Purzelbaum bedeuten.

Mit dem Gerangel ums G 8-Gymnasium und einer teilweisen Rückkehr zum G 9 hat sich auch der WGG-Schülersprecher Tobias Dolmer beschäftigt. Der Q 11-Schüler hält das Thema für „schwierig“. Eine einheitliche Stimmung dazu konnte er unter seinen Mitschülern nicht ausmachen. Seine ganz persönlich Einstellung: „Wenn ich noch einmal die Wahl hätte, würde ich das G 8 wählen.“ Vorteil: „So habe ich früher Kontakt zum Arbeitsleben.“

Dolmer glaubt, dass die meisten Schüler „relativ zufrieden mit dem G 8“ seien. „Wir sind das halt gewohnt, das G 9 kennen wir nicht.“ Bei der Jobsuche als Abiturient könne der ausgestandene Stress aus dem G 8 auch von Vorteil sein: „Die Firmen wissen, da kommt einer, der ist dem Stress gewachsen.“

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